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Politik

Wer ist "Die Partei"?

Kate Brady MM
17. Juni 2019

Nach der Verspottung der traditionellen Parteien in Deutschland bei den EU-Wahlen entsendet die Satire-Partei "Die Partei" zwei Vertreter nach Brüssel. Aber wo hören die Witze auf und wo beginnt die Politik?

Die Partei
Vereint im EU-Parlament: Martin Sonneborn (l.) und Nico Semsrott (r.)Bild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Die 2004 von Redakteuren des Satiremagazins "Titanic" gegründete "Die Partei" verzeichnete bei den EU-Parlamentswahlen im Mai mit fast 900.000 Stimmen und zwei Sitzen im EU-Parlament ihren bisher größten Erfolg.

Der Name "Die Partei" ist die Abkürzung für "Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative" und macht sich mit ihrem Namen über die etablierten Parteien lustig, die versuchen, möglichst viele positiv konnotierte Begriffe auf sich zu vereinen, um damit möglichst viele Menschen anzusprechen.

Größter Erfolg

"Die Partei" hat ihren Wahlkampf auf der Grundlage von Plakatslogans geführt, die den politischen Status quo weitgehend verspotteten - und konnte damit 2,4 Prozent der deutschen Stimmen bei den EU-Wahlen holen. Ihren Stimmenanteil von der letzten Europawahl 2014 verdreifachte sie damit nahezu.

Wahlwerbung à la "Die Partei"Bild: picture-alliance/dpa/C. Hardt

Der Parteivorsitzende Martin Sonneborn zog 2014 erstmals für "Die Partei" ins Europaparlament ein. Fünf Jahre später erhält auch Nico Semsrott einen Sitz im Europaparlament. Semsrott ist bekannt für seine Auftritte bei der Satire-Sendung "Heute Show" im deutschen Fernsehen und wurde auf dem Wahlzettel als Satiriker und "Demotivationstrainer" bezeichnet.

"Die erste Legislaturperiode der Partei in Brüssel war eine kleine Überraschung", sagt Sonneborn im Gespräch mit der Deutschen Welle." Aber nach fünf Jahren wissen wir, wie das Europäische Parlament funktioniert. Jetzt können wir dieses Wissen und erheblich mehr Personal einsetzen, um die Konservativen zu ärgern."

Unterstützung der Generation "YouTube"

Besonders beliebt waren die Satiriker bei den Jugendlichen. Sie holten neun Prozent der Stimmen bei den Erstwählern und damit mehr als etablierte Parteien wie die Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) oder die Freie Demokratische Partei Deutschlands (FDP). Laut Thomas Poguntke, Politikwissenschaftler an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, war es die Präsenz von "Die Partei" in den sozialen Medien, die zu ihrem Wahlerfolg in der EU führte.

Zwei der Sitze im EU-Parlament gehören "Die Partei" - zumindest für fünf JahreBild: picture alliance / Wiktor Dabkowski

Sie schaffe es auch, "mit ihrem etwas schrägen Humor einen bestimmten Ton zu treffen, der viele junge Wähler anspricht, die das Gefühl haben, dass Politik voller Rituale ist und sie das nicht mehr ernst nehmen können", sagt Poguntke der Deutschen Welle. Die Wahlkämpfe der Volksparteien SPD und CDU (Christlich Demokratische Union Deutschlands) seien vergleichsweise "langweilig und willkürlich".

Folgerichtig dankt Sonneborn den deutschen Parteien humorvoll für ihre "Zusammenarbeit". "Ich möchte mich bei allen Parteien bedanken, deren Politik die Wähler zu uns führt, so dass wir nicht viel tun mussten", sagte er im DW-Interview.

Dem Humor verpflichtet: Wahlplakat aus dem Jahr 2011 für die Wahl zum Abgeordnetenhaus in BerlinBild: picture-alliance/dpa

Parodie versus Politik

Mit den errungenen zwei Sitzen im EU-Parlament stehen Sonneborn und Semsrott nun vor der Aufgabe, Politik und Parodie in Einklang zu bringen.

Im Vorfeld der EU-Wahlen wich "Die Partei" von ihren üblichen satirischen Kampagnen ab und schloss sich mit der gemeinnützigen Rettungsorganisation "Sea-Watch" zusammen, um auf die zig Tausend Todesfälle von Migranten im Mittelmeerraum hinzuweisen. Anstatt die Ziele und Kandidaten der Partei vorzustellen, zeigte der Wahlwerbespot einen Jungen, der im Meer ertrinkt, und endete mit dem Aufruf: "Helfen Sie uns, das Sterben zu beenden."

Der Fernsehsender ZDF stoppte die Ausstrahlung des Spots mit dem Argument, die Zuschauer würden ihn nicht als Wahlwerbung erkennen. Daher wurde das Video um folgenden Zusatz ergänzt: "Wählen Sie Die Partei – Denn sie gibt den wichtigen Themen Aufmerksamkeit." Damit war es klar als Wahlwerbung erkennbar und wurde ausgestrahlt.

"Die Partei" und die Grünen

Für die bevorstehende EU-Legislaturperiode, die im Juli beginnt, hat Semsrott beschlossen, sich der Fraktion der Grünen anzuschließen - oder wie er es auf Twitter beschrieben hat: "Die Fraktion der Grünen ist [ihm] beigetreten." Der Schritt deutet auf eine Verschiebung des politischen Pragmatismus der Partei hin, um mehr zu erreichen.

2017 hält Martin Sonneborn ein T-Shirt mit der Aufschrift "Truck Fonald Dump" in die Kameras. Was das wohl heißen mag?Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Das könnte auch für die Fraktion der Grünen von Vorteil sein, da sie wahrscheinlich größer wird als die der rechten Parteien, und daher ein längeres Rederecht im Parlament hat.

"Ich bin ein ernsthafter Politiker"

Sonneborn hat noch nicht entschieden, ob er sich einer Fraktion anschließen wird oder ein unabhängiger Europaabgeordneter bleiben will. Fest steht aber, er und Semsrott wollen jedes Jahr einen Gesetzentwurf ausarbeiten, der erfolgreich das Parlament passieren soll. Dabei soll "Die Partei" ihren Humor auch dann nicht verlieren, wenn es um ernste Themen geht.

"[Politik] handelt nur von ernsten Themen", sagt Semsrott. "Ich bin ein ernsthafter Politiker. Ich mache Dinge nur satirisch, damit die Themen interessant sind." Auch Sonneborn besteht darauf, dass "Die Partei" die "satirischste" der deutschen Parteien bleibt. "Außer den Freien Demokraten", witzelt er. "Sie sind durch und durch eine Spaßpartei."

EU: "Ein Wunder der Menschheit"

"Die Partei" hat rund 38.000 Mitglieder, was in etwa genau so viele sind wie bei der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD). Aber im Gegensatz zu ihr konnten die Satiriker weder auf Landes- noch auf Bundesebene bisher in ein deutsches Parlament einziehen. Die Fünfprozent-Hürde konnte "Die Partei" bisher nicht überspringen.

Und dieses Schicksal werde sich nicht ändern, glaubt Politikwissenschaftler Poguntke. "'Die Partei' könnte bei einigen Kommunalwahlen gut abschneiden, aber ich sehe sie nicht als großen Herausforderer bei den Bundestagswahlen 2021. Für einige Wähler sind die EU-Wahlen nicht besonders wichtig, daher war es hier einfacher, weniger ernsthaft abzustimmen."

Semsrott jedenfalls ist zufrieden mit seiner Rolle als Europaabgeordneter seiner Partei. "Die Europäische Union ist ein Wunder der Menschheit", sagt er der DW. "Die Tatsache, dass es 28 Ländern gelungen ist, zuzustimmen, 'Ja, wir werden ein bisschen Macht aufgeben' und dann gemeinsam abstimmen ... das einzige transnationale, demokratische Parlament der Welt. Wie verrückt ist das denn? Das ist eine Art Wunder. Und ich freue mich darauf, ein Teil davon zu sein."

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