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Politik

Die Tankerkrise - Chronik einer Eskalation

24. Juli 2019

Kommt es zu einem neuen Golfkrieg? Der Streit um die Festsetzung von Tankern in der Straße von Hormus ist nur die jüngste Entwicklung in einem seit Wochen andauernden Konflikt. Wir fassen zusammen, was bisher geschah.

Iran, Anspannung am Persischen Golf
Iranische Revolutionsgarden auf der "Stena Impero" - Foto einer halbstaatlichen iranischen Nachrichtenagentur Bild: picture-alliance/AP Photo/M. Akhoondi

Seit Mai lassen immer neue Meldungen über mysteriöse Sabotageakte, festgesetzte Schiffe und abgeschossene Drohnen die Angst vor einem militärischen Konflikt in der Golfregion wachsen. Zuletzt teilte die Regierung in London mit, Großbritannien bemühe sich in der Tanker-Krise um europäische Unterstützung, während der Iran einen US-Agentenring hochgenommen haben will.

2. Mai: Knapp ein Jahr nach dem einseitigen Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen mit dem Iran gelten die von Washington gegen Teheran verhängten Sanktionen nun vollständig. Die Maßnahmen zielen vor allem auf die für den Iran wichtige Erdölindustrie. Bisher durften einige Länder wie Indien und China im Rahmen einer Ausnahmeregelung weiterhin Öl aus der Islamischen Republik beziehen. Diese Übergangszeit ist nun vorbei.

Teheran hatte in der Vergangenheit mehrfach gedroht, die Straße von Hormus zu blockieren, sollten die USA ihre Wirtschaftssanktionen verschärfen. Die Meerenge zwischen dem Persischen Golf und dem Golf von Oman ist für die weltweite Rohölversorgung von großer Bedeutung.

Nadelöhr der globalen Ölversorgung: Satellitenaufnahme der Straße von HormusBild: picture-alliance/dpa/NASA/The Visible Earth

In der zweiten Maiwoche kündigt Washington die Stationierung des Flugzeugträgers "USS Abraham Lincoln", der "USS Arlington", einer Bomberstaffel und eines Flugabwehrsystems im Nahen Osten an. Der Nationale Sicherheitsberater John Bolton bezeichnet den Schritt als eine "unmissverständliche Botschaft an das iranische Regime, dass jedem Angriff auf die Interessen der Vereinigten Staaten oder ihrer Verbündeten mit unerbittlicher Stärke begegnet wird".

Die US-Schifffahrtsbehörde warnt, dass Öltanker, Handels- und Kriegsschiffe der USA oder ihrer Verbündeten vom Iran ins Visier genommen werden könnten.

Angriffe auf sechs Schiffe in vier Wochen

13. Mai: Saudi-Arabien meldet einen Zwischenfall vor der Ostküste der Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Bei Sabotageaktionen seien zwei saudische Tanker stark beschädigt worden. Der Vorfall habe sich rund 140 Kilometer südlich der Straße von Hormus ereignet.

Saudi-Arabiens Energieminister Chalid al-Falih erklärt, die Angriffe sollten die "Sicherheit der Ölversorgung der Verbraucher auf der ganzen Welt" untergraben. Bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel sagt der britische Außenminister Jeremy Hunt: "Wir sind sehr besorgt über die Gefahr, dass ein Konflikt aus Versehen ausgelöst werden könnte."

Später legt ein Untersuchungsbericht Saudi-Arabiens, der VAE und Norwegens nahe, dass wahrscheinlich ein staatlicher Akteur hinter dem Angriff stecke. US-Sicherheitsberater John Bolton sagt, es sei "fast sicher", dass der Iran verantwortlich sei. Teheran spricht von "lächerlichen Behauptungen".

Vier Wochen nach dem Vorfall geraten im Golf von Oman zwei Öltanker, die "Front Altair" aus Norwegen und die "Kokuka Courageous" aus Japan, in Brand. Noch am selben Tag machen die USA unter Berufung auf Geheimdienstinformationen den Iran für die Explosionen auf den Schiffen verantwortlich. US-Außenminister Mike Pompeo spricht von einer "nicht hinnehmbaren Eskalation der Spannung durch den Iran". Großbritannien und Saudi-Arabien teilen diese Einschätzung. Der Iran weist alle Anschuldigungen zurück.

Verwirrung um Drohnen-Abschuss

20. Juni: Die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) teilen mit, man habe in der südiranischen Provinz Hormusgan eine US-Spionage-Drohne abgeschossen. Aus Regierungskreisen in Washington verlautet dagegen, die Drohne sei im internationalen Luftraum in der Straße von Hormus unterwegs gewesen. "Iran macht einen sehr großen Fehler", twittert Präsident Donald Trump.

Fast genau einen Monat später erklärt Trump, das US-Marineschiff "USS Boxer" habe in der Straße von Hormus eine iranische Drohne abgeschossen. Der Vorfall sei "die jüngste von vielen provozierenden und feindlichen Aktionen des Irans gegen Schiffe, die in internationalen Gewässern operieren", so Trump. Die iranische Regierung reagiert mit Schulterzucken: Man vermisse keine Drohne - weder in der Straße von Hormus noch anderswo.

4. Juli: Der Tanker "Grace 1"wird vor Gibraltar von den Behörden des britischen Territoriums mit Unterstützung der Marine gestoppt. Der Verdacht: Das unter der Flagge Panamas fahrende Schiff sollte Rohöl aus dem Iran illegal nach Syrien liefern. Ende 2011 hatte die EU Sanktionen gegen das Bürgerkriegsland verhängt, die unter anderem ein Ölembargo beinhalten. Der Iran ist ein enger Verbündeter Syriens. Knapp eine Woche nach dem Vorfall droht der iranische Präsident Hassan Rohani London mit "Konsequenzen" für den "törichten Akt". Die "Grace 1" soll nach einem Beschluss des Obersten Gerichtshofs von Gibraltar mindestens bis zum 20. August festgesetzt bleiben.

Die USA planen unterdessen einen internationalen Zusammenschluss, der es Schiffen erlauben soll, die Straße von Hormus sicher zu passieren. Die USA wollen Kommandoschiffe zur Verfügung stellen. Verbündete Länder, die sich der Initiative anschließen wollen, sollen Schiffe für Patrouillen und die Begleitung von Handelsschiffen schicken.

Der Supertanker "Grace 1" in den Gewässern von GibraltarBild: picture-alliance/dpa/AP/M. Moreno

Gut eine Woche nach der Beschlagnahmung der "Grace 1" teilt die britische Regierung mit, drei iranische Schnellboote hätten in der Straße von Hormus versucht, den Öltanker "British Heritage" an der Weiterfahrt zu hindern, so ein Regierungssprecher. Das Kriegsschiff "HMS Montrose" habe interveniert und die iranischen Crews aufgefordert, sich zurückzuziehen. Der Iran streitet die Vorwürfe ab - und erklärt wenige Tage später, er habe in der Straße von Hormus den unter der Flagge Panamas fahrenden Öltanker "Riah" gestoppt und die Besatzung festgenommen. Den Revolutionsgarden zufolge habe das Schiff Treibstoff zur Insel Lark im Persischen Golf schmuggeln wollen.

Die Tankerkrise weitet sich aus

19. Juli: Teheran beschlagnahmt in der Straße von Hormus den britischen Tanker "Stena Impero"und nimmt die 23 Besatzungsmitglieder fest. Die Revolutionsgarden begründen den Schritt mit einem Verstoß gegen "internationale Schiffahrtsregeln". Zudem soll die "Stena Impero" in einen Unfall mit einem Fischerboot verwickelt gewesen sein, was die Crew bestreitet. Der britische Außenminister Hunt droht mit "ernsten Konsequenzen".

Washington kündigt an, US-Soldaten in Saudi-Arabien stationieren zu wollen. Die Maßnahme diene als zusätzliche Abschreckungsmaßnahme, teilt das US-Zentralkommando Centcom mit. Riad, der Erzfeind Teherans, gibt grünes Licht.

Großbritannien strebt unterdessen eine europäische Schutzmission im Persischen Golf an. Er habe bereits mit mehreren Ländern Gespräche über einen solchen Einsatz geführt, sagt Außenminister Hunt nach einer Dringlichkeitssitzung des Krisenkabinetts in London. Die Kaperung der "Stena Impero" sei ein "Akt der Staatspiraterie".

Am 24. Juli informiert Frankreichs Außenminister Jean-Yves Le Drian die Nationalversammlung in Paris über eine geplante Mission zur "Kontrolle und Beobachtung der maritimen Sicherheit" am Persischen Golf, die von Paris, London und Berlin vorbereitet werde.

22. Juli: Teheran will einen CIA-Spionagering aufgedeckt haben. Das berichtet das iranische Staatsfernsehen unter Berufung auf das Geheimdienstministerium. 17 iranische Staatsbürger seien festgenommen, einige von ihnen bereits zum Tode oder zu langen Haftstrafen verurteilt worden. Die Verdächtigen hätten in Wirtschaft, Militär, Atomenergie und anderen Bereichen geheime Informationen gesammelt, heißt es. US-Präsident Donald weist die Berichte als falsch zurück. "Null Wahrheit. Bloß mehr Lügen und Propaganda", schreibt er auf Twitter.

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