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Politik

Die UN, Israel und der Siedlungsbau

27. Dezember 2016

Nach der Resolution zum israelischen Siedlungsbau sind die Beziehungen zwischen Israel und den Vereinten Nationen angespannt - und die Empörung groß. Auch innerhalb des Landes wird heftig diskutiert.

Westbank Siedlung Givat Zeev
Im Ausbau: die Siedlung Givat ZeevBild: Reuters/B. Ratner

Für Danny Danon, Ständiger Vertreter Israels bei den Vereinten Nationen, ist die Sache klar: Mit dem "Ja" zur UN-Resolution, die den israelischen Siedlungsbau verurteilt, hätten die Mitglieder des Sicherheitsrates in Wirklichkeit ein "Nein" ausgesprochen: "Sie sagten 'nein' zu Verhandlungen. Sie sagten 'nein' zu Fortschritt und Chancen auf ein besseres Leben für Israelis und Palästinenser. Und sie sagten 'nein' zur Möglichkeit eines Friedens."

Der israelische Premier Benjamin Netanjahu zeigte sich nach der Resolution höchst entschlossen. Noch für den Tag nach der Entscheidung - dieser fiel ausgerechnet auf Heiligabend - ließ er die Botschafter jener Staaten einbestellen, die für die Resolution gestimmt hatten. Diesen Staaten solle klar gemacht werden, dass sie durchaus mit einer Reaktion Israel rechnen könnten, erklärte die stellvertretende israelische Außenministerin Tzipi Hotovely. Vertreter der an der Abstimmung beteiligten Länder dürften nicht länger "nach Israel pilgern, um etwas über den Kampf gegen Terror, Cyber-Verteidigung und Landwirtschaftstechnologie zu lernen, und dann in der UNO machen was sie wollen". 

In Israel ist die harsche Reaktion umstritten. Die linksliberale Tageszeitung "Haaretz" kritisierte insbesondere die Reaktion Netanjahus. Dieser kappe die Beziehungen zu Staaten, die Israel derzeit wie auch in der Zukunft brauche. "Es ist eines, dass er (Netanjahu, Anm. d. Red.) der Wirklichkeit nicht in die Augen sehen kann und nicht anerkennen will, dass eine Einigung mit den Palästinensern den israelischen Interessen dient. Noch schlimmer ist aber, dass der Premier sein Land in den Abgrund zieht."

Demonstriert Entschlossenheit: der israelische Premier Benjamin NetanjahuBild: Getty Images/AFP/A. Sultan

UN: Hindernis für Zwei-Staaten-Lösung

Zugleich erschien in der konservativen "Jerusalem Post" ein Artikel, der den Gründen nachspürt, die zu dem Abstimmungsergebnis geführt haben. Autorin Michal Hatuel Radoshitzky vom Institute for National Security Studies (INSS) arbeitet vier Faktoren heraus. Erstens bemühten sich die USA um eine neue Rolle im Hinblick auf die palästinensisch-israelischen Beziehungen. Bislang habe Washington im Sicherheitsrat eine schützende Hand über Israel gehalten. Das habe den USA international erhebliche Kritik eingetragen und seine Rolle als Vermittler in den Augen vieler unglaubwürdig gemacht. Das versuche Obama nun zu korrigieren.

Zweitens reagierten die UN auf die Fakten. Die Internationale Gemeinschaft betrachte die Siedlungen als Hindernis auf dem Weg zu einer Zwei-Staaten-Lösung. Dessen ungeachtet habe Israel seine Siedlungspolitik nicht verändert. So verzichte es darauf, zwischen großen Siedlungen nahe der Grenzen auf der einen und weit im palästinensischen Gebiet liegenden Vorposten auf der anderen Seite zu unterscheiden. 

Darin schließe auch der dritte Punkt an: Teile der israelischen Regierungskoalition hätten ihre Ablehnung der Zwei-Staaten-Lösung ausdrücklich bekundet - dies zeige sich an der Gesetzgebung. Viertens dürften auch die schwierigen Beziehungen zwischen US-Präsident Barack Obama und Israels Premier Netanjahu eine Rolle gespielt haben. "Man kann mit einiger Plausibilität annehmen, dass gute Beziehungen, persönliche Zuneigung und gegenseitiges Verständnis der beiden Führer diese Entscheidung hätte verhindern können."

Die Siedlung Givat Zeev im WestjordanlandBild: Reuters/B. Ratner

Die Entwicklung lege vor allem einen Schluss nahe, so Hatuel Radoshitzky: "Die israelische Führung täte gut daran, ihre Politik im Rahmen der nächsten fünf Jahre und darüber hinaus abzuwägen. Wenn sie die Absicht hat, den Ausbau der Siedlungen – der grenznahen wie grenzfernen – beizubehalten, sollte sie das ausdrücklich aussprechen." 

Reaktionen der Palästinenser

Die palästinensischen Medien äußerten sich zufrieden über die UN-Entscheidung. Wenn Israel die internationale Gemeinschaft nun zur Rechenschaft ziehen wolle, stelle es die Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse geradezu auf den Kopf, heißt es in einem Kommentar der in Ramallah erscheinenden Tageszeitung "Al Hayat al-Jadida". Auch die in Jerusalem erscheinende Zeitung "al Quds" äußerte sich zufrieden. Die Entscheidung weise in eine gute Richtung und ermutige dazu, den diplomatischen Druck auf Israel auf allen Ebenen fortzusetzen. Verfrühter Optimismus sei allerdings fehl am Platz. Zunächst gelte es die Folgen des Regierungswechsels in den USA abzuwarten.

Israel hatte zuletzt in den Auseinandersetzungen mit den UN einen schweren Stand. Noch im Oktober hatten die UNESCO eine Resolution angenommen, die den jüdischen Charakter des Jerusalemer Tempelberges komplett negiert. Darin wird der Ort lediglich als muslimische Stätte mit dem Namen "Al-Aksa Moschee/Al-Haram Al-Scharif und Umgebung" bezeichnet.

Schon jetzt versuchen Unterstützer der Palästinenser, israelische Offizielle vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag zu verklagen. Und auf zivilgesellschaftlicher Ebene versucht das umstrittene Aktionsbündnis BDS ("Boycott, Divestment, Sanctions"). Verbraucher, Künstler, Universitäten und andere dazu zu bringen, keine Beziehungen zu Israel zu pflegen.

"Lügen und Täuschungsmanöver offenlegen"

Vorläufig geht es aber um die Auseinandersetzung mit der UN-Resolution der vergangenen Woche. Die Zeitung "Arutz Scheva" - sie gilt als Sprachrohr der Siedler - empfiehlt eine offene Diskussion. "Wir sollten die Lügen und Täuschungsmanöver der Radikalen und jener offen legen, die unter ihrem Einfluss stehen. Dies sollten wir tun, indem wir möglichst vielen Menschen die Fakten und die Wahrheit mitteilen, die auf ernst zunehmenden und verantwortlichen Fakten beruhen." Aus israelischer Sicht drängt die Zeit. Am 15. Januar des kommenden Jahres findet in Paris ein Außenministertreffen statt. Ganz oben auf der Agenda: der palästinensisch-israelische Konflikt.

 

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika
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