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Die Schöne und die Milliarden

Andreas Noll25. Juni 2003

Robin Saunders war eine gefeierte Investment-Bankerin der WestLB in London. Jetzt steht sie wegen ihrer umstrittenen Methoden und hohen Verlusten in der Kritik.

Probleme in London: die Düsseldorfer WestLBBild: AP

Märchen sind voll von Prinzessinnen und wundersamen Reichtum. Die Geschichte von Robin Saunders könnte man für ein Märchen halten: Vor fünf Jahren küsste die heute 40-jährige ihrem Frosch, die WestLB, wach. Die Zentralbank der nordrhein-westfälischen Sparkassen spielte bis dahin im internationalen Maßstab eine untergeordnete Rolle. Mit Saunders, die als Investment-Bankerin bei der Deutschen Bank Erfahrung gesammelt hatte, wollte man in der ersten Banken-Liga mitmischen. Saunders galt als jung, erfolgreich, intelligent, schön - und auch dem Glamour des Bankgeschäfts nicht abgeneigt.

Milliarden für die Formel-Eins

Gleich der erste Deal für die Düsseldorfer hatte es in sich: Saunders finanzierte eine Milliardenanleihe des Formel-Eins-Moguls Bernie Ecclestone. Den großen Banken in der Londoner City waren dessen Formel-Eins-Pläne zu riskant - der WestLB nicht. Es sollte nicht der einzige medienwirksame Deal Saunders bleiben: die WestLB finanzierte etwa die neue Wembley-Arena in London, kaufte die Leasinggesellschaft Boxclever - und eine Betreibergesellschaft von 3500 englischen Pubs.

Die Geschäfte der Bankerin folgten stets den Regeln der strukturierten Finanzierung: Die Bank hilft ihrem Kunden beim Kauf eines Unternehmens, das dieser aus eigener Kraft nicht finanzieren könnte. Normalerweise würde die Bank dem Kunden dafür einen Kredit einräumen, hätte dafür aber auch das Risiko zu tragen - und verlöre bei einer Pleite viel Geld. Robin Saunders ließ dagegen Anleihen verkaufen, die durch die erwarteten Gewinne des Unternehmens gedeckt sein sollten. Bei einer Pleite stünden so die Investoren mit leeren Händen da - und nicht die Bank.

Hohe Gewinne

Die Deals füllten offenbar nicht nur die Taschen von Saunders, sondern wohl auch die der WestLB - mit zum Teil offenbar märchenhaften Provisionen. Alleine im Jahr 2001 soll Saunders' Einheit Principal Finance - kaum 30 Mitarbeiter stark - der Bank einen Gewinn von mehr als 180 Millionen Euro beschert haben. Saunders selbst dürfte zuletzt mehr als 15 Millionen Euro verdient haben - deutlich mehr als ihr Chef, WestLB-Vorstandsvorsitzender Jürgen Sengera.

Zum Problem wurden die strukturierten Finanzierungen erst, als in den vergangenen Wochen die ersten Wertberichtigungen notwendig wurden. Der Absatz der Anleihen lief nicht mehr wie geplant, die WestLB blieb auf den unverkäuflichen Papieren sitzen. Damit liegen die Risiken der Unternehmenspleiten nun doch wieder bei der Bank.

Hohe Kosten

Im Fall Boxclever kostete der Aufkauf der Anleihen die Bank bislang mehr als 430 Millionen Euro. Es könnte noch schlimmer kommen: Es gilt als fraglich, ob der erworbene schottische Whisky-Produzent Kyndal noch annähernd den ursprünglich von den Düsseldorfern bezahlten Betrag von mehr als 250 Millionen Euro wert ist. Gleiches gilt für die in WestLB-Besitz befindliche größte Kinokette Großbritanniens, Odeon.

Die Düsseldorfer WestLB-Zentrale wurde von der Bekanntgabe der tiefroten Boxclever-Zahlen Anfang April durch Saunders offenbar so überrascht, dass der Druck des Geschäftsberichts gestoppt und der Jahresverlust auf 1,7 Milliarden Euro korrigiert werden musste.

Zurück zu den Leisten?

Angesichts dieser Entwicklung dürfte der Aufsichtsrat auf seiner Sitzung Anfang Juli die Saunders-Geschäfte genau unter die Lupe nehmen. Auch die Bankenaufsicht interessiert sich inzwischen für die Angelegenheit. Banken-Insider schließen inzwischen eine Entlassung Saunders´ nicht mehr aus. Saunders selbst deutete unterdessen an, ihre Abteilung der WestLB mit Hilfe von Investoren abkaufen zu wollen. Ein Kaufpreis könnte bei rund 800 Millionen Pfund liegen.

Nicht wenige der öffentlichen Anteilseigner der WestLB sähen dies nicht ungerne: Die Sparkassen als Miteigentümer der WestLB fordern ohnehin, dass sich die Düsseldorfer wieder auf ihre alte Rolle als Sparkassen-Zentralbank konzentrieren und das risikoträchtige Investment-Geschäft aufgeben.

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