"Comeback" der Masern
18. Juli 2013Das Robert-Koch-Institut (RKI) hat in der ersten Jahreshälfte 1070 Fälle von Masern, vor allem aus Bayern und Berlin, gemeldet. Das Gesundheitsministerium plant aufgrund gestiegener Infektionen neue Maßnahmen gegen die Ausbreitung der hoch ansteckenden Krankheit. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) will den Masern weltweit bis 2015 den Garaus machen. Für eine weltweite Ausrottung wäre eine 95-prozentige Impfrate nötig. Deutschland macht diesem Projekt aufgrund der niedrigen Impfrate womöglich einen Strich durch die Rechnung.
Gesundheitsministerium berät
Das Gesundheitsministerium prüft derzeit, wie die Ausbreitung verhindert werden kann. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) plädierte angesichts der steigenden Infektionszahlen für eine verpflichtende Schutzimpfung. Auch wird überlegt, ob nicht-geimpfte Schüler bei einem gemeldeten Fall vom Unterricht freigestellt werden sollen und ob Gesundheitsämter den Impfstatus eines Kindes vor Aufnahme in der Kindergarten abfragen dürfen.
In den eigenen liberalen Reihen wurde prompt Widerstand laut. Jens Ackermann, Obmann der FDP im Gesundheitsausschuss, entgegnete, die Impfpflicht sei "Unsinn" und stellte die provokante Frage: "Sollen Eltern, die sich gegen die Impfung ihrer Kinder weigern, ins Gefängnis?".
Aus den Reihen von CDU und SPD kommt hingegen Unterstützung für das Vorhaben. Sowohl der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), als auf SPD-Gesundheitspolitkerin Barbel Bas sprachen sich für eine Impfpflicht aus.
Jedes dritte Kind ohne Schutz
Für einen kompletten Schutz vor Masern sind nach Angaben von Medizinern zwei Impfungen notwendig. Diese sollten in den ersten beiden Lebensjahren erfolgen. Obwohl immer mehr Kinder geimpft werden, zeigt eine vom RKI vorgenommenen "Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland" vom Mai, dass in der Gruppe der 18- bis 64-Jährigen lediglich knapp 38 Prozent geimpft sind.
Wissenschaftler des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung fanden zudem heraus, dass lediglich 37 Prozent der Kinder vor ihrem zweiten Geburtstag die empfohlene Doppel-Impfung erhielten. In Bayern, Baden Württemberg, Bremen und Berlin seien die Quoten am schlechtesten. Unter den im vergangenen Jahr gemeldeten Fällen fanden sich nach Angaben des RKI relativ viele Säuglinge und Kleinkinder unter zwei Jahren. Dieses Ergebnis sei besonders alarmierend, hieß es.
Tödliche Spätfolgen
Laut einer Studie der Universität Würzburg und des Bayrischen Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit ist das Risiko von tödlichen Spätfolgen nach einer Maserninfektion für Kleinkinder rund 30-mal höher als bislang angenommen. Diese sogenannte SSPE-Erkrankung, die immer tödlich endet, kann auch Jahre nach einer Infektion auftreten. Im ersten Lebensjahr ist das Risiko den Berechnungen zufolge noch wesentlich höher, für Kinder im fünften Lebensjahr entsprechend niedriger.
Problematisch ist dies vor allem für Säuglinge, weil Kinder erst ab dem vollendeten elften Lebensmonat gegen Masern geimpft werden können. Die Infektionsgefahr in diesem Zeitraum könnte durch eine höhere Impfrate gemindert werden.
da/uh (epd, dpa, afp)