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Die Mafia als Ladendieb

Mathias Bölinger1. Oktober 2014

Die Organisierte Kriminalität steigt und dringt immer mehr in Bereiche vor, die bisher eher Einzeltätern vorbehalten waren. Der Innenminister fordert einen "Mentalitätswechsel" der Ermittlungsbehörden.

Ein Ladendieb steckt einen Lippenstift in die Hosentasche (Foto: Gina Sanders - Fotolia)
Bild: Fotolia/Gina Sanders

Ein wenig klingt es nach dem Sprech von Unternehmensberatern. Von einem "hohen Innovationspotential" spricht Jörg Ziercke, von der "Auflösung straffer hierarchischer Strukturen" zugunsten einer "netzwerkartigen" Organisation, die auf die "Erledigung partieller Arbeitsprozesse durch Spezialisten ausgerichtet ist". Doch was der Präsident des Bundeskriminalamts hier vorstellt ist keine neue Unternehmensstrategie, Ziercke beschreibt die Organisierte Kriminalität im Jahr 2014.

De Maizière und Ziercke warnen vor dem "Innovationspotential" der MafiaBild: Reuters/T. Peter

Spuren in 128 Länder

Gemeinsam mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) warnt Ziercke am Mittwoch (01.10.2014) in Berlin vor einem Anstieg des organisierten Verbrechens in Deutschland. Im Jahr 2013 haben die Polizeibehörden gegen rund 9000 Tatverdächtige im Zusammenhang mit der Organisierten Kriminalität ermittelt. Das sind 15 Prozent mehr als im Vorjahr. Knapp 80 Prozent der Delikte hätten einen internationalen Hintergrund, sagt de Maizière. Die Spuren führten in 128 Länder. Insbesondere nennt der Innenminister hier Italien, die Balkanstaaten, Rumänien, Georgien, Russland und die Niederlande. Der Großteil der Tatverdächtigen, nämlich 40 Prozent, sind aber deutsche Staatsbürger.

Längst umfasse Organisierte Kriminalität nicht mehr nur die klassischen Delikte wie Drogenhandel, Menschenhandel und Geldwäsche, sagt der Innenminister. In den vergangenen Jahren hätten Polizei und Sicherheitsbehörden immer wieder beobachtet, dass internationale Kartelle in klassische Bereiche der Kleinkriminalität vordringen. "Einbruchdiebstahl war früher eine lokal auftretende Kriminalität, da brauchten sie nur in seltenen Fällen eine Kooperatioen über Ländergrenzen", sagt de Maiziere. "Heute brauchen wir internationale Zusammenarbeit, um den Köpfen dieser Banden auf die Spur zu kommen." Auch hinter Ladendiebstählen oder Telefonbetrug stünden immer häufiger mafiaähnliche Gruppen. De Maizière fordert deshalb neue Formen der Zusammenarbeit zwischen den Polizeibehörden der Bundesländer und des Bundes. "Das verlangt einen Mentalitätswechsel der Ermittlungsbehörden."

Beschlagnahmung von Drogen in Paris wähernd der "Operation Archimedes"Bild: europol

Schwierigere Zusammenarbeit mit Russland

Gleichzeitig betont de Maizière aber auch Erfolge in der Bekämpfung internationaler Kriminalität, etwa die "Operation Archimedes", bei der Ende September mehr als 1000 Verdächtige in 34 Ländern verhaftet wurden. Allerdings gebe es in vielen Ländern noch große Defizite bei der Bekämpfung der internationalen Kriminalität. De Maizière nennt die EU-Mitglieder Bulgarien und Rumänien sowie Serbien und Albanien. "Gerade beim EU-Annäherungsprozess müssen wir auf deutliche Fortschritte bestehen - vor und nach einem Beitritt". Schwieriger ist in der Ukraine-Krise die Zusammenarbeit mit Russland geworden. "Es dauert relativ lange, bis wir Antworten bekommen", sagt BKA-Präsident Ziercke. "Das ging früher schneller."

Ziercke fordert erneut mehr Möglichkeiten, die Kommunikation im Internet zu überwachen, unter anderem auch die umstrittene Vorratsdatenspeicherung. Immer häufiger nutzten Täter verschlüsselte Kommunikation, an die die Behörden mit klassischen Abhörmethoden nicht herankommen. "Wir brauchen einen breiten Diskurs darüber, ob die Kriminalität im Internet genauso konsequent und nachhaltig zu verfolgen ist wie in der realen Welt", sagt der Präsident des Bundeskriminalamtes.