Aufgestellt, entführt, zurückgeholt, zerstört: Die Quadriga auf dem Brandenburger Tor hat eine bewegte Geschichte. Nun entsteht eine Kopie aus Gips.
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Zusammen mit dem Brandenburger Tor ist sie eines der markantesten Wahrzeichen Berlins. Die Quadriga - vier Pferde und die Friedensgöttin Eirene im Triumphwagen - wurde im Auftrag des preußischen Königs 1793 von Johann Gottfried Schadow erschaffen, dem Begründer der Berliner Bildhauerschule des Klassizismus. Lange durfte Eirene damals allerdings nicht über die Stadt blicken.
1806 marschierte Napoleon in Berlin ein. Die Skulptur gefiel ihm und so ließ er die Quadriga kurzerhand demontieren und in Kisten verpackt nach Paris bringen. Eine Demütigung für die Berliner, die sich ihre Quadriga jedoch wenige Jahre später - nach dem Sieg über Napoleon in der Völkerschlacht- zurückholten. Die Göttin wurde in diesem Zuge umgedeutet: Bei der Wiederaufstellung in Berlin bekam sie einen Stab mit einem eisernen Kreuz und dem preußischen Adler darüber in die Hand und wurde zur Siegesgöttin Viktoria.
Im Zweiten Weltkrieg zerstört
Die Quadriga, die heute auf dem Brandenburger Tor steht, ist eine Kopie des damaligen Originals. Letzeres wurde im Zweiten Weltkrieg fast komplett zerstört. Von der ursprünglichen Skulptur ist nur noch ein Pferdekopf erhalten, der heute im Märkischen Museum Berlin ausgestellt ist. Die Restaurierung von Brandenburger Tor und Quadriga in den 1950er-Jahren war ein Gemeinschaftsprojekt von Ost- und Westberlin. Der Osten war für das Renovieren des Bauwerks zuständig, der Westen für die Erstellung der Skulptur. Anhand von Gipsabdrücken, die noch während des Krieges von der Quadriga gemacht worden waren, entstand die Kopie, die 1958 wieder aufs Brandenburger Tor gestellt wurde - allerdings ohne Eisernes Kreuz und Adler.
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Erst Symbol der Trennung, dann der Wiedervereinigung
Die Berliner Mauer, die 1961 gebaut wurde, verlief auf der westlichen Seite in einem Bogen direkt um das Tor herum, sodass das Tor 28 Jahre lang quasi kein Tor mehr war. Dann kam der 9. November 1989: Die Mauer fiel und das Brandenburger Tor wurde samt Quadriga zum Symbol der deutschen Wiedervereinigung. Allerdings mussten die Göttin und ihre Pferde wieder leiden: In der ersten gemeinsamen Silvesternacht 1989/90 erklommen Feiernde das Gebäude und die Quadriga wurde stark beschädigt. Bei der darauffolgenden Restaurierung erhielt die Göttin dann den Preußen-Adler und das Eiserne Kreuz zurück, die heute noch dort zu sehen sind.
Eine dritte Quadriga in Gips
Nachdem die Original-Quadriga aus dem 18. Jahrhundert sowie ihre Kopie aus dem 20. Jahrhundert beide aus Kupferblech gefertigt wurden, soll nun in Berlin eine dritte Quadriga entstehen, und zwar aus Gips. Grundlage der Rekonstruktion sind die Gipsabgüsse, anhand derer die Kupferblech-Kopie der Original-Quadriga in den 1950er-Jahren erschaffen wurde. Die ursprünglichen Negativformen, die während des Krieges abgenommen wurden, sind inzwischen verloren. Die positiven Abgüsse hingegen lagerten über die Jahre hinweg in unterschiedlichen Berliner Depots und werden nun in einer offenen Werkstatt im Mauer-Mahnmal im Deutschen Bundestag zusammengeführt.Der Prozess kommt einem großen Puzzle gleich, bei dem zu entscheiden ist, ob und wie Fehlstellen ergänzt werden können. Besucherinnen und Besucher können ihn nun wieder vor Ort verfolgen, nachdem das Mauer-Mahnmal coronabedingt über mehrere Monate hinweg geschlossen blieb. Die Arbeit des Restaurationsteams lief aber weiter.
Deutschland vor und nach der Wende
Die Stralsunder Altstadt, die Werrabrücke oder das Stadtschloss in Potsdam - all diese Orte haben in den vergangenen Jahren einen beachtlichen Wandel durchlaufen. Deutschland damals und heute in Bildern.
Das Brandenburger Tor
Es ist eines der berühmtesten Wahrzeichen Berlins. Das Brandenburger Tor, erbaut 1791, markierte zur Zeit der Teilung die Grenze zwischen Ost- und Westberlin. Es lag unmittelbar hinter der Grenzlinie im Ostteil der Stadt und war für die Öffentlichkeit unzugänglich. Erst im Herbst 1989 hielten die Sperren nicht mehr stand: Seitdem ist der Platz voller Menschen aus dem In- und Ausland.
Die Berliner Mauer
28 Jahre lang teilte die Berliner Mauer die Stadt in Ost und West. An der rund 160 Kilometer langen, streng bewachten Grenzanlage fanden viele Menschen beim Fluchtversuch den Tod. Die genaue Zahl ist bis heute nicht bekannt. Die East Side Gallery - das längste noch erhaltene Stück der Mauer - wurde im Jahr der Wiedervereinigung von vielen nationalen und internationalen Künstlern bemalt.
Die Brücke verbindet das thüringische Vacha mit dem hessischen Philippsthal. Mit Metallzaun, Stacheldraht und Gittern im Flussbett verlief vor 1989 genau hier die innerdeutsche Grenze. Heute ist sie frei passierbar und ist auch als "Brücke der Einheit" bekannt.
Die Frauenkirche in Dresden
Am 15.02.1945 - zwei Tage nach dem ersten Bombenangriff auf die Stadt - stürzte die ausgebrannte Kirche in sich zusammen. Über vier Jahrzehnte lag der einst prächtige Sakralbau in Trümmern. Nach der Wende wurde sie dank Spenden aus Deutschland und der ganzen Welt nach altem Vorbild rekonstruiert.
Vom Palast der Republik zum Berliner Schloss
Es war das Machtzentrum der DDR, Sitz der Volkskammer und Bühne für SED-Parteitage: Der Palast der Republik wurde 1976 eröffnet - nach 32-monatiger Bauzeit. Nach der Wiedervereinigung wurde Erich Honeckers asbestverseuchter Protzbau in den Jahren 2006 bis 2008 abgerissen: An seiner Stelle wurde das historische Berliner Stadtschloss mit dem umstrittenen Humboldt-Forum rekonstruiert.
Das Stadtschloss in Potsdam
Das barocke Stadtschloss war die Residenz vieler berühmter Adeliger. Doch im Zweiten Weltkrieg ist das Schloss durch einen Luftangriff der Alliierten ausgebrannt. Zu DDR-Zeiten wurde es in den Jahren 1959/60 gesprengt und seine Reste wurden abgetragen. Der heutige prachtvolle Bau wurde weitgehend nach Maßgaben historischer Pläne und Fotos rekonstruiert.
Stralsunder Altstadt
Die Hansestadt Stralsund in Mecklenburg-Vorpommern ist berühmt für ihre Giebelhäuser. Zu DDR-Zeiten waren viele dieser historischen Bauten vom Verfall bedroht. Nach der Wende wurden sie aufwendig saniert. 2002 ist die pittoreske historische Altstadt sogar von der UNESCO zum Welterbe ernannt worden.
Lenin in Berlin-Friedrichshain
Von 1970 bis 1991 stand dieser 19 Meter hohe Koloss aus rotem Granit in Friedrichshain. Bei der offiziellen Enthüllung mit Festredner Walter Ulbricht waren 200.000 Menschen anwesend. Anfang der 1990er Jahre hatte der Kommunismus - und damit auch Lenin - ausgedient. Die Statue wurde demontiert. Heute heißt der ehemalige Leninplatz "Platz der Vereinten Nationen".
Hohenschönhausen
Hohenschönhausen diente bis 1989 als das "Zentrale Untersuchungsgefängnis der Staatssicherheit". In der Haftanstalt wurden politische Gefangene inhaftiert sowie psychisch und physisch gefoltert. Der Gebäudekomplex mit seinen hohen Mauern war geheim und auf keinem Stadtplan verzeichnet. Nach der Wiedervereinigung wurde er geschlossen und wenige Jahre später als Gedenkstätte für Besucher eröffnet.
Die Intershops der DDR
"Intershop" nannte sich eine DDR-Einzelhandelskette, in der man jedoch nicht mit DDR-Geld bezahlen konnte, sondern nur mit Fremdwährung. Viele DDR-Bürger hatten dadurch nur einen begrenzten Einblick in das Warenangebot der Intershops. Die ersten entstanden am Bahnhof Friedrichstraße in Ost-Berlin (Bild). Heute ist der Platz nicht wiederzuerkennen und ist voller Boutiquen und Geschäfte.
KaDeWe
Das Kaufhaus des Westens, kurz KaDeWe, ist das bekannteste Warenhaus in Deutschland und mit 60.000 Quadratmetern Fläche das zweitgrößte in Europa nach Harrods in London. Das Luxuskaufhaus wurde 1907 eröffnet, im Zweiten Weltkrieg war es fast ausgebrannt, stand im geteilten Deutschland in West-Berlin und ist heute eine Attraktion für Touristen, Einheimische und Luxus-Liebhaber.
Promi-Hotel
Das dreizehnstöckige Interhotel Metropol in der Friedrichstraße in Berlin wurde 1977 eröffnet. Geschäftsleute, Diplomaten und Promis gingen hier ein und aus. Für die meisten DDR-Bürger - ohne Devisen - war es nur von außen zu bewundern. Heute steht an dieser Stelle ein Hotel der Maritim-Kette - für alle Besucher zugänglich, wenn auch nicht bezahlbar.
Spielplatz der Erinnerungen
Sorglose Kindheit - wo sonst, wenn nicht auf dem Spielplatz. Diese Metallkugeln zum Klettern (links) waren auf fast jedem Spielplatz im Osten. Heute werden sie meist aus festen Seilen hergestellt. Da tut es auch nicht so weh, wenn Jung (und Alt) beim Spielen dagegen stoßen. Mehr Bilder von Berlin damals und heute gibt es bei Facebook: #GermanyThenNow #BerlinThenNow
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Am Ende des auf zwei Jahre ausgelegten Prozesses soll im Berliner Mauer-Mahnmal eine Rekonstruktion der Quadriga stehen, die noch näher am Original ist als die derzeitige Kopie auf dem Brandenburger Tor, da sie weniger handwerksbedingte Überarbeitungen aufweisen wird.
Und man kann sich ein Bild von der Größe der Skulptur machen (siehe Artikelfoto). Rund fünf Meter misst die Göttin - was in 20 Metern Höhe auf dem Brandenburger Tor wesentlich kleiner aussieht.