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Reise

Die Touristen und der Trump-Effekt

Frederike Müller
15. Februar 2017

US-Präsident Trumps Einreisebann wird nicht nur vor Gerichten debattiert, sondern auch in der Reisebranche. Vermiest Trump den USA das Urlaubsgeschäft oder trotzen Touristen Trump?

USA New York Freiheitsstatue mit Skyline
Bild: Getty Images/D. Angerer

Das von US-Präsident Donald Trump verfügte und derzeit ausgesetzte Einreiseverbot für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern wirkt abschreckend. Das zumindest teilt der jüngste Bericht eines Reisebranchendienstes mit: Die Analyse von Buchungsdaten durch das Unternehmen ForwardKeys erbrachte, dass die Buchungen von USA-Reisen in den auf den Einreisebann vom 27.1. folgenden Tagen einbrachen. Um 6,5 Prozent weltweit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Für Westeuropa beziffert die Analyse ein Minus von 13,6 Prozent.

Deutsche Reiseveranstalter überrascht

Bei deutschen Reiseunternehmen ruft die Studie Erstaunen hervor, etwa bei der Tui. Europas größter Reiseveranstalter ist auch Marktführer in Deutschland. Hier kann man bislang keinen Rückgang erkennen, weder beim Buchen kompletter Pauschalreisen noch bei einzelnen Reisebausteinen. Im Gegenteil, so Sprecher Mario Köpers: "Zuletzt war der Zuwachs bei US-Reisen zweistellig. Auch 2017 ist das Geschäft gut angelaufen." Seine Kollegen der Tui Group Europa würden ebenfalls keinen Trump-Effekt feststellen, USA-Reisen verkaufen sich nach wie vor gut.

Und Tui ist kein Einzelfall: Das Reiseunternehmen Thomas Cook Deutschland bestätigte der DW auf Nachfrage, ebenfalls keine Buchungsrückgänge zu verzeichnen. Man habe das Angebot sogar ausgebaut. 

Legendäre Route 66 quer durch die USABild: picture alliance/blickwinkel/A. Held

Momentaufnahme oder Trend?

Auch Torsten Schäfer vom Deutschen Reiseverband (DRV) sieht bislang keinen Rückgang der Buchungszahlen. Im Gegenteil: seit Oktober ziehen US-Reisen wegen der günstigen Flugpreise sogar an, so Schäfer: "Für viele Deutsche ist eine USA-Reise die Erfüllung eines Lebenstraums: einmal New York sehen oder auf der Route 66 fahren."  
Schäfer vermutet, dass die rückläufigen Zahlen der ForwardKeys-Untersuchung eher durch Geschäftsreisende als durch Urlaubsreisende verursacht worden sind. Er schätzt die Ergebnisse als Momentaufnahme ein. Frühestens im März könne man wirklich beurteilen, ob Trumps Politik Einfluss auf die Reisebuchungen in die USA hat oder nicht. 

Russen entdecken USA

Trotzdem lassen sich an der ForwardKeys-Analyse Tendenzen für einzelne Regionen ablesen. Etwa für Russland. Das Land spielte bis 2015 kaum eine Rolle für den US-Tourismus, war laut der U.S. Travel Association nicht mal unter den Top 20. Für Osteuropa und Russland zusammen verzeichnet ForwardKeys nun ein Plus von 15,8 Prozent direkt nach dem Einreisebann. 

Der Verband der Reiseanbieter Russlands hat gegenüber der DW einen Zuwachs im US-Tourismus bei individuellen Reisen bestätigt. Ohne konkrete Zahlen zu nennen. Die Russen würden traditionell Anfang Januar in den Winterferien nach New York zum Shopping reisen. Jetzt komme der Trump-Effekt hinzu: Der US-Präsident hat mehrfach angekündigt, das Verhältnis zu Russland verbessern zu wollen. Das wirke sich positiv auf das Reiseklima aus. 

John F. Kennedy International Airport in New YorkBild: picture alliance/AP Images/A. F. Yuan

Reaktionen aus der muslimischen Welt

Bislang waren Reisende aus dem Nahen und Mittleren Osten eine ernstzunehmende Größe im US-Tourismus: 2,6 Millionen kamen nach Angaben des Global Muslim Travel Index (GMTI) 2014 in die USA. Auch aus Israel, Saudi-Arabien und der Türkei, also aus Ländern, die nicht unter den Reisebann Trumps fallen. Die Zahlen sind erwartungsgemäß nach dem Reisebann eingebrochen: laut ForwardKeys-Analyse gingen die Buchungen im Nahen und Mittleren Osten um 37,5 Prozent zurück, in den vom Bann betroffenen sieben Ländern (Irak, Syrien, Libyen, Somalia, Sudan und Jemen) gar um 80 Prozent.

Die Reiseindustrie fürchtet, dass sich nicht nur Reisende aus muslimischen Ländern, sondern aus aller Welt in den USA nicht mehr willkommen fühlen könnten. Vor allem Reisende aus Mexiko. Präsident Trumps Ankündigung des Mauerbaus und seine Kampagne gegen Mexiko dürften viele Mexikaner nicht gerade von den USA als nächstem Urlaubsziel überzeugt haben. Dabei sind die Mexikaner mit mehr als 18 Millionen Besuchern pro Jahr bislang die zweitgrößte Touristengruppe in den USA, direkt nach den Kanadiern. 

Warnung vor Abschottung 

Unlängst warnte der Direktor der Welttourismusorganisation UNWTO, Taleb Rifai, als Reaktion auf Trumps Einreisestopp-Dekret: "Abschottung und diskriminierende Maßnahmen anstelle von besseren Sicherheitsvorkehrungen werden Spannungen und Bedrohungen wachsen lassen." Der Einreisestopp widerspreche den Prinzipien der Reisefreiheit und beeinträchtige das Wirtschaftwachstum der Tourismusbranche, so Rifai weiter. 

Es ist ein Angstszenario für die US-Reiseindustrie. Sie hat sich erst 2010 von den Rückschlägen erholen können, die der US-Tourismus in Folge von Terrorgefahr und verschärften Sicherheitsvorkehrungen nach 9/11 und später dem Irak-Krieg hinnehmen musste. Ob der psychologische Effekt des Reisebanns kurz oder langanhaltend sein wird, hängt auch von Trumps weiterer Politik ab.