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Kartellvorwürfe: Autokäufer könnten klagen

22. Juli 2017

Die rechtswidrigen Absprachen der fünf großen Autohersteller sollen den Grundstein für die Dieselaffäre gelegt haben. Ein weiterer Grund für die Pkw-Kunden, vor Gericht zu gehen.

Symbolbild Zulassungsverbote Verbrennungsmotoren
Bild: picture-alliance/Chromorange/Bilderbox

Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Kunden die Kosten für die angestrebten Abgas-Nachrüstungen bei Millionen Diesel-Autos tragen müssen. Aus Sicht von Bundesverbraucherminister Heiko Maas allerdings sollten allein die Autobauer für den entstandenen Schaden aufkommen. Die Kunden hätten es schließlich nicht zu verantworten, wenn eine zweifelhafte oder manipulierte Software in ihrem Auto sei. "Es sollte im eigenen Interesse der Branche liegen, ihre Glaubwürdigkeit und damit auch viele Tausend Arbeitsplätze in Deutschland zu bewahren", sagte Maas der Deutschen Presseagentur.

Der SPD-Politiker warb deshalb für neue Klagemöglichkeiten in solchen Massenfällen. Ein Verband solle vor Gericht ziehen und ein grundlegendes Urteil herbeiführen können. Die große Koalition hat sich allerdings auf derartige Musterfeststellungsklagen nicht verständigen können. "Wir brauchen endlich ein Instrument, mit dem Kunden sich gegen große Konzerne, die massenhaft Schaden verursachen, gemeinsam zur Wehr setzen können", sagte Maas. 

Illegale Absprachen führten zum Diesel-Skandal

Dem Kartellrechtler Christian Kersting von der Universität Düsseldorf zufolge könnten illegale Absprachen zwischen den fünf deutschen Autoherstellern VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler ein argumentativer Ansatz für weitere Klagen von Pkw-Käufern sein. "Die Frage ist, ob Autos durch mögliche Kartellabsprachen auf einem schlechteren technischen Stand verkauft wurden, als sie hätten sein können", sagt Kersting. Allerdings sei es vor Gericht schwer nachzuweisen, dass ein finanzieller Schaden entstanden ist.

Werden illegaler Absprachen verdächtigt: Daimler-Chef Zetsche (links), BMW-Boss Krüger und VW-CEO MüllerBild: picture-alliance/dpa/A. Gebert

Einem Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zufolge sollen sich seit den 1990er Jahren mehr als 200 Mitarbeiter der fünf großen Autobauer in geheimen Arbeitskreisen über Details zur Autoentwicklung abgesprochen haben. Dabei sollen auch Übereinkünfte zur Technik für die Diesel-Abgasreinigung getroffen worden sein. Diese Absprachen sollen den Grundstein für den Dieselskandal gelegt haben, berichtet der "Spiegel". Das Kartellrecht verbietet Vereinbarungen, die den Wettbewerb unter den Herstellern einschränken. Denn so können Preise künstlich hoch gehalten oder Produktmengen verknappt werden - und den Verbraucher schädigen.

Der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen, Klaus Müller, sagte der Bild-Zeitung: "Die Dieselbesitzer stehen vor einem Totalschaden." Er hält es für notwendig, dass zum sogenannten "Diesel-Gipfel" am 2. August auch Verbrauchervertreter geladen werden. Geplant ist das bisher aber nicht.  Auf die Frage einer möglichen Beteiligung des Staates an den Kosten für die Nachrüstungen der Diesel-Autos sagte Justizminister Maas, das sei zunächst eine Sache zwischen den Vertragspartnern - dem Kunden und dem Autohersteller.

"Fahrverbote sind ein falscher Schritt"

VW-Konzernchef Müller wiederum fordert von der Bundesregierung eine einheitliche Lösung zu Fahrverboten von Diesel-Fahrzeugen, statt wie bisher verschiedener Regelungen in den Städten. Das verunsichere die Autofahrer zusätzlich, weil sie nicht wüssten, wie lange sie mit ihren Dieselwagen noch überall in Deutschland fahren dürften. "Das spüren wir auch an den Dieselbestellungen, die merklich zurückgegangen sind", sagte Müller der Zeitung "Rheinische Post". Müller ist gegen drastische Einschränkungen für Dieselautos. Fahrverbote auszusprechen sei ein falscher Schritt. VW hat seit den Enthüllungen über die Abgasmanipulationen bereits mehr als 20 Milliarden Euro für Strafen und Entschädigungen in den USA verbuchen müssen. Weitere Strafzahlungen drohen nun durch den Verstoß gegen das Kartellrecht. Dazu äußerte sich VW-Manager Müller bisher aber nicht.

 

jv/ml (dpa, Spiegel)