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Debatte über CIA-Bericht

Gero Schließ 12. Dezember 2014

Der CIA-Bericht des Senats hat in den USA eine heftige Diskussion über Geheimdienste ausgelöst. So wie Direktor Brennan seine CIA verteidigt, begibt er sich in Gegensatz zu Präsident Obama. Aus Washington Gero Schließ.

Symbolbild - CIA
Bild: picture-alliance/dpa

"Die CIA hat jetzt ein riesengroßes Moralproblem", sagt der US-Sicherheitsexperte Harlan Ullman der Deutschen Welle. "Ihre Mitarbeiter dachten, sie täten genau das, was von ihnen erwartet wurde. Für sie ist das eine vernichtende Kritik", erklärt Ullman mit Blick auf den CIA-Bericht des US-Senats, der schwere Foltervorwürfe gegen den Geheimdienst erhoben hat.

Nicht nur die Moral der CIA sei tief getroffen, sagt Ullman, der für die Nato gearbeitet hat und mehrere westliche Regierungen in Sicherheitsfragen berät. Bei der CIA sei nun auch "die Fähigkeit beschädigt, weiterhin ihre Pflicht zu erfüllen". Denn künftig werde die Bereitschaft der Mitarbeiter geringer ausfallen, im Auftrag der Regierung in rechtlichen Grauzonen zu operieren.

Risse in der Obama-Regierung

Der Bericht des Senats hat auch Risse in der Regierung von US-Präsident Obama deutlich gemacht, zwischen CIA-Direktor John Brennan und Obama selbst. Während der Präsident die Verhörmethoden in deutlichen Worten als "Folter" verurteilt und sie bereits am zweiten Tag seiner Amtszeit als Präsident verboten hatte, verteidigt sie Brennan, ohne das Wort Folter in den Mund zu nehmen.

Für den Washingtoner CIA-Experten James Bamford ist diese Weigerung "ein klassischer Fall der psychologischen Verleugnung. Leugnen, was passiert ist. Und Brennan war beteiligt", meint Bamford mit Blick auf Brennans damalige Position. Als die Taten geschahen, war Brennan bereits stellvertretender CIA-Direktor.

James BamfordBild: Getty Images

Der sagte jetzt trotzig auf seiner eigens einberufenen Pressekonferenz, die CIA habe nach 9/11 "viele Dinge richtig gemacht". Damit setzte er sich erneut in scharfen Gegensatz zum Senatsbericht, der gegenüber der CIA den generellen Vorwurf der Folter und der Überschreitung von Befugnissen erhoben hat. Doch Brennan übte gleichzeitig Selbstkritik und räumte ein, dass einige CIA-Beamte "abscheuliche" Verhörmethoden anwandten.

CIA-Direktor John BrennanBild: Getty Images/AFP/J. Watson

Dass die Schockwellen des Senats-Berichts sogar das Sicherheitsteam von US-Präsident Obama entzweien, ist ein Beleg dafür, wie tief die Verunsicherung insgesamt reicht. Viele Regierungsbehörden hätten nach 9/11 sehr emotional reagiert und es habe fast schon eine hysterische Atmosphäre geherrscht, sagt Joseph Wippl, der selbst für die CIA gearbeitet hat. "Es gab das Gefühl, dass das alles wegen der Fehlleistungen der Geheimdienste passieren konnte und dass sie das wieder gutmachen wollen", beschreibt er die psychologische Ausgangslage.

Führungsversagen

"Wenn sie dann für ihre Maßnahmen die rechtliche Deckung bekommen, dann kann das aus dem Ruder laufen", so Wippl. Von Führungsversagen war jedenfalls von CIA-Direktor Brennan auf der Pressekonferenz nichts zu hören.

Wie die "New York Times" jetzt mit Hinweis auf den umfangreichen Senatsbericht ausführt, kann sich die CIA bei ihren umstrittenen Aktionen zurecht auf Anweisungen aus dem Weißen Haus berufen. Demnach habe der damalige Präsident George W. Bush bereits sechs Tage nach den Anschlägen die CIA angewiesen, Terrorverdächtige zu jagen und einzusperren. Allerdings habe er offen gelassen, in welcher Weise und auf welcher Rechtsgrundlage. Das Ergebnis: hektische Betriebsamkeit.

Professor Joseph WipplBild: bu.edu

Fremdfirmen machten die Drecksarbeit

Ein weiteres Ergebnis war die Errichtung von Gefängnissen im Ausland, um Verdächtige ausserhalb des Einflussbereichs der US-Justiz einzukerkern. Ferner heuerte die CIA zahlreiche "Contractors" an - Fremdfirmen, die die Gefängnisse betrieben und die "Drecksarbeit" machten, wie manche sagen. Die US-Regierung beschäftigte nach den Anschlägen von 9/11 in vielen Bereichen Fremdfirmen, nicht nur bei den Geheimdiensten, so Harkan Ullman. Es habe schlicht und einfach an Personal für die neuen Aufgaben gefehlt. Doch für Joseph Wippl ist es auch ein probates Mittel, Verantwortung zu verschleiern: "Wenn du Teil einer Organisation bist, hast du mehr Verantwortung und kannst stärker zur Rechenschaft gezogen werden, als wenn du eine Vertragsfirma bist."

Bushs Rolle

Am 2. Februar 2002 verfügte Präsident Bush dann, dass die Al Kaida-Terrorverdächtigen keine Kriegsgefangenen seien und folglich nicht den gleichen Schutz genießen würden. So wurde das Tor für die heute diskutierten Grausamkeiten geöffnet. Knapp zwei Monate später billigte Bush laut "New York Times" den Plan, ein geheimes CIA-Gefängnis in Thailand zu eröffnen. Dort wurde dann unter anderem einer der Hauptverdächtigen, Abu Zubaydah, den "härtesten Untersuchungsmethoden" unterzogen. Laut "New York Times" war darunter auch das Waterboarding.

Folteropfer? Terrorist Abu ZubaydahBild: picture-alliance/AP

Ist die CIA reformierbar?

Auf seiner Pressekonferenz verwies CIA-Direktor Brennan auf längst umgesetzte Reformen, mit denen künftig Auswüchse wie die nach 9/11 verhindert werden sollten. Harkan Ullman äußert sich skeptisch. "Der Bericht wird keine längerfristigen Konsequenzen haben. Präsidenten tun, was sie tun müssen. Und wenn sie die Möglichkeit verdeckter Operationen haben, dann werden sie diese nutzen." Der Experte macht sich mit Blick auf die Geschichte wenig Hoffnung, dass sich das in Zukunft ändern wird: "Zwei US-Regierungen haben versucht, Fidel Castro ermorden zu lassen. Jack Kennedy hat mit der Mafia zusammengearbeitet. Auch wenn es absurd ist: Das ist offensichtlich die Art und Weise, wie Regierungen arbeiten."

Keine Anklage

Dass dies wie im jüngsten Falle offensichtlich keine juristischen Konsequenzen für die Täter haben soll, bezeichnet James Bamford als empörend. Für Mord und Folter gebe es bis heute keine Bestrafung. Harkan Ullman hingegen findet das in Ordnung. "Sie hatten die Rückendeckung und Ermächtigung des Präsidenten und die Feststellung des Justizministers, dass es legal war." Wenn schon einer angeklagt werden solle, "dann der Präsident".

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