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Politik

Die US-Flagge - kein gewöhnliches Stück Stoff

26. Juli 2019

Der US-Botschafter in Berlin hisst die Regenbogenfahne - das sorgt für Streit: Der Fahnenmast ist nur für die US-Flagge da! Warum nehmen die Amerikaner alles, was mit ihrer Flagge zu tun hat, so ernst? Ein Erklärversuch.

Die US-Flagge über einer Regenbogenflagge an der US-Botschaft in Berlin
Bild: picture-alliance/dpa/J. Carstensen

Aufruhr um die US-Botschaft in Berlin: An einem Seitenmast des Gebäudes weht unter der US-Flagge auch die Regenbogen-Fahne, das Symbol der Lesben- und Schwulenbewegung. US-Botschafter Richard Grenell, der offen homosexuell ist, hat das Hissen der bunten Fahne diese Woche veranlasst, als Vorbereitung auf den Christopher Street Day (CSD) diesen Samstag.

Für den CSD, an dem Mitglieder der LGBTQ-Community Liebe und Toleranz feiern, wurde die Botschaft auch noch mit anderen Mitteln in Regenbogenfarben dekoriert, wie ein Video auf Twitter zeigt. Aber die Flagge sorgte für besonderes Aufsehen.

In den USA wird der Juni als "Pride Month" begangen, also als Monat, in dem die Rechte von LGBTQ-Menschen und die Toleranz ihnen gegenüber gefeiert wird. Die Regierung von US-Präsident Donald Trump hatte ihren Botschaften auf der ganzen Welt untersagt, während des Pride Month die Regenbogenfahne zu hissen. Diese Regelung gilt auch weiterhin. Botschafter Grenell wies extra darauf hin, dass die Flagge vor der Botschaft in Berlin weht - und nicht am Hauptmast auf dem Dach des Gebäudes.

Doch gegessen ist die Sache damit nicht. Das US-Außenministerium hatte am 10. Juni klargestellt, dass Fahnenmasten ausschließlich für die US-Flagge vorgesehen sind. Die Regenbogenfahne könne ja anderswo in den Botschaftsgebäuden präsentiert werden. Was diese Episode verdeutlicht: Die US-Amerikaner verstehen keinen Spaß, wenn es um ihre Flagge geht.

Das Star-Spangled Banner

Die US-Fahne mit den Sternen und Streifen stammt aus der Zeit des Unabhängigkeitskriegs gegen die Briten. 1777 legten die 13 Staaten an der Ostküste der heutigen USA fest, dass ihre Fahne 13 Streifen, abwechselnd in rot und weiß, zeigen sollte: ein Streifen für jede ehemalige Kolonie. Zudem waren in der oberen linken Ecke 13 weiße Sterne auf blauem Grund zu sehen, die die Einheit der 13 Staaten repräsentierte. Auf der heutigen US-Flagge sind es 50 Sterne, einer für jeden Bundesstaat; die 13 Streifen sind geblieben. Wichtig dabei: Der oberste Streifen ist rot, dann geht es im Wechsel weiter.

Die Flagge ist allgegenwärtig

Die US-Amerikaner lieben ihre Flagge. Wenn man außerhalb der Großstädte durch die USA fährt, sieht man viele Wohnhäuser, vor denen die "Stars and Stripes"-Fahne hängt, und zwar im Großformat. In öffentlichen Gebäuden wie Behörden oder Schulen ist die Flagge natürlich ebenfalls vertreten. In vielen Schulen erheben sich außerdem alle Schüler und Lehrer tagtäglich für den "Pledge of Allegiance", den an die Fahne gerichteten Treueschwur. Er beginnt mit den Worten "Ich schwöre Treue der Fahne der Vereinigten Staaten von Amerika, und der Republik, für die sie steht." Daraus wird klar: Die Fahne ist nicht nur ein Stück Stoff. Sie ist Sinnbild des Patriotismus, den viele US-Amerikaner unabhängig von politischen Fragen leben.

Präsident Donald Trump hat die US-Flagge sehr, sehr gernBild: picture-alliance/Katopodis

Flaggengesetz

Da dem Sternenbanner eine so hohe Bedeutung beigemessen wird, gibt es selbstverständlich genaue Regeln, wie mit ihr umzugehen ist. Diese sind im Flaggengesetz der Vereinigten Staaten festgeschrieben, und zwar in zehn ausführlichen Paragrafen. Unter anderem ist gesetzlich festgelegt, dass man beim "Pledge of Allegiance" der Fahne zugewandt stehen muss, mit der rechten Hand auf dem Herzen. Die Flagge sollte von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang hängen. Wer sie auch nachts wehen lassen möchte, muss dafür sorgen, dass sie angemessen beleuchtet ist. An Tagen mit Unwetter sollte die Flagge nicht gehisst werden, es sei denn, es handelt sich um eine spezielle Allwetter-Flagge.

Der erste Satz von Paragraf 8 fasst es gut zusammen: "Der Flagge der Vereinigten Staaten von Amerika darf nicht mit Respektlosigkeit begegnet werden." Das umfasst unter anderem folgende Regelungen:

- Die Flagge darf niemals den Boden berühren.

- Die Flagge darf niemals kopfüber, also mit den Sternen nach unten, aufgehängt werden, außer man schwebt in Lebensgefahr und möchte so auf seine Notsituation aufmerksam machen.

- Die Flagge darf niemals als Kleidungsstück getragen werden. Klingt verwirrend? T-Shirts oder Hemden, auf denen das Sternenbanner zu sehen ist, sind erlaubt. Aber eine Flagge, die vorher an einem Fahnenmast hing, beispielsweise in ein Kleid umzufunktionieren, ist verboten.

Die Flagge, die auf dem Sarg eines verstorbenen Soldaten liegt, darf nicht mit beerdigt werden. Sie wird stattdessen einem Familienmitglied überreicht. Bild: picture-alliance/dpa/epa/S. Thew

Die tapferen Flaggenschützer von Perkins

Diese Gesetze existieren nicht nur auf dem Papier. Im April 2018 zeigten Angestellte eines Restaurants der Fast-Food-Kette Perkins im US-Bundesstaat Wisconsin, wie ernst es ihnen dem Respekt vor der Flagge ist. Ein selbst für den nördlichen Bundesstaat ungewöhnlich heftiger Blizzard riss den Fahnenmast vor dem Restaurant zu Boden. Die Befestigung der Flagge war aber immer noch zu hoch, um die Fahne einfach abnehmen zu können. "Ein Angestellter stand draußen und hielt die Flagge über dem Boden, in all dem Wind, Eis, Schnee", erinnert sich Anwohnerin Brittney Maehl, die das Ereignis mit ihrer Kamera festhielt. "Das hat mich sehr bewegt."

Carla Bleiker Redakteurin, Channel Managerin und Reporterin mit Blick auf Wissenschaft und US-Politik.@cbleiker
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