1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen

Das Bauhaus und die USA

30. März 2009

Das Bauhaus war nicht nur eine legendäre Akademie sondern auch ein Exportschlager. Der Nimbus strahlte bis in die USA. Dorthin emigrierten viele der Avantgardisten und wurden dort begeistert empfangen.

Walter Gropius posiert vor einem Hochhaus in den USA
Das Chicago Tribune Building - ein Entwurf vom "Silberprinzen" Walter GropiusBild: AP

"Wie sie sich vor ihnen in den Staub warfen! Welche Huldigungen!" schrieb der amerikanische Schriftsteller und Kritiker Tom Wolfe über die Ankunft der "Weißen Götter", wie er die Bauhaus-Pioniere in seiner berühmten Polemik "From Bauhaus to our house" nannte. Walter Gropius – den er den "Silberprinzen" taufte - kam 1937, nach einem kurzen Zwischenstopp in London, nach New York. Auf Druck der Nationalsozialisten wurde das Bauhaus in Dessau 1932 und 1933 in Berlin geschlossen. In den Vereinigten Staaten rollte man den Stilpionieren aus Deutschland den roten Teppich aus. Gropius, Chef-Utopist des Bauhaus, wurde umgehend zum Professor an der Harvard-Universität berufen und übernahm ein Jahr später die Leitung des Architekturdepartments am "Graduate Centre for Design". Seinen Assistenten brachte er ebenfalls aus Deutschland mit: Marcel Breuer, der nicht nur mit seinen berühmten Freischwingern auftrumpfte, sondern auch das Whitney Museum of American Art in New York bauen sollte.

Internationale Stars der Avantgarde

Whitney Museum of American ArtBild: AP

Die Emigranten aus Deutschland – sie waren schon Stars noch bevor sie die Neue Welt überhaupt erreichten. Bereits 1929 hielt Alfred Barr, einer der Mitbegründer des Museum of Modern Art in New York eine frenetische Rede auf das Bauhaus. Er wollte die Ideen des Bauhaus in die amerikanische Kultur holen. Die Bauhaus-Schüler Andreas Feininger, Herbert Bayer und Xanti Schawinsky durften im amerikanischen Pavillon auf der Weltausstellung 1939 ausstellen. Für ihren Ruhm hatten Gropius und seine Mitstreier selbst gesorgt. Sie betrieben eine wahre Propaganda-Maschinerie: gaben Radiointerviews, schrieben Manifeste, publizierten jede Menge Texte über ihre Visionen. So kam es, dass ihnen ihr Ruf vorauseilte und sie ohne Probleme in den USA Fuß fassen konnten. Erste Zeugnisse ihres Neuen Bauens hinterließen Gropius und Breuer in Lincoln, Massachusetts, wo sie sich in unmittelbarer Nachbarschaft kleine Villen mit Flachdach und Fensterband errichteten. Beide "Meisterhäuser im amerikanischen Stil" sollten Musterbeispiele für potentielle Kunden sein. Die standen in den 50er Jahren prompt Schlange: Gropius baute das Pan American World Airlines Building in New York sowie zahllose andere Bürohochhäuser.

Dogmatische Lehrer, hörige Schüler?

Wie sehr sich die Bauhaus-Riege in den USA durchzusetzen wusste, beschreibt Tom Wolfe folgendermaßen: "Bei Null anfangen" sei ihr strenges Gebot gewesen, dazu hätten sie ein "System der Unterweisung" eingeführt. Über Wolfes polemische Thesen kann Annemarie Jaeggi, Leiterin des Bauhaus-Archivs in Berlin, nur schmunzeln. Sie bezeichnet Tom Wolfes Pamphlet als "Zuspitzung", das auf weite Strecken nichts als "Mumpitz" verbreite. Von einer "Kolonisierung" könne nicht die Rede gewesen sein, schließlich habe es moderne Architektur auch schon vor der Ankunft der "Weißen Götter" gegeben.

Das neue Bauhaus sollte wie das alte sein

Tom Wolfes Streitschrift mag der Wahrheit nahe kommen oder nicht – auch in anderen Städten der USA setzte sich die Bauhaus-Idee überraschend schnell durch. In Chicago entstand unter der Leitung von Laszlo Moholoy-Nagy das New Bauhaus. Genau wie das Vorbild in Dessau etablierte der Ungar dort eine Synthese der Künste: Im Vorkurs – getreu dem Bauhausprogramm in Dessau – wurde eine "Form von Reinigung betrieben, bei der die Schüler vorgefasste Urteile aufgeben sollten und kindlich und naiv an die Arbeit gehen sollten", so Jaeggi. Nach einem Jahr musste das New Bauhaus aus finanziellen Gründen wieder geschlossen werden.

Josef Albers - der Pädagoge mit der PfeifeBild: picture-alliance / KPA/TopFoto

Besser erging es dem Maler Josef Albers. Er emigrierte schon 1933 mit seiner Frau Anni in die USA und bekam einen Ruf an das Black Mountain College in North Carolina. Zu seinen berühmtesten Schülern gehörten Robert Rauschenberg, Willem de Kooning oder Kenneth Noland. "Die Rückführung auf elementare Fragen wie Farbe, Material, Form habe das Urteilsvermögen seiner Schüler geschärft", erläutert Jaeggi die Arbeitsweise von Albers.

Traum vom Wolkenkratzer

Ludwig Mies van der Rohe, einer der bedeutendsten Architekten des 20. Jahrhunderts und dritter Bauhausdirektor in Dessau, kam 1938 als Leiter ans Armour Institute of Technology in Chicago. Dort hielt er die Bauhaus-Ideen weiter am Leben: seine Schülern lernten, weniger ergebnisorientiert zu arbeiten. In seinem "Visual Traning"-Kurs sollten sie ein Verständnis für Materialität und Struktur lernen.

Lake Shore Drive Apartments in ChicagoBild: Jeremy Atherton, 2006

Schon früh interessierte sich Mies van der Rohe für Hochhäuser und beteiligte sich bereits 1920/1921 am ersten Wettbewerb für einen Wolkenkratzer. Einen Höhepunkt bildete die Errichtung des Lake Shore Towers in Chicago - eine Konstruktion aus Glasfassade und Stahltragwerk. Damit realisierte er sich einen Traum, den er in Deutschland so nie hätte verwirklichen können. Mehr noch: schon kurze Zeit später galt Mies van der Rohes Architektur als Inbegriff der modernen Architektur in den USA. Tom Wolfe hatte dafür indes nur Spott übrig: Mies van der Rohes Bauten seien nichts als "Schachteln aus Glas und Stahl".

Autor: Sabine Oelze

Redaktion: Gaby Reucher