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Die meisten Bakterien lauern im Haushalt

Gudrun Heise
1. Juli 2022

Wenn wir das Wort "Bakterien" hören, denken wir an nichts Gutes. Bakterien verbinden wir eher mit "Igitt - weg damit". Also wird gegen die Einzeller gewischt und geschrubbt. Dabei könnten wir ohne sie nicht leben.

Putzeimer auf einer kleinen Leiter
Lappen und Wischmopps bieten ein ideales Milieu für Bakterien, da sich in ihren Fasern verschiedene Reste ansammelnBild: Colourbox

Bakterien sind winzig klein, messen gerade mal 0,001 Millimeter. Und sie sind eigenständige Lebewesen, auch wenn sie nur aus einer einzigen Zelle bestehen. Sie vermehren sich durch Teilung und haben alles, was sie zum Leben so brauchen: Zellmaschinen, die Eiweiße herstellen, um sich so mit Energie zu versorgen und Erbgut. Bakterien sind Selbstversorger.

Mit Wischmopp und Schrubber bewaffnet

Die meisten von uns sehen Bakterien wohl eher als etwas Ekliges. Dabei sind sie überall - gerade im Haushalt. Laut "Statista" führt der gewöhnliche Wischmopp die Liste der Bakterien an: Auf dem "Saubermacher" lassen sich durchschnittlich eine Milliarde Bakterien pro zehn Quadratzentimeter finden. Eine Milliarde? Das ist eine Eins mit neun Nullen: 1.000.000.000. Obwohl der altbewährte Wischmopp alles sauber und rein wischen sollte, zieht er demnach Bakterien förmlich an.

Der Haushalt ist ein ideales Sammelbecken für Bakterien

Auch der in vielen Ländern beliebte Haushaltsschwamm, der vor allen Dingen in der Küche für Sauberkeit und Reinheit sorgen soll, ist selbst gar nicht so reinlich. Haben wir den Haushaltsschwamm bereits häufiger benutzt, weist er 100 Millionen Bakterien pro zehn Quadratzentimeter auf: 100.000.000.

Haushaltsschwamm und Lappen bieten ein ideales Milieu für Bakterien, da sie fast immer feucht sind und sich in ihren Fasern verschiedene Essensreste ansammeln. Damit wischen wir dann alle möglichen Oberflächen ab oder nehmen ihn zum Spülen von Geschirr.

Durch die Reinigung der Schwämme mit Spülmittel in heißem Wasser oder in der Mikrowelle kann man die Zahl der Bakterien zwar kurzfristig reduzieren, aber die Bakterien haben die Eigenschaft, das zu überleben.

Eines der häufigsten Bakterien, die sich etwa in Schwämmen befinden, gehört zur Gruppe derAcinetobacter, und diese sind häufig resistent gegen Antibiotika. Dringen sie in den Körper beispielsweise durch Wunden ein, haben sie das Potential, Krankheiten auszulösen wie etwa eine Lungenentzündung. Leichtes Spiel haben sie dabei vor allem bei älteren Menschen und Menschen mit schwachem Immunsystem.

Haushaltsschwämme sollten regelmäßig entsorgt werdenBild: Channel Partners/Zoonar/picture alliance

Weg mit dem Schwamm

Schwämme sollten also regelmäßig gewechselt werden. Eine generelle Empfehlung, wann Schwämme gewechselt werden sollten, gibt es nicht, aber den meisten Schwämmen sieht man es an oder man riecht es. Dann sollten sie auf jeden Fall sofort im Müll landen. 

Im Mülleimer gibt es übrigens etwa 124.000 Bakterien pro 10 Quadratzentimeter, an der Türklinke sind es 71.000 und am Toilettenrand laut Statista etwa 33.000 Bakterien pro zehn Quadratzentimeter.

Wesentlich mehr Bakterien als auf der Toilette tummeln sich überraschenderweise im Kühlschrank. Es sind rund 113.000 pro zehn Quadratzentimeter. Die Toilette ist bei den meisten von uns also offenbar sauberer und hygienischer als der Kühlschrank, in dem wir viele unserer Lebensmittel aufbewahren.

Eine gewichtige Angelegenheit

Die Bakterien, die es in und auf uns gibt, bringen einiges an Gewicht auf die Waage: etwa 1,5 bis 2 Kilogramm. Neben dem Darm sind Zunge, Rachen und die Taschen im Zahnfleisch ein beliebter Aufenthaltsort für Bakterien, denn sie bieten ein nahezu perfektes Milieu. Im Rachenraum fanden amerikanische Forscher etwa 4150 verschiedene Bakterien-Gene, auf der Zunge knapp 8000 und in den Zahnfleischtaschen sogar über 14.000 verschiedene Bakterien-Gene, und die können dann zu schlimmen Entzündungen führen.

"Gute" Bakterien und "schlechte" Bakterien

Insgesamt sind etwa 5.000 Bakterienspezies bekannt, und davon sind bei weitem nicht alle gefährlich. 200 Bakterien können allerdings Krankheiten auslösen. Dazu gehören beispielsweise Diphterie und Cholera, Tuberkulose und Keuchhusten. Die anderen Bakterien aber sind durchaus nützlich. So helfen sie beispielsweise unserem Verdauungssystem bei der Arbeit.

Der Darmflora liefern sie eine Menge Enzyme. Sie helfen uns dabei, unsere Nahrung zu zerlegen, sie abzubauen und so unsere Verdauung zu unterstützen. Bakterien zersetzen im Dickdarm bestimmte Kohlehydrate und wandeln sie in Fettsäuren um. Die kann unser Körper dann als Energielieferant nutzen. Für all diese Schritte ist ein gut funktionierendes Zusammenspiel zwischen den Bakterien und den Darmzellen nötig.

Bakterien finden in unserem Körper genügend Nahrung und helfen uns im Gegenzug. So haben wir auf unserer Haut einen dichten Bakterienfilm, der uns gegen Eindringlinge schützt. Bakterien schirmen also unseren Körper gegen Erreger ab. Sie helfen uns auch bei der Immunabwehr, denn sie produzieren wichtige Vitamine. Ohne Bakterien könnten wir nicht überleben. 

Der Kampf gegen "schlechte" Bakterien

Bei bakteriellen Entzündungen verschreiben die Ärztin oder der Arzt meist Antibiotika. Sie töten die Erreger ab oder hemmen sie in ihrem Wachstum. Sie können sich nicht mehr vermehren, es sei denn, die Bakterien entwickeln Resistenzen. Bakterien sind da äußerst erfindungsreich.

Damit Antibiotika ihnen nichts mehr anhaben können, stellen sie beispielsweise ihren Stoffwechsel um und entwickeln so die gefährlichen Resistenzen, gegen die Antibiotika machtlos sind. Die Bakterien selbst sind extrem widerstandsfähig. So schaffen es einige, das 10.000-fache einer für uns Menschen tödlichen Dosis an Radioaktivität zu überleben.

Bakterien sind wichtig fürs Baby

Schon bei der Geburt spielen Bakterien eine wichtige Rolle. Im Geburtskanal kommt das Neugeborene mit den Bakterien der Mutter in Kontakt. Sie helfen dem Neugeborenen  beim Aufbau des eigenen Immunsystems - ein cleverer Schachzug der Natur.

Bei Kaiserschnittgeburten ist das anders. Sie nehmen nicht die Bakterien der Mutter auf. Kaiserschnitt-Kinder sind anfälliger für Infektionen, ihr Immunsystem ist nicht so stark wie das von Kindern, die auf normalem Weg das Licht der Welt erblicken. Sie müssen sich eine eigene Strategie aneignen, damit ihr Körper wichtige Bakterien aufnimmt und sie sich so gegen verschiedene Krankheiten von vorneherein schützen.

Bakterien haben es also nicht verdient, dass wir sie alle in einen Topf werfen und mit "Igitt" und "bah, wie eklig" beschreiben.

 

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