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Politik

Die wahren Gewinner von Trumps Nahostplan

30. Januar 2020

Landet Trumps Vorschlag im "Mülleimer der Geschichte"? Obwohl der "Friedensplan" in der arabischen Welt weitgehend auf Ablehnung stößt, bröckelt die Solidarität mit den Palästinensern in der Region.

Palästina Nahost-Plan von Trump - Proteste in Gaza
Graffiti aus dem Gaza-StreifenBild: picture-alliance/dpa/ZUMA Wire/M. Issa

Könnte es sein, dass der eigentliche Gewinner des von US-Präsident Donald Trump präsentierten Jahrhundert-Deals weder die Israelis noch die Palästinenser, sondern die Iraner sind? Zumindest deren politische Führung? Diese These vertritt der einflussreiche Publizist Abdel Bari Atwan, Chefredakteur der digitalen Nachrichten- und Meinungswebsite "Rai al-Youm".

Atwan ist nicht nur bekannt für seine spitze Feder und seine überaus kritische Haltung gegenüber der israelischen Palästina-Politik. Als die wichtigsten Einzelheiten des "Friedensplans" von US-Präsident Trump gerade verkündet wurden, hatte er seinen Kommentar bereits geschrieben.

Die Palästinenser hätten den Eindruck, dass sie nun Israel und den USA gleichermaßen gegenüber stünden, lautete sein Fazit. Und diesen Eindruck hätten nicht nur sie, sondern weite Teile der arabischen Welt. Diese würden sich nun mit den Palästinensern solidarisieren und sich mangels einer anderen den Palästinensern gewogenen Führungsmacht um die Regierung in Teheran scharen.

"Trump wird Nahen Osten verlieren"

Atwan greift in seinem Kommentar die Annäherung kleinerer Fraktionen im Gazastreifen an den Iran auf. So hat die palästinensische Extremistengruppe "Islamischer Dschihad" enge Beziehungen nach Teheran und wird nach Informationen des "Europäischen Rats für Auswärtige Beziehungen" von der dortigen Führung sogar finanziert.

Über diese Beziehung könnte sich der Iran einen Ruf als Schutzmacht der Palästinenser aufbauen - ein Image, das weit über die palästinensischen Grenzen hinaus für alle jene attraktiv sein dürfte, die den Nahostkonflikt nicht mit Diplomatie, sondern Gewalt lösen wollen. "Trump wird mit diesem Deal definitiv den israelischen Besatzungsstaat gewinnen", schreibt Atwan. "Aber er wird den Nahen Osten und den größten, wenn nicht sogar den gesamten Teil der islamischen Welt verlieren."

Brennende Reifen in Gaza: Protest gegen den Friedensplan von US-Präsident Trump Bild: Imago Images/ZUMA Press

Doch längst nicht alle Kommentatoren beurteilen die Lage so wie Atwan. Andere Zeitungen begrüßen den Plan – so etwa der von saudischen Finanziers unterhaltene Nachrichtensender "Al-Arabiya". Auch dort gilt der Iran allerdings als eine einflussreiche Macht, wenn auch auf ganz andere Weise.

"Israels bester Verbündeter ist der Iran", heißt es in einem Kommentar auf der Website des Senders. Denn Teheran habe bereits zuvor Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern torpediert. "Über von Teheran beeinflusste palästinensische Gruppen haben die Iraner dafür gesorgt, dass alle vorhergehenden Friedensbemühungen in Misserfolgen endeten. Sie taten das, indem sie bei Friedensverhandlungen unermüdlich das Vertrauen zerstörten. Dazu befestigten sie Bomben unter PKWs, verbreiteten Chaos durch Proxy-Milizen oder stellten die Legitimität des (2004 verstorbenen, Anm. d. Red.) Präsidenten Yassir Arafats infrage."

Beide Kommentare zeigen, welche potentiellen Auswirkungen der von Präsident Trump vorgestellte Plan haben könnte. Läuft es schlecht, könnte er den Nahost-Konflikt verschärfen. Der Konflikt könnte sogar zu einem weiteren Glied in der Kette der iranisch-saudischen Rivalitäten werden, die derzeit in Form von Stellvertreterkriegen in Syrien, im Jemen und im Irak ausgefochten werden. 

Ablehnung in den Autonomiegebieten

In den palästinensischen Autonomiegebieten ist die Stimmung, gemessen an den dort erscheinenden Zeitungen, ohnehin bereits aufgeheizt. "Kurz gesagt ist Präsident Trumps Friedensplan für die Region genau das, was die israelische Rechte will", heißt es in der in (Ost-)Jerusalem erscheinen Zeitung "Al-Quds". "Er achtet weder die Rechte der Palästinenser, noch die internationale Rechtslage noch die Resolutionen der Vereinten Nationen."

Noch schärfer kommentiert die in Ramallah herausgegebene Zeitung "Al Ayyam". Das eigentliche Ziel des Plans sei es, die Ansprüche der Palästinenser – genauer: das palästinensische Narrativ auszulöschen. "Es geht darum, das natürliche, politische und juristische Recht der Palästinenser in Palästina auszulöschen und stattdessen ausschließlich das jüdische – also zionistische - Narrativ anzuerkennen. Wir als Palästinenser sind nichts als Bewohner dieses Landes."

Die palästinensische Führung selbst zeigte sich dem Plan gegenüber ablehnend. Bereits am Dienstagabend äußerte sich Präsident Mahmud Abbas. Er habe "vielversprechende (internationale) Reaktionen gegen den Trump-Plan gehört. Wir werden darauf aufbauen", erklärte er. Der Plan werde "im Mülleimer der Geschichte landen". Die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas bezeichnete den Plan als Unsinn und kündigte an, ihn "mit allen Mitteln" zu bekämpfen.

Abbas wird zunächst zu einem Treffen der Arabischen Liga nach Kairo und von dort in weitere andere arabische Länder reisen. Er werde "Unterstützung und Rückendeckung für die palästinensische Position fordern, um dem Druck stand zu halten", erklärte der palästinensische Außenminister Riyad al-Maliki gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.

Zurückhaltung in Riad und Kairo

Ob er diese überall erhält, ist offen. Denn längst stehen nicht mehr alle arabischen Staaten uneingeschränkt zur Sache der Palästinenser. Insbesondere der Konflikt der Golfstaaten, allen voran Saudi-Arabiens und der Vereinigten Arabischen Emirate mit dem Iran, hat alte politische Koalitionen aufgebrochen. Insbesondere die Regierung in Riad, aber nicht nur sie, ist auf Israel zugegangen. Beide Länder eint die Sorge eines erstarkenden Irans. Entsprechend zurückhaltend zeigte man sich in Riad. Man werde den Vorschlag prüfen, hieß es dort. Gleichzeitig rief der saudische König Salman allerdings Präsident Abbas an und sicherte ihm die Unterstützung beim Kampf für die Rechte der Palästinenser zu.

Auch Ägypten zeigte sich  zurückhaltend. Man werde eine "sorgfältige und gründliche Prüfung" des Plans vornehmen, hieß es in Kairo. Deutlich positionierte sich indessen die syrische Regierung. Sowohl Machthaber Baschar al-Assad als auch sein Vater Hafiz al-Assad präsentierten sich immer wieder als Vorkämpfer gegen Israel.  Der von Trump präsentierte Plan sei "ein Rezept, um vor der Macht ergreifenden ("usurping") Besatzung in die Knie zu gehen", hieß es aus Damaskus.

Kersten Knipp Politikredakteur mit Schwerpunkt Naher Osten und Nordafrika