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Politik

Die Zondo-Kommission wühlt sich durchs Netz der Korruption

Martina Schwikowski
21. August 2019

Die Korruptionsaffären um Ex-Präsident Jacob Zuma haben Südafrika erschüttert. Seit einem Jahr versucht die "Zondo-Kommission", die Vorwürfe gegen ihn aufzuklären - doch nicht alle Südafrikaner sind zufrieden.

Südafrikas Ex-Präsident Zuma bei der Anhörung vor der Kommission
Die Kommission untersucht Korruptionsvorwürfe gegen Ex-Präsident Jacob ZumaBild: picture-alliance/dpa/W. De Wet

Schritt für Schritt bringt die Zondo-Kommission die tief verankerten Korruptionsnetze im Staatsapparat ans Licht, die sich während der Regierungszeit von Ex-Präsident Jacob Zuma (2009-2018) gebildet haben. Vielen Südafrikanern ist das zu wenig: Sie möchten die Schuldigen vor Gericht sehen. Das gehört aber nicht zu den Aufgaben des Gremiums, das seit einem Jahr Zeugen verhört. Nächstes Jahr wollen die Juristen unter dem Vorsitz des Verfassungsrichters Raymond Zondo ihren Abschlussbericht vorlegen. Was hat die Kommission bisher erreicht?

Der Analyst Ralph Mathekga zieht eine positive Bilanz der bisherigen Arbeit: "Wir sehen, dass unter der Aufsicht der Politiker vieles schiefgegangen ist und wer wofür Verantwortung übernehmen müsste", sagt er im DW-Interview. Für ihn ist das die größte Errungenschaft der Kommission: Umstände aufzudecken, die zur Korruption geführt haben. Denn auch das könnte politische Konsequenzen haben: "Der Wähler, der diese Geschehnisse und Anhörungen der Kommission verfolgt, ist ein anderer als der, der es nicht verfolgt hat", so Mathekga.

Politiker packen aus

Bereits 2017 hatte Südafrikas frühere Ombudsfrau Thuli Madonsela eine Untersuchungskommission gefordert, nachdem sie Korruptionsvorwürfe gegen den damaligen Staatschef Zuma untersucht hatte. Mit Hilfe von Ministern, Geschäftspartnern und Verwandten soll Zuma den Staat um Unsummen betrogen haben. Vor allem die einflussreiche Unternehmerfamilie Gupta soll ihn dabei unterstützt haben.

Südafrikas Ex-Ombudsfrau Thuli Madonsela forderte schon 2017 eine UntersuchungskommissionBild: Getty Images/AFP/S. Heunis

Seit Beginn der Anhörungen im August 2018 hat die Kommission zahlreiche Politiker vernommen. Zum Beispiel Mcebisi Jonas. Ihm sollen die Gupta-Brüder 2016  den Posten des Finanzministers und rund 600 Millionen Rand (umgerechnet rund 35 Millionen Euro) Bestechungsgeld angeboten haben. Der bisherige Minister Pravin Gordhan war von Zuma gefeuert worden. Jonas, damals stellvertretender Finanzminister, sollte den Posten übernehmen. Die Gupta-Brüder schickten ihm angeblich auch eine Todesdrohung, falls er das unmoralische Angebot öffentlich machen sollte.

Auch Präsident Zumas früherer Kommunikationschef Themba Maseko sagte aus. Zuma soll ihn beauftragt haben, den Guptas bei ihren Geschäften zu helfen. Er zog es jedoch vor, zurückzutreten. Die Abgeordnete Vytjie Mentor, die einen Kabinettsposten angeboten bekommen hatte, verschiedene Bankenvertreter und der spätere Finanzminister Nhlanlha Nene - sie alle packten aus und zeichneten das Bild eines Staates, der von Zuma und seinen Getreuen übernommen worden war. Zuma soll den Staat systematisch unterwandert haben, um eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Dem Ruf der südafrikanischen Demokratie hat das schwer geschadet – und dem der Regierungspartei ANC, der einst gelobte Freiheitsbewegung Nelson Mandelas.

Zuma erinnert sich an - nichts

Der bisherige Höhepunkt war jedoch der Auftritt von Ex-Präsident Jacob Zuma. Der hatte lange versucht, sein Erscheinen vor der Kommission zu verhindern. Mitte Juli 2019 sagte der 77-Jährige schließlich aus – und wies alle Vorwürfe gegen sich zurück. "Was habe ich gemacht - nichts" polterte Zuma.

Viele Südafrikaner fordern juristische Schritte gegen die BeschuldigtenBild: picture alliance/AP Photo/T. Hadebe

Stattdessen gerierte er sich als Opfer einer Verschwörung, die ihm sein Amt und seinen Ruf gekostet habe. Seine politischen Gegner würden ihn als "König der Korruption" verunglimpfen, so Zuma. Mehr noch: Er beschuldigte Regierungspolitiker, sie seien Spione der früheren Apartheid-Regierung.

Das Paradoxe: Zuma selbst hatte die Kommission im Januar 2018 ins Leben gerufen, als er noch als Präsident amtierte. Im Dezember 2018 wurde er dann von der Regierungspartei ANC zum Rücktritt gezwungen. Nachfolger wurde mit nur knapper Mehrheit sein damaliger Stellvertreter Cyril Ramaphosa. Er könnte einer der nächsten Zeugen sein - Ramaphosa hat seine Bereitschaft zur Aussage vor der Kommission erklärt.

Was kommt nach dem Abschlussbericht?

Nächstes Jahr soll die Zuma-Kommission ihren Abschlussbericht vorlegen. Analyst Ralph Mathekga erwartet, dass sie juristische Schritte gegen Zuma und andere Beschuldigte empfehlen wird. Doch es könnte wiederum Jahre dauern, bis entsprechende Ermittlungen abgeschlossen sind und Prozesse beginnen. In einigen Fällen könnte es sogar unmöglich sein, die Schuldigen zu bestrafen: Die Gupta-Brüder etwa sind nach Dubai geflohen, wo sie ein neues Wirtschaftsimperium aufbauen.

Viele Behörden sollen von Zuma-Getreuen unterwandert worden seinBild: Reuters/J. Oatway

Je deutlicher die Verstrickung zahlreicher ANC-Funktionäre zu Tage treten, desto wütender werden die Südafrikaner, sagt David Lewis von der lokalen Organisation "Corruption Watch". Sie seien verärgert, dass es keine Strafverfolgung gebe. "Das Land ist polarisiert. Viele fühlen sich angesichts der Enthüllungen in ihrer Meinung bestätigt, die sie von den führenden Politikern des Landes haben", sagt Lewis im DW-Interview.

'Die Behörden könnten einschreiten'

Er findet, dass die Kommission recht erfolgreich gearbeitet habe. Aller bisher vernommenen Zeugen seien freiwillig erschienen. Aber: Die Strafverfolgungsbehörden könnten schon einschreiten, sie müssten nicht erst den Abschlussbericht der Kommission abwarten. "Jetzt müssen diese Behörden schnell aufholen und die Beweise prüfen", sagt er. Aber genau diese Organisationen seien von Zuma und den Guptas erfolgreich vereinnahmt worden, damit keine Untersuchungen stattfänden. 

"Die Kommission ist ein guter Hinweisgeber, der aufzeigt, wo Anklagen nötig sind", sagt Lewis. "Sie sollte auch dazu beitragen, die für die Zukunft erforderlichen Gegenmaßnahmen zu ergreifen, um eine Wiederholung zu vermeiden."