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Bergungskräfte in Seyne-les-Alpes

Barbara Wesel27. März 2015

Unter schwierigsten Bedingungen versuchen Bergungskräfte, Luftfahrtexperten und Mediziner die Opfer und die Wrackteile des Airbus am Unglücksberg in den französischen Alpen zu sichern. Barbara Wesel berichtet aus Seyne.

Frankreich Germanwings Absturz Bergungsarbeiten (Foto: REUTERS/Eric Gaillard)
Bild: Reuters/E. Eric Gaillard

Am Tag vier nach dem Absturz müssen die Bergungsspezialisten eine ungewollte Pause machen. Bislang waren sie jeden Tag mindestens zehn Stunden mit der Arbeit an dem Steilhang unterhalb des Tête de l'Estrop beschäftigt, vom Morgen bis zum Sonnenuntergang. Aber über Nacht war ein heftiger Wind aufgekommen, ein Mistral, wie er in der Region genannt wird, mit bis zu 100 kmh Geschwindigkeit. "Am ersten Tag war unsere Arbeit viel leichter", sagt Oberstleutnant Jean-Paul Bloy von der Bergrettung. Aber so starker Wind macht es besonders gefährlich für die Hubschrauber, sie müssen das Bergungspersonal aus größerer Höhe abseilen.

Bis zu 90 Meter lang ist das Seil an den Hubschraubern, die die Bergwacht in dieser Alpenregion einsetzt, aber für die Kriminalbeamten die hier oben arbeiten ist es ungewohnt, von solcher Höhe mit der Winde abgeseilt zu werden. Deswegen ist auch jedes mal ein Bergsteiger der Gendarmerie dabei, wenn sie in das enge Tal herabgelassen werden."Wir lassen sie dabei niemals allein", sagt Pilot Bloy. Auch am Hang arbeiten beide immer als Team, der Mann von der Bergwacht sichert stets seinen Kollegen von der Kriminalpolizei. Ihre Aufgabe ist es, Flugzeugtrümmer und Überreste der Toten am Fundort zu markieren und dann für den Abtransport vorzubereiten. Der geschieht wieder per Seilwinde und die Helikopter bringen diese Teile dann zu einem niedrigeren Berghügel südlich der Unfallstelle, wo sie in Lastwagen umgeladen und heruntergebracht werden.

Unten im Tal stehen schon seit Mittwoch Kühlwagen und provisorische Labore bereit, wo über 40 forensische Experten arbeiten. Ihre erste Aufgabe ist die Identifizierung der Toten, die sich schwierig gestaltet angesichts des Zustandes der Überreste, die vom Berg gebracht werden. Am gestrigen Donnerstag nahmen Gerichtsmediziner zu Vergleichszwecken bereits DNA Proben von Angehörigen der Opfer, die zu einer Trauerfeier nach Seyne-les-Alpes gekommen waren. "Die Identifizierung ist jetzt die erste Aufgabe der Forensiker", sagt der Sprecher der Gendarmerie, Oberstleutnant Xavier Virenc. "Wir haben hier zwei Gruppen gebildet, die Kriminologen und die Luftverkehrsexperten, die für die Untersuchung der Absturzursache zuständig sind", erklärt er.

Bergungsarbeiten in schwierigem GeländeBild: Reuters/French Interior Ministry/DICOM/F. Pellier

Ihre Hauptaufgabe ist derzeit immer noch die Suche nach der zweiten Blackbox, die die Aufzeichnung der technischen Details aus dem Cockpit enthält. Ob sie die enorme Wucht des Aufpralls von 700 kmh auf den Felsen ebenfalls überstanden hat, ist noch offen. Die sogenannte Voicebox war bereits am Dienstag gefunden worden. Auf ihre Auswertung stützen sich bisher die Thesen der französischen Staatsanwaltschaft zum Absturzhergang.

Dazu, wie lange die Arbeit im Berg dauern wird, will sich hier niemand festlegen. Es könnte noch zwei Wochen dauern, oder auch länger, je nachdem ob das Wetter die ständigen Helikopterflüge ermöglicht. "Es gibt auch Überlegungen, eine befahrbare Piste zum Rand der Unglücksstelle zu schaffen", sagt Xavier Bloy, aber das sei wegen des Terrains doch sehr schwierig.

Im Dorf Seyne informierte Bürgermeister Francis Hermitte die Journalisten noch einmal über den Empfang weiterer Familien. Die meisten seien am gestrigen Donnerstag wieder abgereist, aber ungefähr zwanzig Angehörige waren einen Tag länger im Tal geblieben. Und am Freitag trafen erneut kleine Gruppen von Trauernden ein, die ihren Abschied von ihren Nächsten privater gestalten wollten, als das in der großen organisierten Reisegruppe am Vortag möglich war.

Wrackteil am Tête de l'EstropBild: picture-alliance/dpa

Die Dorfbewohner hatten auf die Nachricht von dem Unglück mit einer Welle der Hilfsbereitschaft reagiert, Übernachtungsplätze wurden zur Verfügung gestellt, eine Anwohnerin kochte Essen für zweihundert Personen. Zum Wochenende hin aber wird die große Meute der internationalen Presse abziehen, die Berichterstattung aus Seyne ist beendet, das Zentrum des Interesses hat sich in die deutsche Heimat des Co-Piloten verlagert.

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