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Politik

USA: Die Nein-Sager an der Regierung

Michael Knigge
28. März 2017

Barack Obamas Gesundheitsreform abschaffen - das war Hauptziel der Republikaner. Nachdem sie damit krachend gescheitert sind, wollen sie nun die Steuern senken. Doch auch das wird schwierig und könnte sich noch rächen.

Mike Pence, Donald Trump und Paul Ryan (v.l.n.r.) (Foto: AP)
Präsident Donald Trump - mit seinem Vize Mike Pence (l.) und dem Repräsentantenhaus-Vorsitzenden Paul Ryan Bild: picture-alliance/AP Photo/J. Lo Scalzo

Sieben Jahre lang zogen die US-Republikaner mit dem Versprechen durch das Land, die bei den Konservativen so verhasste Gesundheitsreform von Präsident Barack Obama abzuschaffen und durch eine bessere Variante zu ersetzen. Doch als sich dann endlich die Gelegenheit bot, ihr Kernversprechen umzusetzen, konnte die Partei nicht einmal die erste Hürde im US-Repräsentantenhaus nehmen, obwohl sie dort über eine deutlich komfortablere Mehrheit verfügt als im US-Senat, der zweiten Parlamentskammer.

Als Erklärung für die Blamage führte der Sprecher der Partei im Repräsentantenhaus, Paul Ryan, die fehlende Regierungserfahrung der Republikaner an. Doch das stimmt nur teilweise. Zwar stellten die Demokraten mit Obama seit 2009 den Präsidenten, aber die Republikaner kontrollieren seit 2011 das Repräsentantenhaus und seit 2015 den Senat. Im geteilten amerikanischen Regierungssystem verfügt die Partei, die nun seit zwei Jahren beide Kammern des Kongresses führt, damit über eine sehr starke Position, die sie allerdings fast nur zur Totalblockade der Politik des früheren Präsidenten einsetzte.

"Es fällt ihnen nicht nur schwer zu regieren, sondern es ist einfach so, dass sie die vergangenen acht Jahre einfach zu faul waren und sich nicht darauf vorbereitet haben", sagt Norman Ornstein, der sich beim Thinktank American Enterprise Institute (AEI) mit amerikanischer Politik und Parteien befasst.

Kompromisslos zum Erfolg

Sich trotz Kongressmehrheit als Oppositionspartei zu geben, ging für die Partei - abgesehen von der Niederlage bei der Präsidentschaftswahl 2012 - jahrelang nicht nur gut, zahlreiche Abgeordnete bauten darauf sogar ihre politische Karriere auf. Unterstützt von einem stark wachsenden Angebot an extrem konservativ ausgerichteten Medien wie Fox News oder Breitbart, die jeden von ihnen als Abweichler von der wahren Lehre empfundenen Republikaner öffentlich brandmarken und zu seinem Sturz aufrufen, gelang Politikern wie Dave Brat aus Virginia der Aufstieg. Brat schrieb 2014 Geschichte, als es ihm als erstem Herausforderer seit 1899 gelang, den Mehrheitsführer der Republikaner im Repräsentantenhaus, Eric Cantor, in der parteiinternen Vorwahl zu besiegen.

Nicht mehr im Parlament: Eric CantorBild: Reuters

"Einige Abgeordnete machen Karriere, indem sie einfach extreme harte Positionen einnehmen und als total kompromisslos gelten, sagt David Karol, Politikwissenschaftler an der University of Maryland mit Schwerpunkt US-Politik und Parteienforschung. "Manche von ihnen wollen einfach immer mit Nein stimmen." Und genau für diese Haltung werden sie in ihren oft extrem konservativ ausgerichteten Heimatwahlkreisen gewählt. Für viele Republikaner ist die Vorwahl gegen einen womöglich noch konservativeren Gegner viel schwieriger als die danach anstehende eigentliche Wahl gegen einen oftmals chancenlosen Demokraten.  

Wegen dieser Nein-Fraktion, die im Repräsentantenhaus auch, aber nicht nur die frühere Tea Party- und heutige Freedom Caucus-Gruppe umfasst, könnte sogar die nun angestrebte große Steuerreform - eigentlich ein weiteres Leib- und Magen-Thema der Republikaner - schwierig werden. Denn das Scheitern der republikanischen Gesundheitsreform, die eigentlich bereits eine Steuersenkung beinhalten sollte, macht nun auch eine Steuerreform deutlich komplizierter. Da die Partei jetzt aber dringend einen "quick win", also einen schnellen Erfolg braucht, um zu zeigen, dass sie regieren kann, wird bereits über ein deutlich abgespecktes Steuerpaket gesprochen. Statt einer umfassenderen Steuerreform, die traditionell schwierig und langwierig umzusetzen ist, könnte man sich nun einfach auf Steuersenkungen konzentrieren.    

Einigkeit durch Steuersenkungen 

"Das ist eine Partei, die ihren Ruf auf einer verantwortlichen Steuerpolitik aufgebaut hat und dies nun möglicherweise für einen kurzfristigen Sieg über Bord wirft", sagt dazu AEI-Experte Ornstein, denn die nun angedachten Steuersenkungen wären wohl entweder nicht vollständig oder kaum gegenfinanziert. Doch selbst die geplanten Steuersenkungen für Unternehmen und auf Einkommen sind seiner Ansicht nach kein Selbstläufer.

Analysiert die US-Politik: Norman J. OrnsteinBild: AEI/Jay Westcott

"Von der Mehrheit der angedachten Steuersenkungen profitieren entweder direkt die Unternehmen oder die wohlhabendsten unter uns", betont Ornstein. Diese könnte es manchen Mitgliedern des Freedom Caucus schwer machen zuzustimmen; und es könnte auch bei vielen Trump-Anhängern für Unmut sorgen.

Zwar haben einige Republikaner und auch Präsident Donald Trump nach der Niederlage bei der Gesundheitsreform eine vorsichtige Öffnung hin zu den Demokraten angedeutet, aber das dürfte bei der ideologischen Starrheit eines Großteils der Partei, speziell im Repräsentantenhaus, heikel werden. Zudem hat auch Donald Trump seit seinem Amtsantritt keine Gelegenheit ausgelassen, die Oppositionspartei anzugreifen statt auf sie zuzugehen.  

Konservativ oder radikal

Eine grundlegende Annäherung an die Demokraten ist auch deshalb schwierig, weil selbst die als gemäßigte Fraktion innerhalb der Partei geltende Tuesday Group - einst ausdrücklich als Gegengewicht zu den Konservativen im Repräsentantenhaus gegründet - diesen Titel nicht mehr verdient. "Die Tuesday Group ist eigentlich keine gemäßigte Gruppierung", sagt Ornstein. "Es gibt keine Gemäßigten, außer vielleicht Charlie Dent (einem ihrer Vorsitzenden, die Red.), die anderen sind nach jeder vernünftigen Definition sehr konservativ. Der Gegensatz zwischen den Republikanern im Repräsentantenhaus heutzutage besteht nicht zwischen Gemäßigten und Konservativen, sondern zwischen Konservativen und Radikalen."

Zwar werden die Republikaner und Präsident Trump, wie bereits bei der Abstimmung zur Gesundheitsreform geschehen, versuchen, die Demokraten für politische Misserfolge verantwortlich zu machen, aber das, glaubt Ornstein, könnte nach hinten losgehen. "Wenn Du jetzt den Senat, das Repräsentantenhaus und die Präsidentschaft kontrollierst und die Abschaffung von Obamacare, eine große Steuerreform, die Rückkehr der Arbeitsplätze in den Kohlegruben versprochen hast und ganz generell, dass Du das Leben der Menschen verbessern wirst, dann wirst Du dafür auch verantwortlich gemacht."

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