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Die Zukunft der Hühnerhaltung

2. Oktober 2001

"Hühnerkacke - Freie Hühner braucht das Land". Mit diesem Motto macht der Deutsche Tierschutzbund mobil.

Der Anlass: Im Oktober will Agrarministerin Renate Künast ein Gesetz durch den Bundesrat bringen. Ein Gesetz, dass die Käfigbatteriehaltung in Deutschland abschafft - bis zum Jahr 2006. Die Lobby der Hühnerfabrikbesitzer bezweifelt, dass die Wende so schnell möglich ist, dass sämtliche deutsche Hühner in Freigehegen gehalten werden können. Ein Blick in die Schweiz aber zeigt, dass man durchaus alle Hühner glücklich machen kann. Und zwar in sogenannten Volieren, das sind große Käfige, in denen sie frei herumflattern können.

Munteres Gegacker und schrille Hahnenrufe schallen Marion Stark entgegen, als sie den Volierenstall von Neu-Eichenberg betritt. Braungefiederte Hühner flattern auf, andere hocken auf Sitzstangen und in Nestmulden, die in regalähnlichen Konstruktionen aus Holz und Metall an den Wänden entlang angelegt sind.

Der Versuchsstall des Fachgebietes Angewandte Nutztierethologie an der Gesamthochschule Kassel ist ein wahres Paradies für etwa 1.300 Hühner und gut 40 Hähne:

"Der Vorteil ist, dass sie einmal im Stall die dritte Dimension nutzen können, also sie können auch im Stall fliegen, können im Stall praktisch alle Verhaltensweisen ausführen, die artgemäß sind, sie können aufbaumen, sie können scharren, haben einen großen Einstreubereich, haben Nester; und in der Freilandhaltung können sie dem Nahrungssuche- und -aufnahmeverhalten verstärkt nachgehen. Hühner verbringen einen Großteil ihrer Zeit damit, nach Nahrung zu suchen und zu scharren und zu picken. Und diese Möglichkeit ist ihnen halt vor allem im Freilandauslauf gegeben."

Ginge es nach Marion Stark, sähe so die Hühnerzukunft in Deutschland aus. Sollte Agrarministerin Renate Künast mit ihrer neuen Verordnung zur Legehennenhaltung im Bundesrat durchkommen, könnten die Hühnerhalter von Erfahrungen profitieren, die in der Schweiz längst gemacht wurden.

Dort verschwand nach zehnjähriger Übergangsfrist Ende 1991 die letzte Legebatterie. Heute leben fast zwei Drittel der Schweizer Legehennen in Volieren, der Rest entfällt vor allem auf Bodenhaltung in Ställen und Freilandhaltung in großen Ausläufen.

Ideal ist die Kombination eines Volierenstalles mit einer weitläufigen Freilandfläche wie in Neu-Eichenberg. Hier kann das Hühnervolk durch kleine Luken jederzeit nach draußen wechseln: zunächst in den windgeschützten Wintergarten, und von dort in den Auslauf - scharren, picken, Staubbaden für ein glückliches Hühnerleben.

Gerade das tägliche Staubbad ist wichtig für die Gefiederpflege. In den Käfigbatterien dagegen können die Hühner diesen Instinkt nicht ausleben. Welche Folgen das hat, schildert der geistige Vater der Volierenhaltung, der Verhaltensforscher Detlef Fölsch von der Gesamthochschule Kassel

"Die Hühner in der Käfighaltung haben auch das Bedürfnis, Sand- oder Staubzubaden. Das können sie nicht durchführen, weil ein solches Staubbad gar nicht zur Verfügung steht. Als Ersatz nehmen sie sich das übrige Futter - als Staub quasi - und schleudern sich das auch ins Gefieder und dabei geht das Futter verloren. Es wird aus dem Käfig herausgeschleudert und wird nicht als Futter aufgenommen. Zusätzlich wird das Gefieder im Käfig durch die Gitterstäbe abgeschubbert, die Tiere verlieren mehr Körperwärme und folglich müssen sie prozentual auch mehr Futter aufnehmen. Im Vergleich dazu in der Volieren- und Auslaufhaltung haben die Tiere nicht die Abnutzung des Gefieders. Die Körperwärme wird besser gehalten und zum anderen haben die Tiere auch ein Staub- und Sandbad, wo sie die Gefiederpflege durchführen können und brauchen dafür nicht das Futter zu nehmen."

In der Schweiz ist die Volierenhaltung auch ein ökonomischer Erfolg, wie die Ergebnisse einer breit angelegten Studie des Verbandes Schweizer Geflügelhalter Anfang der 90er Jahre zeigten: Die Volierenhühner fraßen nicht nur weniger, sie legten auch pro Legeperiode im Schnitt 16 Eier mehr in die Nester als ihre Artgenossen in den Käfigenn - wahrhaft goldene Eier von glücklichen Hühnern.