Die Millenniums-Ziele sind ein ehrgeiziger Fahrplan
9. September 2005Ein Beispiel dafür, dass es vorwärts geht, ist Millenniumsziel (Millennium Development Goal, MDG) Nummer zwei: die allgemeine Grundbildung. Sie ist Voraussetzung dafür, dass Menschen an politischen und sozialen Gestaltungsprozessen teilhaben können. Seit den 1970er Jahren haben sich die Einschulungsquoten weltweit mehr als verdoppelt. Dennoch wird die Zahl der Kinder, die keinen Zugang zu einer Grundschule haben, noch immer auf rund 113 Millionen geschätzt.
Spätestens ab 2015 sollen Kinder in der ganzen Welt eine vollständige Grundschulausbildung bekommen. Daran arbeitet die "Education for All Fast Track Initiative", in der alle Geberorganisationen zusammengeschlossen sind.
Bei Gesundheit tut sich weniger
Auch bei den Zielen vier bis sechs – Senkung der Kindersterblichkeit, Stärkung der Gesundheit von Müttern, Bekämpfung von Krankheiten – gab es erhebliche Fortschritte, die sich in einer steigenden Lebenserwartung niederschlagen. Allerdings nicht in Süd- und Ostafrika und Osteuropa.
Generell bleiben die gesundheitspolitischen Millenniumsziele bei der Umsetzung - etwa im Vergleich zum Grundbildungsziel - deutlich zurück. Trotz der Erfolge verursachen immer noch jährlich bis zu 500 Millionen Malaria-Erkrankungen weltweit rund 1,5 bis 2,7 Millionen Todesfälle, sterben jedes Jahr rund zwei Millionen Menschen an Tuberkulose und über eine halbe Million Frauen aufgrund von Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt. Mehr als 42 Millionen Menschen sind mit dem HIV-Virus infiziert, 20 Millionen Menschen hat er bereits das Leben gekostet.
Umweltschutz braucht Vorfahrt
Schlecht bestellt ist es auch um den Umweltschutz (MDG 7), der offiziell "Sicherung der ökologischen Nachhaltigkeit" heißt. In den industrialisierten Staaten ist Umweltzerstörung eine Folge nicht nachhaltiger Produktionsweisen und Konsumgewohnheiten. Dagegen sind in vielen Entwicklungsländern Armut, Bevölkerungswachstum, schlechte Rahmenbedingungen und fehlendes Wissen über Alternativen die Ursache.
Weg vom simplen Geldregen
Die moderne Entwicklungspolitik hat sich längst vom Verteilen von Almosen früherer Jahrzehnte entfernt. In ihren Projekten werden moderne Methoden zur Planung, Steuerung und Erfolgskontrolle eingesetzt. Aber die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul weist auch auf die Verpflichtung der Partnerländer hin: "Es gibt selbstverständlich auch die Eigenverantwortung der Entwicklungsländer, die sich unter dem Stichwort gute Regierungsführung, Korruptionsbekämpfung, Rechtsstaatlichkeit, Achtung der Menschenrechte zusammenfassen lässt."
In vielen Partnerländern strebt die internationale Gebergemeinschaft inzwischen eine Harmonisierung an - das heißt, sie stimmt ihre Entwicklungsprojekte untereinander ab, um Doppelarbeit zu vermeiden - jeder soll das tun, was er am besten kann, sagt Wieczorek-Zeul: "Es ist wichtig, dass die vorhandenen Mittel so effizient wie möglich eingesetzt werden, und deshalb ist die Geberharmonisierung und -koordinierung von zentraler Bedeutung."
EU und USA als Erfolgsbremsen
Früher sind erfolgreiche lokale Projekte oft in Vergessenheit
geraten, wenn sich die Entwicklungshelfer anderen Aufgaben zuwandten. Heute wird darauf geachtet, dass lokale Projekte schneller zum Bestandteil nationaler Strategien gemacht werden.
Die größten und schnellsten Erfolge freilich ließen sich erzielen, wenn sich die Gebergemeinschaft beim Klimaschutz und der Liberalisierung des Welthandels einig wäre. Doch da müssen sich die USA nach wie vor als größter Energieverschwender und die Europäische Union als größter Wettbewerbsverzerrer bei Agrarprodukten bezeichnen lassen - und damit beide als die größten Bremser im Entwicklungsprozess.