Das New Yorker Museum "Neue Galerie" erinnert in der Schau "Berlin Metropolis" an die Goldenen Zwanziger des letzten Jahrhunderts. In der Zeit zwischen den Weltkriegen entwickelte sich Berlin zur Hauptstadt der Künste.
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Berlin als Kunstmetropole der 1920er Jahre. Eine Ausstellung in New York entwickelt sich zum Publikumsmagneten
Selten waren sich Berlin und New York so ähnlich wie in den Goldenen Zwanzigern des letzten Jahrhunderts. Die Ausstellung "Berlin Metropolis: 1918 bis 1933" in der Neuen Galerie in New York erinnert daran.
Bild: Hulya Kolabas
Ode an eine Stadt
Die Schau zeigt Kunstwerke, die zwischen den Weltkriegen entstanden sind. Damals entwickelte sich Berlin zur aufstrebenden Kunstmetropole und zog viele Kreative an. Die Besucher in New York sind von dieser Zeit fasziniert - wie überhaupt von allem, was aus Berlin kommt. Avantgardekünstler wie Ludwig Meidner und dessen Gemälde "Ich und die Stadt" von 1913 sind Schlüsselwerke der Ausstellung.
Bild: Privat Collection
Im Auge des Sturms
Werke wie George Grosz' "Panorama" von 1919 erfassen das kreative Chaos, das sich in Deutschland bald nach dem Ersten Weltkrieg ausbreitete. In seinen satirischen Bildern deckte der gesellschaftskritische Künstler die Abseitigkeiten und die Doppelmoral der Großstadt zur Zeit der Weimarer Republik auf. 1933 emigrierte er in die USA.
Bild: 2015 Estate of George Grosz/Licensed by VAGA, New York
Der Geist des Dadaismus
Ein neuer Geist erwachte: 1919 gründete Raoul Hausmann die Zeitschrift Der Dada. Collagen, Gemälde und Textarbeiten erinnerten an die Schrecken des Ersten Weltkrieges, den Deutschland verloren hatte. Das Trauma des technisierten Krieges und das schwere Leben zwischen den Kriegen fand in seinen Werken Ausdruck.
Bild: 2015 Artists Rights Society (ARS), New York/ADAGP, Paris
Ungebaute Zukunftsvisionen
Noch vor Beginn des Zweiten Weltkriegs entstanden architektonische Visionen von einer utopischen Stadt der Zukunft. Die Schau "Berlin Metropolis" versammelt Modelle und Pläne jener Zeit - wie für den von Ludwig Mies van der Rohe 1921 vorgeschlagenen Wolkenkratzer in der Friedrichstrasse.
Bild: 2015 Artists Rights Society (ARS), New York/VG Bild-Kunst, Bonn
Die Stunde der "Neuen Frau "
Die Ausstellung zeigt mehr als 400 Ausstellungsstücke aus der Zeit zwischen 1918 bis 1933. In Berlin schien alles möglich. Auch das Bild der Frau modernisierte sich. Entsprechend wandelte sich die Mode: Ein schönes Beispiel ist dieser gestickte Mantel von 1920.
Bild: Howrani Studios
Ein Film über das alte Berlin
Musik und Film kündeten vom Geist der Metropole: Dieses Poster warb 1927 für den experimentellen Dokumentarfilm "Berlin: Sinfonie der Großstadt" von Walther Ruttmann. Die in Schwarz-Weiß gedrehten Szenen schildern einen Tag in Berlin, das in der Weimarer Republik einen industriellen Aufschwung erlebte. Die Besucher der Ausstellung haben nun Gelegenheit, den Film in der Ausstellung zu entdecken.
Bild: Lindemann/Lüdecke, Berlin, Universität zu Köln
Der rasende Reporter
In der Zwischenkriegszeit schlug die Stunde des Zeitungsjournalismus, dessen Pionier zweifellos der Meister der literarischen Reportage, Egon Erwin Kisch, war. Sein Buch "Der Rasende Reporter" von 1924 ist ebenfalls in der New Yorker Ausstellung zu bestaunen.
Bild: 2015 Gallery Kicken Berlin/Phyllis Umbehr/Artists Rights Society (ARS), New York/VG Bild-Kunst, Bonn
Das Ende einer Ära
Viele Kunstwerke in der Ausstellung thematisieren den Aufstieg des Nationalsozialismus. Mit ihm versank die produktive kulturelle Vielfalt der Weimarer Zeit. Rudolf Schlichter beschrieb die Geisteshaltung der Nazis mit diesem Bild: "Blinde Macht" von 1937. Die Ausstellung "Berlin Metropolis: 1918-1933" in der Neuen Galerie in New York ist noch bis 4. Januar 2016 zu sehen.
Bild: Berlinische Galerie
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Die New Yorker stehen Schlange, um die Ausstellung zu sehen. Berlin ist derzeit en vogue in den USA. Vor allem die 20er Jahre, das Berlin, das auch Rainer Werner Fassbinder in seinem Epos "Berlin Alexanderplatz" in den Fokus nahm, erfreut sich lebhaften Interesses. Die Ausstellung spannt einen weiten Bogen. Zu sehen sind Werke zwischen den Jahren 1918 bis 1933, also vom Beginn der Weimarer Republik bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten. Gezeigt werden Kunstwerke, aber auch Beispiele aus dem literarischen Leben, dem Filmschaffen, Mode, Musik und Theater jener Zeit. So entsteht ein Panorama der kulturellen wie der politischen Vielfalt in der damals pulsierenden Hauptstadt Deutschlands, die sich zur Metropole der Kultur mausert.
Alles schien möglich im alten Berlin
Die Spreemetropole schwankt dabei zwischen Weltkriegstrauma und Visionen des Aufbruchs. Berlin erlebt einen ein Tanz am Abgrund, den Künstler illustrieren und interpretieren,
Alles scheint möglich im Berlin der Goldenen Zwanziger, nicht nur der Wirtschaftsboom zu Beginn der 20ger Jahre, sondern auch das Erwachen der modernen, unabhängigen, der "Neuen Frau", schließlich der fatale Abstieg in die Niederungen des Nationalsozialismus.
"Wir wollen die Realität dieser Zeit zeigen - und den Mythos", sagte Museumssprecherin Rebecca Lewis. Das bedient auch einen aktuellen Trend: Viele US-Amerikaner interessieren sich für die Zeit der Weimarer Republik: In Los Angeles zeigt zur gleichen Zeit das County Museum of Art eine Ausstellung zur Neuen Sachlichkeit.
Das New Yorker Museum of Modern Art geht in einer Ausstellung der Frage nach, wie der menschliche Körper im Zusammenhang mit dem Zweiten Weltkrieg dargestellt wurde."Es gibt wahrscheinlich einfach gerade einen 'Weimar Moment', vermutet Lewis, "und eine neue Faszination für das Thema Berlin." Den beweist auch ein Blick auf die Speisekarte: dort findet man neuerdings die Currywurst, eine Berliner Spezialität.