1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Die Maidan-Bewegung und die Zeit danach

Frank Hofmann, Kiew21. November 2015

An diesem Wochenende wird in Kiew an den Beginn der proeuropäischen Maidan-Proteste vor zwei Jahren erinnert. Eine Zeitgeschichte in Stichpunkten von Frank Hofmann in Kiew.

Ukraine - Protest auf dem Maidan am 22.11.2013 (Foto: AFP/Getty Images)
Bild: Getty Images/AFP/S. Supinsky

21. November 2013

Es beginnt mit einer Facebook-Nachricht: "Es wird ernst. Ist hier jemand wirklich bereit, heute um Mitternacht auf den Maidan zu gehen?" Das postet der bekannte ukrainische Enthüllungsjournalist Mustafa Najem. Er reagiert damit auf einen Schritt von Ministerpräsident Nikolai Asarow. Der Moskau-treue Regierungschef hatte verkündet, die Ukraine werde das Assoziierungsabkommen mit der EU nicht unterschreiben, das über Jahre hin ausgehandelt worden war. Gleichzeitig gewährt der russische Präsident Wladimir Putin dem Kiewer Regime einen Kredit über drei Milliarden US-Dollar. Dem spontanen Facebook-Aufruf dagegen folgen bis zu 1500 Kiewer und demonstrieren mit ukrainischen Fahnen auf dem Unabhängigkeitsplatz. Die Bewegung wird als Euromaidan bekannt.

24. November 2013

Parallel zu den zunehmenden Protesten in den sozialen Medien wächst die Menschenmenge auf dem Maidan auf mehrere Tausend Personen. Es entstehen zwei Lager: Auf dem Maidan kommt die Zivilgesellschaft zusammen, auf dem benachbarten Europaplatz organisieren Politiker der parlamentarischen Opposition Proteste. Die Drähte zwischen verschiedenen EU-Hauptstädten und Kiew laufen heiß.

Die Demonstranten bleiben dabei: Die Ukraine soll in die EUBild: Getty Images/AFP/Y. Kirnichny

28. November 2013

Showdown in der litauischen Hauptstadt Vilnius: Beim EU-Gipfel der östlichen Partnerschaft verweigert der ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch seine Unterschrift unter dem Assoziierungsabkommen. Die Staats- und Regierungschefs der EU sind umsonst angereist. Auf dem Kiewer Maidan fordern die Demonstranten Janukowitschs Rücktritt.

30. November 2013

Einheiten des Innenministeriums gehen erstmals mit Gewalt gegen Studenten in der Kiewer Innenstadt vor. "Sie schlagen unsere Kinder" ist von da an der Leitspruch, der Tausende Demonstranten aus der ganzen Ukraine auf den Maidan ruft. Es entsteht eine Zeltstadt mit eigener Versorgung und medizinischer Betreuung.

10. Dezember 2013

In der Nacht versucht die gefürchtete Sondereinheit Berkut des Innenministeriums, den Platz zu räumen. Aktivisten bauen die ersten Barrikaden. Die Gewalt beginnt zu eskalieren.

22. Januar 2014

Auf dem Europaplatz neben dem Maidan wird der erste Demonstrant getötet. Weitere schwer Verletzte sterben in den Krankenhäusern.

18. bis 20. Februar 2014

Duzende Menschen werden getötet - auf dem Maidan herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände. Auf der Krim werden erstmals "grüne Männchen" mit Waffen gesehen. Es ist der Beginn der russischen Besatzung der Insel, die in ihrer Annexion durch Moskau mündet.

Ein Jahr nach der Eskalation: Anti-Putin-Protest auf dem Maidan am 20. Februar 2015Bild: Getty Images/AFP/Y. Dyachyshyn

20. und 21. Februar 2014

Verhandlungsmarathon in der Nacht: Die Außenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens, Frank-Walter Steinmeier, Laurent Fabius und Radoslaw Sikorski, reden im Kiewer Präsidentenpalast mit Janukowitsch, bis er am Nachmittag schließlich eine Übergangsvereinbarung mit der EU und der politischen Opposition unterzeichnet. Janukowitsch flüchtet nach Russland, die Opposition bildet eine Übergangsregierung unter Ministerpräsident Arseni Jazenjuk. Auf dem Maidan gehen die gewalttätigen Auseinandersetzungen weiter.

25. Mai 2014

Petro Poroschenko wird mit 54 Prozent der Stimmen zum Präsidenten der Ukraine gewählt. Er verspricht, das Land mit einem straffen Reformprogramm an die EU zu binden. Das von seinem Vorgänger abgelehnte Assoziierungsabkommen soll zum 1. Januar 2016 in Kraft treten. Er kündigt an, die Korruption im Land zu bekämpfen und das Netz aus Oligarchie, Politik und Justiz zu zerschlagen.

2. September 2014

Über den Sommer hinweg entwickelt sich in der Ost-Ukraine aus anfänglichen Kämpfen zwischen ukrainischen Sicherheitskräften und den von Russland unterstützten Separatisten ein Krieg, der für die ukrainischen Soldaten in die Niederlage um die Kleinstadt Ilowajsk mündet. Es wird immer deutlicher, dass Russland die Rebellen mit Waffen versorgt und womöglich auch mit eigenen Kämpfern.

5. September 2014

Im weißrussischen Minsk stimmt der russische Präsident Wladimir Putin einer russisch-ukrainischen Vereinbarung zu, die von der OSZE mit ausgehandelt wurde. Doch der Waffenstillstand wird nicht umgesetzt - der Krieg in der Ost-Ukraine geht weiter.

Die diplomatischen Bemühungen halten an - die Besuche im Protestlager auch: Die damalige EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton (M.) und der damalige Oppositionsführer Arseni Jazenjuk (li) im Dezember 2013Bild: Getty Images/AFP/S. Supinsky

26. Oktober 2014

Bei der ersten Parlamentswahl nach den Maidan-Protesten wird der bisher übergangsweise regierende Ministerpräsident Arseni Jazenjuk im Amt bestätigt. Erstmals sitzen auch rund 30 Abgeordnete aus der Zivilgesellschaft im Parlament, die sich parteiübergreifend zu einem "Europäischen Block" zusammenfinden.

12. Februar 2015

Nach Monaten erbitterter Kämpfe in der Ost-Ukraine erneuern Bundeskanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident François Hollande, der ukrainische Staatschef Petro Poroschenko und Russlands Präsident Wladimir Putin das erste Minsker Abkommen. Zusätzlich zu einem Waffenstillstand sollen schwere Waffen von der Frontlinie abgezogen werden. Stattdessen wird die ukrainische Armee in der Kleinstadt Debalzewe eingekesselt. Der Ort fällt an die Separatisten. Der Krieg fordert 8000 Todesopfer, zweieinhalb Millionen Menschen flüchten in andere Landesteile.

1. September 2015

Sieben Monate nach der zweiten Vereinbarung von Minsk scheint der Waffenstillstand in der Ost-Ukraine erstmals zu halten. Anfang Oktober treffen sich die Unterzeichner noch einmal in Paris. Sie vereinbaren Wahlen in der Ost-Ukraine für das kommende Jahr. Tatsächlich werden nach und nach vor allem Panzer von der Frontlinie abgezogen. Die schwere Artillerie verbleibt an vielen Stellen.

25. Oktober 2015

Bei den Kommunalwahlen in der Ukraine ist die Wahlbeteiligung gering - die Partei von Präsident Petro Poroschenko bleibt stärkste Kraft. Doch fast zwei Jahre nach Beginn der Maidan-Proteste macht sich Ernüchterung breit: Alte Seilschaften zwischen Oligarchen, Politikern, Richtern und Staatsanwälten bleiben intakt, die Anti-Korruptionsbehörde hat keine Führung. Die Kritik aus dem Westen wächst. Viele Euromaidan-Demonstranten fürchten, dass dieser Aufstand gegen die prorussischen Kräfte im Land endet wie die Orangene Revolution 2005: Mit der Restauration der alten Verhältnisse.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen