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Diesel-Pkw könnte giftiger sein als Lastwagen

Jan Petermann dpa
6. Januar 2017

Beim Verbrauch und Klimagas CO2 hängen Motorleistung und Ausstoßmenge direkt zusammen - beim giftigen Stickoxid ist das nicht unbedingt so. Eine neue Abgas-Studie der Organisation ICCT zeigt Überraschendes.

DUH Abgasuntersuchung beim Opel Zafira
Bild: Holzmann/DUH

Einige der modernsten Diesel-Pkw stoßen laut einer Analyse des Forscherverbunds ICCT mehr als doppelt so viel giftige Stickoxide (NOx) aus wie neue Lastwagen oder Busse. Wie die Umweltwissenschaftler am Freitag berichteten, ergaben kombinierte Daten des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) und aus Finnland für Personenwagen mit Dieselmotoren der Schadstoffklasse Euro 6 im realen Straßenbetrieb im Schnitt NOx-Emissionen von 500 Milligramm pro Kilometer. Bei Nutzfahrzeugen waren es dagegen nur 210 Milligramm.

Der ICCT, der den Abgas-Skandal bei VW mit aufgedeckt hatte, sieht in den Ergebnissen einen weiteren Beleg dafür, dass Abgastests im Labor rasch durch Messungen im echten Verkehr ergänzt werden müssen. Solche RDE-Tests ("Real Driving Emissions") sollen in der EU ab September auch schrittweise kommen. "Die Hersteller bereiten sich intensiv darauf vor", erklärte der Autoverband VDA. Schon heute seien viele Modelle auf dem Markt, die RDE-Grenzen schafften oder unterschritten.

Für den CO2-Ausstoß ist das sogenannte WLTP-Testverfahren in Planung. Die Forscher betonten, dass bei einer besseren Vergleichbarkeit der Daten zwischen Pkw und Nutzfahrzeugen - mit Einschluss der höheren Lastanforderungen für Lkw und Busse - sogar noch größere Abweichungen entstünden. Dann liege der NOx-Ausstoß der betrachteten Diesel-Pkw "sogar um einen Faktor 10 höher als die vergleichbaren Werte für Nutzfahrzeuge", sagte ICCT-Studienautorin Rachel Muncrief. Bei Lastern und Bussen seien bereits seit 2013 mobile Messgeräte Pflicht - daher die gegenüber den oft präparierten Labor-Pkw besseren Daten.

Kunden als Tester

ICCT-Europa-Chef Peter Mock kritisierte, dass manche Autobauer auch beim RDE-Verfahren weiter vorbereitete Prototypen einsetzen wollten. "Besser wäre es, stattdessen normale Serienfahrzeuge aus Kundenhand zu vermessen und stichprobenartige Nachkontrollen einzuführen." Dies sieht auch Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) so. "Künftig müssen Nachkontrollen unabhängig von den Herstellern durchgeführt werden, und zwar anhand von zufällig ausgewählten Serienfahrzeugen", sagte sie der "Rheinischen Post" (Samstag).

Im November hatte der ICCT zudem drastische Abweichungen von offiziellen Katalog- und tatsächlichen Straßenwerten beim CO2-Ausstoß gemeldet. Mit Blick auf die NOx-Daten bemängelte der VDA, die Pkw-Werte seien identisch mit solchen, die der ICCT schon vor zwei Jahren verwendete.

Politiker als Lobbyisten

Der Verkehrsexperte von Greenpeace, Tobias Austrup, bekräftigte seine Kritik an Politik und Autoindustrie bei der Entwicklung neuer Abgasstandards: "Das ist das traurige Verdienst der Bundesregierung, die sich in Brüssel seit Jahren als Erfüllungsgehilfe der Autolobby für schwache Grenzwerte und wirklichkeitsfremde Abgastests einsetzt." Aus dem Umweltverband BUND hieß es, Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) müsse "endlich handeln und alle aktuell zum Verkauf zugelassenen Diesel-Neufahrzeuge vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) nachmessen lassen".

Nach dem Bekanntwerden des VW-Skandals hatte das KBA bereits Modelle auch anderer Hersteller getestet. Der BUND stellte bei ihm einen Antrag auf Verkaufsstopp von Diesel-Neuwagen. Die Fachzeitschrift "auto motor und sport" berichtete unterdessen von neuen eigenen Stickoxid-Messungen, die teils erhebliche Differenzen im echten Fahrbetrieb zeigen. Dabei habe zum Beispiel das Renault-Diesel-Modell Captur dCi 110 mit mehr als 1300 Milligramm NOx pro Kilometer um das 16,7-fache über dem zulässigen Laborgrenzwert nach Euro-6-Norm gelegen. Erlaubt sind 80 Milligramm je Kilometer.

 

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