Die Wimpern der Marilyn
20. Dezember 2018Sie ist das zeitlose Sexsymbol schlechthin und eine Ikone. Noch zu Lebzeiten werden Marilyn Monroe Attribute zugeschrieben, die sie einzigartig machen, sie auf einen Thron heben. Durch ihren tragischen Tod im Alter von nur 36, der noch immer Fragen aufwirft, wird sie unsterblich. "Die Monroe" bleibt eine Legende, der Hollywood-Star wird zur Leinwand-Göttin.
Norma Jeane Baker, ein schüchternes, braves Mädchen, geboren 1926 in Los Angeles, wächst ohne Eltern in Pflegefamilien und im Kinderheim auf. Sie erfindet sich neu, wird die wasserstoffblondierte Marilyn Monroe und der Stern an Hollywoods Glanzhimmel, die meistfotografierte Frau und das archetypische Sexsymbol des 20. Jahrhunderts.
Hinter der Fassade von Glamour und Sexappeal
Etliche Versuche wurden unternommen, hinter die Fassade von Glamour und Sexappeal, ins innerste Heilige der Göttin zu blicken. Wer ist diese Frau mit dem inneren Strahlen, die, Zeit ihres Lebens geplagt von Selbstzweifeln, für viele das Aschenputtel des 20. Jahrhunderts verkörpert? Es schien notwendig, diese Fragen zu stellen. Hatte doch, so heißt es, Marilyn selbst darunter gelitten, nur als sexy-dummes Blondchen wahrgenommen zu werden. Es war das Amerika der 1940er und 1950er Jahre: Sexualität und Intelligenz schlossen sich aus und die Filmindustrie reduzierte Frauen noch mehr als heute auf ihre körperliche Schönheit.
Über tausend Bücher und etliche Dokumentationen haben sich an dem "Phänomen Marilyn" bislang abgearbeitet. Künstlerkollegen und Freunde werden noch immer zu "der Monroe" interviewt. Immer wieder erscheinen investigative Bücher zu ihrem Tod, die Verbindungen zu dem Kennedy-Clan herstellen und ihren Selbstmord in Frage stellen.
Marilyn - der Mensch
Ziel dieser alternativen Lesarten der Marilyn ist es, den vielfältigen, facettenreichen Menschen hinter der Fassade zu beleuchten. Und ihr Gerechtigkeit zu verschaffen - post mortem. So lehnen Frauenseiten das Image des Blondchens, das durch die Betten von Hollywood gereicht wurde, entschieden ab. Sie wollen in ihr ein Symbol der Emanzipation sehen und zitieren Aussprüche von ihr. Motivationsmantras wie "Ein weises Mädchen küsst, aber liebt nicht, hört zu, aber glaubt nicht und verlässt, bevor sie verlassen wird." Oder "Frauen, die danach streben, mit Männern nur gleichgestellt zu sein, fehlt es an Ehrgeiz". Marilyn, der männerfressende Vamp.
Auch die berechnende Karrierefrau möchte man in ihr sehen. Sie habe sich von ihrem ersten Mann Jim Dougherty, den sie mit 16 Jahren heiratete, um nicht im Waisenhaus leben zu müssen, nach vier Jahren Ehe nur deshalb getrennt, weil sie sonst keine Rolle bekommen hätte, für die nur unverheiratete Frauen in Frage kamen. Später, betont man, habe sie ihre eigene Produktionsfirma, die Marilyn Monroe Productions Inc., gegründet.
Zudem soll sie schriftstellerisch begabt gewesen sein. Als ihre Tagebuchaufzeichnungen auf Deutsch unter dem Titel "Tapfer lieben" 2010 (Englischer Titel: Fragments) erscheinen, lobte die BBC sie als "Aufzeichnungen einer Dichterin". Zudem sei sie politisch gewesen, für die Gleichberechtigung der Schwarzen und gegen Senator McCarthy und FBI-Chef J. Edgar Hoover, heißt es.
Ausstellung: "Marilyn Monroe. Die Unbekannte"
Ein Versuch, den Menschen Marilyn darzustellen, ist die Sonderausstellung "Marilyn Monroe. Die Unbekannte", die derzeit vom 16.12.2018 bis zum 16.06.2019 im Museum Speyer zu sehen ist. Ein Morgenmantel aus Satin vom Filmset "Blondinen bevorzugt", eine abgetragene, schmutzige Pantolette mit Absatz und eine Schatulle mit künstlichen Wimpern: Das sind drei von insgesamt rund 400 Exponaten, die in der Ausstellung zu sehen sind. Sie stammen aus dem ursprünglichen Privatnachlass von Monroe und sind Teil der Privatsammlung von Ted Stampfer. Die Ausstellung hat den Anspruch, Einblicke in die "unbeleuchtete private Seite" der Monroe zu geben. Die Besucher sollen "eintauchen in die Welt der Marilyn Monroe". Zu sehen sind unter anderem Kleidungsstücke, Accessoires, Pflegeprodukte und Fotografien. Es ist die weltweit bislang größte Sammlung in ihrer Art und Zusammenstellung.
"Ihr Mythos hatte nichts mit ihr zu tun"
Wenn Monroes Schauspielkollegen Jane Fonda und Tony Curtis über Marilyn Monroe sprechen, dann reden sie vor allem von der Zeit, in der sie gelebt und gewirkt hat. So erklärt Jane Fonda in David Lettermans Talkshow, Monroe sei eine ängstliche junge Frau gewesen. Mit den heutigen Therapiemethoden hätte man ihr sicher helfen können. Monroes Schauspielkollege aus "Manche mögen's heiß", Tony Curtis, erklärt in Larry Kings Talkshow, der Mythos, den andere aufgebaut hätten, habe nichts mit ihr zu tun gehabt. Sie sei sehr sensibel gewesen, seelisch und körperlich krank. Sex sei damals, wie auch heute noch, der einzige Weg gewesen, etwas zu erreichen.
Schlussendlich sind alle unterschiedlichen Lesarten Interpretationen und Projektionen in die schillernde Figur der Monroe. Sie jedoch bleibt unerreichbar. Ein Mythos.