Die USA sorgen sich um ihr Image
1. Oktober 2005Das Fazit klingt ernüchternd. Die Welt sehe in Amerika inzwischen "weniger einen Leuchtturm der Hoffnung als vielmehr eine gefährliche Macht, der es etwas entgegenzustellen gilt", heißt es im Bericht eines Beratungskomitees des US-Außenministeriums, der diese Woche veröffentlicht wurde. "Wir haben jenes Wohlwollen der Welt verloren, ohne das es immer schwieriger wird, die Außenpolitik zu gestalten." Der Befund deckt sich mit anderen Untersuchungen. So ergab im Juni eine Studie des Washingtoner Pew Forschungszentrums, für die 17.000 Personen in 16 Ländern befragt worden waren, dass China inzwischen beliebter ist als die USA.
Dies werde von der US-Regierung natürlich auch schon seit längerem wahrgenommen, sagt Robert McGeehan vom Königlichen Institut für Außenpolitik. "Genau deshalb hat der Präsident Karen Hughes beauftragt, zu versuchen, daran etwas zu ändern." Im März hatte George W. Bush seine langjährige Beraterin zur "Staatssekretärin für öffentliche Diplomatie" ernannt. Diese Woche bereiste Hughes Ägypten, Saudi Arabien und die Türkei, wo sie neben Regierungsmitgliedern auch Vertreter von Parteien, Medien, Frauengruppen und weiteren Organisationen traf. Nach der Rückkehr von ihrer Reise zeigte sich Hughes optimistisch, neue diplomatische Kanäle erschließen zu können. "Ich habe zugehört und unterschiedliche Sichtweisen kennengelernt." Sie räumte ein, dass ihre Aufgabe eine "schwierige Herausforderung" sei. Es wäre "naiv", nach einer solchen Reise zu erwarten, dass irgendjemand seine Ablehnung des Irak-Krieges aufgebe, sagte Hughes in Washington. Mehrfach wurde sie für den Irak-Krieg angegegriffen und ein Gespräch mit berufstätigen Frauen in Saudia Arabien war von Missverständnissen geprägt.
Schlecht vorbereitet in den nahen Osten
Der Auftritt von Hughes sei so, als schicke ein muslimisches Land zur Imageverbesserung eine Frau in die USA, die einen schwarzen Tschador trägt, nichts über die USA weiß und außer einem gebrochenen "Good Morning" kein Englisch spricht, schrieb das Online-Magazin Slate. "Das ist ein wenig übertrieben", findet Robert McGeehan. Denn Hughes sei die richtige Frau für den Job: "Sie ist intelligent, spricht eine klare Sprache, versteht die Natur des Problems und steht Präsident Bush sehr nahe." Dass sie die wichtigste Oppositionspartei Ägyptens nicht kannte, zeige freilich, dass sie schlecht vorbereitet war: "Wahrscheinlich muss Frau Hughes ihre Hausaufgaben besser machen."
Serpil Sancar Üsür vom Zentrum für Frauenstudien an der Universität Ankara, die bei einem Treffen zwischen Hughes und Vertreterinnen von Frauengruppen in Ankara dabei war, sieht dagegen kein Versagen von Hughes. Denn deren Aufgabe sei unerfüllbar: "Ich glaube, es gibt kein Mittel, mit dem die USA ihr Image verbessern, solange sie ihre Politik nicht ändern."
"Undankbar und illoyal"
"Als die einzige Supermacht ziehen die USA Kritik auf sich, wenn sie wie im Irak Schritte unternehmen, die notwendig sind", sagt der britische Transatlantiker McGeehan. In Europa fehle es oft an Verständnis für die Vereinigten Staaten: "Viele Amerikaner haben das Gefühl, dass die Europäer undankbar und illoyal sind, nachdem sie ein halbes Jahrhundert lang von Amerika beschützt wurden." Doch die US-Regierung habe aus der ersten Legislaturperiode gelernt und bemühe sich seither, den Verbündeten stärker entgegenzukommen.
Ursache der Ansehensverluste sei keineswegs ein Vermittlungsproblem, sagt Peter Rudolf von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin. So sei die internationale Gemeinschaft bereit gewesen, sich am Golfkrieg von 1991 zu beteiligen, weil er eine Folge einer "ganz klaren Aggression" des Irak gewesen sei. Zum Nato-Einsatz in Jugoslawien sei es auch ohne UN-Mandat gekommen, weil er als humanitäre Intervention angesehen worden sei. "Der Irakkrieg dagegen wurde nicht als notwendig angesehen - die amerikanischen Begründungen klangen in europäischen Ohren extrem fragwürdig."
"Kraft des Guten"
Im amerikanischen Selbstverständnis seien die USA eine "Kraft des Guten"; das Problem werde primär darin gesehen, dass dies viele dies nicht verstünden, erklärt Rudolf. "Andererseits wird nicht wahrgenommen, dass die amerikanische Politik - bedingt durch den Rahmen, in dem die Außenpolitik operiert - in vielen Bereichen tatsächlich anstößig ist." Nach dem Folterskandal von Abu Ghoreib etwa wäre ein entschiedenes Vorgehen nötig gewesen, stattdessen seien nur Soldaten der untersten Dienstgrade bestraft worden.
Abu Ghoreib ist ein Stichwort, das auch in dem Bericht des US-Außenministeriums zum Ansehensverlust des Landes genannt wird. Die Erosion der Glaubwürdigkeit müsse aufgehalten werden, ansonsten könne sich der weltweite Einfluss der USA nur auf wirtschaftliche und militärische Macht stützen, warnen die Berater. Als Mittel zur Umkehrung des Trends empfehlen sie höhere Ausgaben für öffentliche Diplomatie, eine erweiterte Ausbildung von Botschaftsbeamten und eine erleichterte Visa-Erteilung für Auslandsstudenten.