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Die Motive der "Vasallen"

Vladimir Müller28. März 2003

Fast die Hälfte aller Staaten in der von den USA proklamierten "Koalition der Willigen" waren früher Teil der Sowjetunion. Warum folgen die Länder Mittelosteuropas Amerika in den Irak-Krieg? Vladimir Müller kommentiert.

Einige der neuen Verbündeten fanden Erwähnung in der sehr patriotisch gehaltenen Rede des US-Präsidenten vor Soldaten in Florida am Mittwoch (26. März 2003): George Bush lobte ausdrücklich die Leistung derjenigen Mitglieder seiner "Koalition der Willigen", die sich aktiv am Krieg beteiligen: Polen, Tschechien, die Slowakei, und Rumänien gehören dazu. In der Golfregion sind sie mit kleinen Einheiten von meistens nur einigen Dutzend ABC-Abwehr-Spezialisten vertreten. Und sie befinden sich in relativer Distanz zu den Frontlinien, nämlich in Kuwait.

Was bei den anglo-amerikanischen Freunden zählt, ist der gute Wille und der hohe symbolische Wert dieser wohl kaum kriegsentscheidenden Verbände. Völlig in den Hintergrund tritt die Tatsache, dass praktisch in allen diesen mittelosteuropäischen Unterstützer-Staaten die Mehrheit der Bevölkerung gegen den Irak-Krieg ist.

Falsche historische Vergleiche als Argumentationshilfe

So versuchen die Regierungen ihre Völker weiter zu überzeugen - nicht zuletzt mit falschen historischen Vergleichen: Der Schulterschluss mit den USA und Großbritannien sei schon mit Blick auf die Geschichte richtig - denn hätte es Ende der 1930er Jahre einen entschlossenen Widersacher Hitlers gegeben, wäre der Welt der Zweite Weltkrieg erspart geblieben. Und vor allem: Die Vereinigten Staaten seien es gewesen, die das kommunistische Regime zu Fall gebracht hätten. Deswegen - so fordern selbst einstige Dissidenten in Mittelosteuropa - sei es eine Pflicht mitzuhelfen, wenn es jetzt darum gehe, das unter blutiger Diktatur leidende irakische Volk zu befreien.

Doch die Amerikaner haben die Sowjetunion nicht im Kampf besiegt. Im Gegenteil - das Vermeiden jeglicher direkter militärischer Auseinandersetzung war für die damaligen Gegner Grundlage ihrer Beziehungen. Das Sowjetregime ging erst im Rüstungswettlauf in die Knie. Und auch der Vergleich Hussein-Hitler trifft nicht den Kern: Die Expansionsgelüste des irakischen Gewaltherrschers liegen über ein Jahrzehnt zurück - aktuell bedroht oder gar angegriffen hat er niemand. Und dass selbst der Papst, der nicht nur im katholischen Polen besondere Autorität genießt, den Krieg scharf kritisiert, macht die Entscheidung dafür oder dagegen nicht leichter.

Die eigentlichen Motive

Für Polen und die anderen ist der eigentliche Grund für ihre Unterstützung der USA im Krieg gegen den Irak zunächst nur eine diffuse Dankbarkeit. Und das Unbehagen über die Friedensachse Paris-Berlin, die ganz konkrete Ängste vor einer französisch-deutschen Hegemonie in Europa weckt. Inzwischen wird man sich aber auch in den mittelosteuropäischen Hauptstädten bewusst, dass Washington doch viel ferner liegt als Paris oder Berlin. Und dass das Herz ihrer Völker viel näher bei Paris und Berlin schlägt als bei Washington. Und wohl nicht zuletzt deswegen erklärte zum Beispiel die tschechische Regierung inzwischen, ihre Position in der Irak-Frage liege irgendwo zwischen Europa und Amerika. Dies wird jedoch wohl kein endgültiger Platz sein: Mitten im Atlantik ist es meistens kalt, nass und zugig.

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