Die Niederlande testen beheizten Radweg
12. Januar 2016Wenn Schnee fällt, bleibt in Wageningen eine Wegstrecke von 50 Metern eisfrei: In der niederländischen Stadt wird ein Radweg mit Heizung getestet. Die Fahrbahn hält eine Temperatur von fünf Grad Celsius - genug, um kein Eis entstehen zu lassen und um das Radeln im Winter attraktiver zu machen. Die Platten ähneln einem normalen Radweg und funktionieren nach Angaben der Gemeinde Wageningen klimaneutral. Unter der Betondecke liegen Röhren, durch die eine wärmespeichernde Flüssigkeit gepumpt wird. Im Sommer heizt die Sonne die Flüssigkeit auf, sie wird in rund 150 Meter Tiefe geleitet. Im Winter wird sie in die andere Richtung gepumpt. Je nach Örtlichkeit könnte auch die Abwärme von nahe gelegenen Fabriken oder Abwasserleitungen verwendet werden. Sensoren messen, wie kalt und feucht es ist und schalten das System automatisch an und aus. "Ausgangspunkt war, dass Straßen bei Schnee und Frost Priorität haben und Radwege erst später beräumt werden", sagt Job van Roekel, Geschäftsführer der Firma "Easypath", die das Konzept entwickelt hat.
Projekt "beheizter Radweg" kommt gut an
Durch die Heiz-Elemente bleiben Radwege das ganze Jahr über befahrbar, aber auch Eingänge von Altenheimen und andere Orte könnten davon profitieren. Außerdem vermindert sich der Einsatz von Salz, das für die Umwelt schädlich ist. Die Heizungen sollen nicht kilometerweise eingesetzt werden, sondern nur an besonderen Stellen, erklärt van Roekel. Zum Beispiel auf schmalen Wegen, an Steigungen oder in Unterführungen, wo Räumfahrzeuge nicht hinkommen. Der "Thermopath" ist etwa doppelt so teuer wie ein normaler Radweg. Die Reaktionen auf das Pilotprojekt in Wageningen seien positiv, sagt van Roekel. Der Test läuft seit 2014. Sieben Provinzen in den Niederlanden hätten bereits Interesse gezeigt.
Niederlande - Land der Radfahrer
In keinem Land mit einem vergleichbaren Wohlstandsniveau ist das Fahrrad ein so wichtiges Fortbewegungsmittel. Ein Viertel aller Fahrten wird in den Niederlanden mit dem Fahrrad zurückgelegt. In Deutschland liegt der Anteil nur bei zehn Prozent. An den Bahnhöfen gibt es eigene Parkhäuser für Fahrräder, an den Kreuzungen eigene Abbiege-Spuren und Ampeln. Durchschnittlich nimmt jeder Niederländer 300 Mal im Jahr das Fahrrad.
Hightech für perfekte Radfahr-Bedingungen
Das Land ist dabei, eine ideale Radfahr-Infrastruktur zu schaffen. In der Stadt Utrecht haben Wissenschaftler im November eine grüne Welle für Fahrradfahrer erprobt: Am Boden entlang des Weges leuchten LED-Lämpchen. Wer in der Geschwindigkeit des Lichts folgt, muss nicht an einer roten Ampel warten und absteigen. In Groningen wurde eine Ampel-Schaltung erprobt, die bei Regen Fahrradfahrern schneller und häufiger grünes Licht gibt. Das soll ermuntern, auch bei Regen das Rad zu nehmen und nicht das Auto.
Mit Radwegen Strom erzeugen
Eine weitere Innovation ist ein Solar-Radweg, bei dem in die Oberfläche der Wegplatten Solarmodule eingelassen sind. Das macht Sinn: 35.000 Kilometer Radwege gibt es in den Niederlanden. "Die Oberfläche von Wegen und Straßen ist größer als die der Hausdächer", erklärt Sten de Wit vom Konsortium "SolarRoad". Mit Solar-Wegen könne man umweltfreundlich Strom produzieren und müsse dafür keine unbebaute Oberfläche verbrauchen.
Der erste 70 Meter lange Solar-Radweg liegt in Krommenie nördlich von Amsterdam. Dort wurde eine Spur mit Solar-Platten belegt, die andere zum Vergleich mit herkömmlichem Material. "Radfahrer merken keinen Unterschied", sagt de Wit. Eine spezielle Beschichtung sorgt dafür, dass Radfahrer nicht rutschen.
Vor einem Jahr wurde der Weg eröffnet, seither hat er mehr Energie produziert als erwartet. Etwa 9800 Kilowattstunden wurden erzeugt und damit genug, um drei Haushalte mit Strom zu versorgen. Im kommenden Jahr soll der Weg um 20 Meter verlängert werden und eine verbesserte Oberfläche bekommen. Interesse gibt es bereits aus aller Welt - mit dem US-Bundesstaat Kalifornien ist bereits eine Zusammenarbeit vereinbart. Auch in Eindhoven gibt es einen Solar-Radweg. Er leuchtet in der Nacht und macht das Radfahren dadurch nicht nur sicherer, sondern auch schöner.