"Diesel-Gipfel bringt kaum Schadstoff-Minderung"
15. August 2017Jürgen Resch schaut kampfeslustig in die Runde. Selten hat eine Pressekonferenz der "Deutschen Umwelthilfe" (DUH), deren Geschäftsführer Resch ist, so viel Publikum angezogen wie heute. Der Saal in Berlin ist voll. Kein Wunder: Resch treibt mit seiner Umwelt-und Verbraucher-Organisation gerade Auto-Konzerne und Bundesregierung vor sich her. Er scheint entschlossen, genau so weiter zu machen. Ende Juli hatte die "Umwelthilfe" vor dem Verwaltungsgericht in Stuttgart erreicht, dass die Behörden Fahrverbote für Diesel-Fahrzeuge erlassen müssen, wenn sie die strengen EU-Grenzwerte für Stickoxide und Feinstaub nicht einhalten. Was die meisten von ihnen tatsächlich nicht tun. Im Gegenteil: Mit Software-Tricks hatten die Autokonzerne jahrelang über das Ausmaß des tatsächlichen Ausstoßes hinweg getäuscht.
"Wir brauchen Diesel-Fahrverbote"
In insgesamt 16 deutschen Städten hat Resch mit seinen Mitarbeitern ähnliche Klagen wie die in Stuttgart laufen. Jetzt sagt er: "Wir wollen bedenkenlos durchatmen können. Und dafür brauchen wir Diesel-Fahrverbote, es sei denn, die Fahrzeuge werden technisch nachgerüstet und sind sauber." Dann zählt er die Horrorzahlen auf: Über 10.000 Menschen würden jährlich an den Folgen der schlechten Luft vor allem in den deutschen Städten sterben, drei mal mehr als bei Verkehrsunfällen. Hundertausende würden erkranken.
"Micky-Mouse-Politik"
Ganz schlecht weg kommt bei Resch die Politik. Vor zwei Wochen hatte sich die Regierung mit den Autokonzernen auf einem "Diesel-Gipfel" in Berlin auf Nachbesserungen an fünf Millionen Fahrzeugen geeinigt. Ein Update der Abgas-Software soll helfen, die Schadstoffe zu reduzieren. Mit Prämien locken die Konzerne seitdem ihre Kunden, von älteren auf neue, saubere Autos umzusatteln. Resch nennt das eine "Micky-Mouse-Politik", die bestenfalls zu einer Minderung der Schadstoffe um fünf Prozent führen könne.
"Es ging nie um die Gesundheit beim Gipfel"
Über den Gipfel, zu dem Umweltministerin Barbara Hendricks (SPD) und Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) eingeladen hatten, fällt Resch nur ein: "Es ging nicht um die Gesundheit der Bürger, es ging nicht um die Umwelt, und es ging auch nicht um den Klimaschutz. Es ging allein darum, den Autokonzernen weiter den Rücken frei zu halten." So hatte der Gipfel auch beschlossen, einen 500-Millionen-Euro Fonds ins Leben zu rufen, von Wirtschaft und Regierung gespeist, der den Städten bei der Umstellung auf saubere Fahrzeuge vor allem im Nahverkehr helfen soll. Resch: "Das ist eine Art Familienfonds, paritätisch aus den Ehepartnern Bundesregierung und Auto-Wirtschaft finanziert. Ich finde es als Konstrukt ein Unding, dass sich eine Regierung gleichwertig mit der Industrie zur Finanzierung eines Fonds aufstellt und sich letzten Endes auch die Bedingungen dafür diktieren lässt."
"Alles Schall und Rauch"
Allein eine aufwändige Nachrüstung der Fahrzeuge, Kostenpunkt etwa 1500 bis 2000 Euro pro Auto, könne helfen, erneute Resch alte Forderungen. Einige Milliarden Euro würde die die Konzerne kosten, schätzen Experten. Auch der Ankündigung von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), bald noch ein Spitzentreffen zum Thema Diesel abhalten zu wollen, kann Resch kaum etwas abgewinnen: "Alles Schall und Rauch". Einzig eine feste Quote für Elektroautos findet Resch dann am Ende gut. Eine solche Quote wird gerade von der Politik heftig diskutiert. Allerdings, so Resch, helfe auch die nicht sofort: "Immer wird auf die Zukunft verwiesen. Für die Luft hat das jetzt gar keine Auswirkungen." Und deshalb präsentiert Resch schon mal ein Verkehrsschild, das es so noch gar nicht gibt auf deutschen Straßen: Ein Fahrverbotsschild für Diesel-Fahrzeuge. Jürgen Resch und seine Umwelthilfe werden weiter für viel Ärger sorgen. In der Regierung und in den Chefetagen der deutschen Autokonzerne.