1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

"Die Menschenrechte geopfert"

26. Mai 2004

Die Lage der Menschenrechte hat sich nach Einschätzung von Amnesty International weltweit zum Teil dramatisch verschlechtert. Am Pranger stehen insbesondere die USA wegen ihrer Anti-Terror-Politik.

Sinnbild für Menschenrechts-<br>verletzungen: Abu-Ghraib-Gefängnis in BagdadBild: AP

Die im Völkerrecht festgelegten Schutzregelungen seien "noch nie derart massiven Angriffen und Aushöhlungen ausgesetzt gewesen" wie im vergangenen Jahr, heißt es in dem am Mittwoch (26.5.) vorgestellten Jahresbericht 2004 von Amnesty International. Der "Krieg gegen den Terror" sei von Regierungen als Rechtfertigung genutzt worden, "um Menschenrechtsstandards zu unterminieren und rechtsstaatliche Prinzipien über Bord zu werfen", schreibt die internationale Generalsekretärin der Organisation, Irene Khan, im Vorwort zum Bericht. Dabei schien die Staatengemeinschaft "nicht gewillt oder nicht in der Lage zu sein, diesen Entwicklungen entschlossen entgegenzutreten", kritisierte Khan. Ebenso wenig sei aber auch auf Seiten bewaffneter Gruppen zu erkennen gewesen, "dass sie sich den Normen des humanitären Völkerrechts verpflichtet fühlen."

Die USA am Pranger

Der von den USA angeführte Krieg gegen den Terror ist nach Ansicht von Amnesty International der schlimmste Angriff auf Menschenrechte und internationale Vereinbarungen seit einem halben Jahrhundert. Bei ihrem Einsatz in Irak sowie im Kampf gegen den Terrorismus haben die USA "die Menschenrechte geopfert", so der Vorwurf. In ihrem Vorwort zum Jahresbericht stellt ai-Generalsekretärin Irene Khan den USA ein verheerendes Zeugnis aus. "Der globalen Sicherheitspolitik der US-Regierung fehlt es an Weitsicht und Prinzipien", heißt es. "Die Regierung in Washington sollte sich klar machen, dass Einschränkungen der Menschenrechte im eigenen Land, ihre Ignoranz gegenüber Menschenrechtsverstößen in Drittstaaten und willkürliche präventive Militärschläge keineswegs dazu beitragen, Sicherheitsrechte und Freiheitsrechte zu fördern", so Khan. Die US-Regierung verletze Menschenrechte im eigenen Land, verschließe die Augen vor Verstößen in anderen Ländern und führe Präventivkriege nach Wahl.

Wo bleiben die Menschenrechte?

Es zeuge von "doppelter Moral", wenn die USA eine Kampagne gegen den Terrorismus und für die Menschenrechte führten und zugleich die Menschenrechte mit Füßen träten, betonte die ai-Generalsekretärin. Doch ohne Anerkennung der Menschenrechte könne es "keine dauerhafte Sicherheit" geben. Die Ziele der US-Regierung bezüglich der globalen Sicherheit "entbehrten jeder Zukunftsperspektive und Konzeption." Die Menschenrechtsorganisation warf der US-Regierung zudem vor, die Vereinten Nationen während des Irak-Konflikts "kurzgeschlossen" und bei der Frage des Wiederaufbaus "marginalisiert" zu haben. Der einseitig erklärte Krieg im Irak zur Entmachtung von Saddam Hussein habe zudem die Vereinten Nationen "fast paralysiert". Die Ereignisse um den Irak-Konflikt hätten den "Hoffnungen auf eine weltweite Gerechtigkeit" möglicherweise "einen tödlichen Schlag" versetzt. Auch das Gefangenenlager Guantánamo Bay auf Kuba gebe weiter Anlass zur Sorge. Außerdem hat sich ai "ernsthaft besorgt" über die Menschenrechtslage in US-geführten Gefängnissen in Afghanistan geäußert.

Willkür in Afghanistan

Die US-Armee sei verantwortlich für "zahlreiche willkürliche Festnahmen"; Männer und Jugendliche würden unter Missachtung der gesetzlichen Abläufe festgenommen und inhaftiert, heißt es im Bericht. Vor allem die Haftbedingungen auf dem US-Stützpunkt Bagram nördlich von Kabul gäben Anlass zur Sorge. Dort seien etwa einhundert Menschen "außerhalb jeglichen rechtlichen Rahmens" inhaftiert. In US-Haftanstalten in ganz Afghanistan würden Gefangene "schlecht behandelt". Im ganzen Land, insbesondere im Norden, Süden und Südosten, verschlechtere sich die Sicherheitslage, heißt es in dem Amnesty-Jahresbericht weiter. Die Zentralregierung habe "praktisch keine Kontrolle außerhalb von Kabul". Bewaffnete Gruppen und Provinzfürsten, von denen viele weiter von den USA unterstützt würden, hätten ihre Machtbasis weiter gefestigt und agierten "vollkommen straflos". Die bewaffneten Gruppen seien in ihren Einflussbereichen verantwortlich für "gravierende Menschenrechtsverletzungen" wie Entführungen, Enteignungen, Vergewaltigungen und Zwangsarbeit. (arn)

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen