Der US-amerikanische Gitarrenhersteller Gibson hat Insolvenz angemeldet. Im DW-Interview spricht der Chefredakteur des Fachmagazins "Gitarre & Bass" über die Situation der Kultmarke und die Gibson-Szene.
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Ob Rock oder Jazz: Gitarristen stehen auf Gibson
Diese Gitarre hat Musikgeschichte geschrieben. Ausgerechnet ein Jahr vor dem 125. Jubiläum meldet die Traditionsfirma Gibson Insolvenz an. Dabei wurde sie von den Größen der Musikbranche gespielt.
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Les Paul
Er war maßgeblich an der Weiterentwicklung der elektrischen Gitarre beteiligt. Anfang der 1950er Jahre entwickelte er gemeinsam mit dem damaligen Gibson-Präsidenten Ted McCarty ein E-Gitarren-Modell, das nach ihm benannt wurde: "Les Paul".
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Rudolf Schenker
Der Scorpions-Begründer und Gitarrist ist auf Konzerten immer mit seiner "Flying V" unterwegs. Er besitzt sogar rund 200 Exemplare dieses Typs und damit eine der größten Sammlungen dieser Gitarre weltweit. 1984 brachte Gibson eine Rudolf-Schenker-Signature-Flying V-Gitarre auf den Markt. 2013 folgte eine weitere Schenker-Signature-Gibson.
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Mark Knopfler
Mark Knopfler - Ausnahme-Gitarrist und Stimme der "Dire Straits". Auch er besitzt eine riesige Gitarrensammlung und hat durchaus auch Konkurrenzprodukte bekannt gemacht. Für den unverwechselbaren, satten Sound auf "Money For Nothing" aber sorgte eine Gibson: "Les Paul Junior".
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Chuck Berry
Berühmt wurde er durch sein Intro zu "Johnny B. Goode". Zwölf Takte, die zum Meilenstein der Rock-Musik wurden. Am häufigsten trat Chuck Berry mit einer "Gibson ES-330" auf. Diese stöpselte er direkt in seinen Verstärker ein und legte los. So prägte er den Sound der 50er und 60er Jahre.
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Joe Walsh
Die meisten Musikfans kennen Joe Walsh (re.) von den Eagles. Wie viele seiner Kollegen auch, hat Walsh eine umfangreiche Sammlung von Gitarren, darunter eine "Gibson J-200", eine "Les Paul Goldtop" und eine "Les Paul Standard".
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Elvis Presley
Auch der King of Rock 'n' Roll war ein Gibson-Fan. Eines seiner liebsten Stücke wurde 2016 versteigert. Für eine 1969er "Custom Gibson Ebony Dove" zahlte ein Liebhaber 270.000 US-Dollar. Die E-Gitarre hatte Presley 1968 bei den Proben seines TV-Comebacks gespielt und anschließend dem Ehemann seiner Haushälterin Nancy Rooks geschenkt.
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Bob Marley
Die jamaikanische Reggae-Ikone spielte vorzugsweise auf einer "Gibson Les Paul Special" oder einer "Gibson Les Paul Standard". Angeblich wurde Bob Marley sogar mit einer Gibson-Gitarre beerdigt. Posthum widmete ihm das US-amerikanische Unternehmen ein Bob-Marley-Signature-Modell.
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Slash
Der Gitarrist von Guns N' Roses spielt vor allem Gitarren des Typs "Les Paul". In den Anfangstagen von Guns N' Roses sorgte Slash damit für einen Boom beim Verkauf dieses Modells. Die Firma Gibson widmete ihm bis heute mehrere Signaturmodelle.
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Angus Young
Auch der AC/DC-Gitarrist bevorzugt Gibson-Gitarren, wie beispielsweise das Modell SG mit den beiden leicht asymmetrischen Hörnern. Die Buchstaben "SG" stehen für "Solidbody Guitar". Sie sollen signalisieren, dass es sich um eine E-Gitarre mit massivem Korpus handelt. Und natürlich hat die Firma Gibson auch das Signature-Modell "Angus Young SG" im Programm.
Bild: Imago/CTK Photo
Gary Moore
Der aus Nordirland stammende Musiker und Sänger wurde vor allem durch seine Gastspiele bei der Rockband "Thin Lizzy" bekannt. Obwohl er Linkshänder war, spielte Gary Moore zeitlebens Gitarren für Rechtshänder. Dabei bevorzugte er unter anderem eine 1959er "Gibson Les Paul" und eine "Gibson Les Paul Junior". Hier spielt er allerdings eine "Firebird".
Bild: imago/imagebroker
Joe Pass
Auch im Jazz ist die Gibson-Gitarre weit verbreitet. Zu den berühmten Gitarristen des Jazz zählt Joe Pass, der es liebte, mit seiner Gitarre Bass und Piano zu ersetzen. Hier begleitet er die große Sängerin Ella Fitzgerald auf einer GS-175. Mit Ella hat Joe Pass mehrere Platten aufgenommen, ein Schmuckstück ist "Take Love Easy", auf der Pass seine ganze Bandbreite zeigt.
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Kenny Burrell
Hier ist Burell mit der legendären Super 400, die mit bis zu 17.000 Dollar gehandelt wird, zu sehen. Er ist einer der wichtigsten Gitarristen des Hard Bop; seine Platte "Midnight Blue" gehört zu den Klassikern in jeder Jazzsammlung. Wer übrigens mal im New Yorker Viertel Soho unterwegs ist, der sollte zu "Rudy's Music" gehen. Dort hängen Gibsons im Wert von mehr als 25.000 Dollar in der Vitrine.
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Deutsche Welle: Herr Roesberg, der US-amerikanische Gitarren-Hersteller Gibson hat einen Insolvenzantrag gestellt. Was bedeutet das für die vielen Sammler von Vintage Gibson-Gitarren? Vielleicht sogar eine Wert-Explosion ihrer Kult-Instrumente?
Dieter Roesberg: Ich glaube ja. Denn es ist im Augenblick noch nicht klar, wie es nach dem Insolvenzantrag mit Gibson weitergeht. Die alten Gitarren sind sowieso bei den Sammlern, die immer weiter dazukaufen. Die Preise steigen seit einigen Jahren und der Markt boomt. Gibson hat dazu einiges beigetragen.
Was hat sich die Firma einfallen lassen?
Sie haben angefangen, Replikas der alten Gitarren zu bauen, die relativ teuer waren. Das haben sie jedes Jahr gemacht und das hat auch den Preis der Originale in die Höhe getrieben.
Was sind denn heute Sammler-Gitarren wert, die einem Chuck Berry oder Elvis Presley einmal gehörten?
Die berühmten "Gibson Les Paul" aus den Jahren 1958, 59 und 60 werden mit 200.000 bis 250.000 Euro gehandelt. Und eine "Gibson SG" aus den 1960er Jahren liegt - je nach Zustand - bei 10.000 bis 50.000 Euro.Chuck Berry liebte seine kirschrote Gibson so sehr, dass er mit dieser Gitarre begraben wurde. Da gibt es doch bestimmt noch eine weitere Skurrilität um den Gibson-Kult.
Vor ein paar Monaten ist ein Buch eines Franzosen über das Gibson Modell "Moderne" aus dem Jahr 1957 herausgekommen. Diese Gitarre ist angeblich nie gebaut worden. Das ist ein Krimi mit ganz vielen historischen Fakten. Und lustigerweise wurde da auch jemand mit seiner Gitarre begraben - ganz nach dem Vorbild Chuck Berry.
Werfen wir einen Blick auf die Geschichte von Gibson. Die Firma brachte in den 1930er Jahren die allererste E-Gitarre in Serie auf den Markt. Wie hat sich denn das Unternehmen in den Jahren danach entwickelt?
Gibson wurde Ende des 19. Jahrhunderts von einem deutschen Auswanderer gegründet. Die Leute haben immer versucht, die Gitarren lauter zu machen. Sie haben Jazz-Gitarren gebaut und irgendwann den elektromagnetischen Tonabnehmer "Pickup" verbaut. Von da an war Gibson das Synonym für E-Gitarre, weil es keine anderen gab. In den 50ern kam die Firma Fender mit Solid Body Gitarren. Und Gibson brachte auch Instrumente ohne Resonanzkörper. Anfang der 1960er Jahre kamen die Beatles und der ganze Markt ist explodiert.
Was waren aus Ihrer Sicht die größten Fehler der Unternehmensführung?
Sie haben bis in die 1970er immer noch voll auf ihre alten Jazz-Gitarristen wie Johnny Smith gesetzt. Sie haben nicht gesehen, dass es auch junge Musiker wie Keith Richards gibt. Dann kamen die Hersteller von sehr günstigen Gitarren aus Asien. Gibson dachte, uns großen Namen kann nichts passieren. Anfang der 80er waren der Konkurrent und Gibson fast pleite. Dann kam der heutige Besitzer Henry Juszkiewicz.
Wie hat er die Firma in die heute finanzielle Situation gesteuert?
Henry Juszkiewicz hat anfangs alles richtig gemacht: Er hat die alten Modelle wieder gebaut. Er hat einen Custom Shop eröffnet, wo die besonderen Instrumente gebaut wurden. Der Umsatz ging nach oben. Dann allerdings hat er zu viel falsch investiert und Schulden gemacht. Juszkiewicz wollte der Größte der Musikszene werden. Damit hat er sich völlig übernommen. Jetzt sind die Schulden so hoch, dass Gibson einen Insolvenzantrag gestellt hat.
Wie könnte sich die Firma Gibson aus dieser misslichen wirtschaftlichen Lage befreien - oder ist ein Erhalt des Unternehmens völlig unvorstellbar?
Gibson steht auch heute noch für Tradition. Sie haben letztes Jahr viele Gitarren verkauft und halten mit Gitarren für über 2000 US-Dollar einen Marktanteil von rund 40 Prozent. Die alten Helden wie Eddie Van Halen oder Eric Clapton sterben langsam aus. Aber es gibt mit Ed Sheeran oder Taylor Swift junge Musiker, die die Leute wieder zum Gitarrespielen bringen. Das ist die Zukunft. Gibson muss sich auf sein ursprüngliches Geschäft konzentrieren und gute Gitarren, die einen höheren Preis haben, bauen - aber auch günstige für den Nachwuchs.
Das Gespräch führte Conny Paul.
Dieter Roesberg gründete 1986 mit weiteren Ex-Mitarbeitern des ersten deutschen Musikermagazins "Fachblatt Musikmagazin" die Zeitschrift "Gitarre & Bass". Der Journalist arbeitet seit Mitte der 1970er Jahre regelmäßig als Studiomusiker und ist auf weit über 100 Produktionen zu hören. Anfang der 80er war Roesberg bei der Band "Gänsehaut" als Komponist und Musiker beteiligt. Ihre Single "Karl der Käfer" verkaufte sich über 1,5 Millionen Mal.