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"Digibaeck" - ein Archiv geht online

Cornelia Rabitz18. Oktober 2012

Es ist eine einzigartige Fundgrube mit Quellen, die das Leben des deutschsprachigen Judentums seit dem 18. Jahrhundert dokumentieren. Jetzt ist das Archiv des Leo Baeck Instituts auch im Netz erreichbar.

Digibaeck, Archiv des Leo Baeck Instituts New York; Copyright: Digibaeck
Bild: Digibaeck

Es dokumentiert Geschichte, Kultur und Sozialgeschichte des deutschen Judentums und gilt als das bedeutendste Archiv zu diesem Thema. Rund dreieinhalb Millionen Seiten schriftlicher Dokumente, 40 000 Fotos, mehrere Kunstsammlungen, 2000 unveröffentlichte Memoiren-Manuskripte finden sich hier, aber auch Dinge des persönlichen Alltags, wie Briefe, Tagebücher und sogar Rezepte. Das alles nicht nur in Deutsch, sondern in vielen anderen Sprachen. Fünfhundert Jahre deutsch-jüdischer Geschichte sind im Archiv des Leo Baeck Instituts (LBI) für die Forschung erreichbar. Es ist, wie Aubrey Pomerance vom Büro des LBI in Berlin sagt, ein "Ort des kollektiven Gedächtnisses". Der mehr zeigt als nur das religiöse Judentum. Eine Fülle von Dokumenten beleuchte den Alltag unterschiedlichster Gruppen, von Lehrern, Sozialarbeitern, Handwerkern, Frauen verschiedenster Herkunft, sagt Pomerance.

Ausstellungsstück in aus Deutschland: Das Tagebuch von Felix Mendelssohn BartholdyBild: picture-alliance/dpa

Kollektives digitales Gedächtnis

Die Digitalisierung der Bestände begann im Jahre 2008, sie ist jetzt zwar noch nicht abgeschlossen, aber mit 75 Prozent doch weit gekommen. Aubrey Pomerance betont, Hauptadressat des Projekts sei "die wissenschaftliche Gemeinde". Gleichwohl gebe es auch ein generelles öffentliches Interesse, besonders häufig werde im Leo Baeck Institut von Interessierten zur eigenen Familiengeschichte recherchiert, all dies werde durch digibaeck nun leichter. Rund 2,5 Millionen Dollar kostet das Projekt – gestiftet hat den Betrag ein privater amerikanischer Sponsor.

Einsteins Gästebuch

Natürlich gibt es in der Datenbank auch Highlights: So können nicht nur Wissenschaftler, sondern auch interessierte Laien im Netz beispielsweise das Gästebuch einsehen, das der Physiker Albert Einstein in seinem Sommerhaus im brandenburgischen Caputh führte. Die Korrespondenz des Philosophen und Theologen Franz Rosenzweig ist verfügbar. Originalmanuskripte des Schriftstellers Joseph Roth. Briefe des Philosophen Moses Mendelssohn an seinen Enkel, den Komponisten Felix Mendelssohn-Bartholdy. Eine Fülle von Memoiren beleuchtet historische Themen, wie die Teilnahme von Juden an der Revolution 1848 oder an der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung oder die Emigration verfolgter jüdischer Bürger nach Shanghai. Aubrey Pomerance sagt: "Das Tolle ist, man kann hier regelrecht eintauchen, man kann so viel entdecken. Wer digibaeck besucht, begibt sich auf eine Reise in die deutsch-jüdische Geschichte".

Ein Brief von Albert Einstein - nicht im LBI-Archiv in New York, sondern bei eBay versteigertBild: Reuters

Ein Institut mit Geschichte

Das Leo Baeck Institut wurde 1955 in Jerusalem gegründet von bekannten jüdischen Intellektuellen wie Hannah Arendt, Martin Buber und Gerschom Scholem. Sein Namensgeber war der letzte Rabbiner der jüdischen Gemeinschaft im Deutschland der Nazizeit. Baeck überlebt das Konzentrationslager Theresienstadt, wanderte in die USA aus und wurde erster Präsident am New Yorker Sitz der Institution, die sich zur bedeutendsten Einrichtung ihrer Art entwickeln sollte. Seit 1956 gibt das Institut ein Jahrbuch mit neuesten Forschungen heraus, daneben ist es für viele andere Veröffentlichungen im Bereich der jüdischen Geschichte und Kultur verantwortlich. Teilinstitute des LBI befinden sich in Jerusalem und London. Im Jüdischen Museum Berlin gibt es eine Archivabteilung des Instituts. In Deutschland wird in unregelmäßigen Abständen die Leo Baeck Medaille für Verdienste um die deutsch-jüdische Aussöhnung vergeben. Der Zentralrat der Juden in Deutschland verleiht jährlich den Leo Baeck Preis. Der bedeutende Rabbiner und Überlebende des NS-Terrors bleibt gleich mehrfach im kollektiven Gedächtnis der Nachwelt. Jetzt auch im digitalen.

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