Digitale Steuern belasten EU-Handelsdeal mit USA
2. September 2025
Das im Sommer vereinbarte Handelsabkommen zwischen der Europäischen Union und der Trump-Regierung sollte nach Monaten der Unsicherheit einen Wendepunkt in den transatlantischen Beziehungen markieren. Eine Zollobergrenze von 15 Prozent war zwar nicht ideal, aber die EU-Staats- und Regierungschefs akzeptierten sie als Preis dafür, dass die Handelsspannungen mit den USA begrenzt blieben. Das war zumindest so, bis Donald Trump den Streit wieder neu entfachte.
Der US-Präsident droht nun mit neuen Zöllen als Vergeltungsmaßnahme für die europäischen Steuern auf digitale Dienstleistungen und Technologieregelungen und wirft der EU vor, US-Technologiegiganten wie Google und Amazon unfair zu behandeln. Angesichts der drohenden neuen Zölle steht der Handelsfrieden erneut auf wackeligen Beinen.
In einem Beitrag auf Truth Social warnte Trump am Montag, dass Länder, die solche Abgaben und Vorschriften einführen, mit "erheblichen zusätzlichen Zöllen" und Exportbeschränkungen für wichtige US-Spitzentechnologie wie Halbleiter rechnen müssten. Er forderte deren sofortige Abschaffung und bezeichnete die Maßnahmen als "diskriminierend", während sie angeblich "Chinas größten Technologieunternehmen einen Freifahrtschein" gäben.
Trump kritisiert Steuern für Big Tech
Während die Technologie- und Kartellvorschriften der EU seit mehr als einem Jahrzehnt ein Dorn im Auge verschiedener US-Regierungen sind, stehen nun der Digital Services Act (DSA) und der Digital Markets Act (DMA) der Europäischen Union direkt im Fadenkreuz von Trump.
Diese Richtlinien sehen strenge Regeln für die Moderation von Online-Inhalten vor und zielen darauf ab, zunehmend dominante US-Technologiekonzerne wie Meta, Apple und Google zu regulieren. Die EU-Staaten können auch eigene Steuern auf digitale Dienstleistungen erheben, die auf die Einnahmen von Technologieunternehmen innerhalb ihrer Grenzen erhoben werden, insbesondere aus Online-Werbung und der Monetarisierung von Nutzerdaten.
Zwar gibt es keine EU-weite Steuer auf digitale Dienste, doch haben bisher sieben EU-Staaten nationale Abgaben eingeführt, darunter Frankreich, Italien und Spanien. Das Vereinigte Königreich, das zwar nicht mehr zur EU gehört, hat eine ähnliche Steuer in Höhe von zwei Prozent auf die Einnahmen großer Online-Plattformen eingeführt. Die jährlichen Einnahmen aus dieser Steuer in Höhe von 800 Millionen Pfund (1,08 Milliarden US-Dollar, 900 Millionen Euro) waren ein Streitpunkt in den jüngsten Handelsgesprächen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich.
"Auf europäischer Seite herrscht die Auffassung, dass vor allem große US-Technologieunternehmen in der EU hohe Gewinne erzielen, die hier nicht fair besteuert werden, und dass wir mehr tun sollten, um sie dort zu besteuern, wo ihre Gewinne erzielt werden", sagt Roel Dom, Ökonom und wissenschaftlicher Mitarbeiter beim europäischen Think Tank Bruegel, gegenüber der DW.
EU aus dem Gleichgewicht gebracht
Trumps Drohung mit Tech-Zöllen hat die EU-Politiker offenbar überrascht, da sie nur wenige Wochen nach dem Abschluss eines stabilisierenden Handelsabkommens kam. Der leitende Sprecher der Europäischen Kommission verteidigte zwar das souveräne Recht der Union, den Technologie- und Digitalmarkt zu regulieren, räumte jedoch ein, dass die Warnung des US-Präsidenten "außergewöhnlich und unerwartet" sei.
"Die USA wollen im Grunde genommen eine Ausnahmeregelung für US-Unternehmen, insbesondere in Bezug auf Sorgfaltspflichten und Lebensmittelsicherheit", sagt Rem Korteweg, Senior Fellow beim niederländischen Think Tank Clingendael Institute, gegenüber der DW. "Sie sind vielleicht bereit, über die (digitalen, Anm. d. Red.) Steuern zu verhandeln, aber wie man Trump kennt, wird er zunächst eine harte Haltung einnehmen."
Bislang wurde noch keine formelle Ausnahmeregelung für diese EU-Regeln gefordert. Aber das Drängen der Trump-Regierung auf einen besseren Zugang zum EU-Markt für US-Landwirte und der Widerstand gegen ein weiteres EU-Gesetz - das darauf abzielt, die ethischen Standards im globalen Handel zu verbessern - deuten auf den klaren Wunsch nach Ausnahmeregelungen hin, die US-Unternehmen helfen sollen, die volle Last der EU-Standards zu umgehen.
Die EU-Richtlinie zur Sorgfaltspflicht von Unternehmen im Bereich der Nachhaltigkeit (CSDDD) verpflichtet Unternehmen, Menschenrechtsverletzungen oder Umweltschäden innerhalb ihrer globalen Lieferketten zu beheben, und wurde in den USA und Europa als übermäßig belastend kritisiert.
EU scheut sich nicht, Meta und Apple mit Geldstrafen zu belegen
Angesichts der neuen Zollandrohungen von Trump hält Judith Arnal von der spanischen Denkfabrik Elcano Royal Institute, das "Risiko einer Konfrontation" zwischen Washington und Brüssel weiterhin für "sehr real". Sie weist darauf hin, dass zwei US-Technologiegiganten bereits "erhebliche Geldstrafen" von der EU erhalten haben, weil die EU sehr wohl bereit ist, ihre Grundsätze auf verschiedene Weise durchzusetzen.
Nur wenige Tage nach Trumps sogenannter Zollbombe zum "Liberation Day" im April wurde Apple mit einer Geldstrafe von 500 Millionen Euro (583 Millionen US-Dollar) belegt, weil es App-Entwicklern untersagt hatte, Nutzer auf günstigere Angebote außerhalb des Apple App-Stores hinzuweisen. Meta erhielt eine Geldstrafe von 200 Millionen Euro, weil es Nutzer dazu zwang, entweder für eine werbefreie Nutzung zu bezahlen oder personalisierten Anzeigen zuzustimmen.
Dies kommt zu den Milliarden Euro der von Brüssel verhängten Geldstrafen und rückwirkenden Steuern hinzu, die in den letzten Jahren Big-Tech-Unternehmen aus den USA getroffen hatten.
"Der Zweck dieser Regeln ist nicht, US-Unternehmen zu bestrafen, sondern einen fairen Wettbewerb und digitale Märkte zu gewährleisten, die die europäischen Werte respektieren", sagt Arnal gegenüber der DW und unterstützte damit die Position der EU, dass ihre digitalen Vorschriften "vollständig außerhalb des Geltungsbereichs jeglicher Handelsverhandlungen" liegen sollten.
Welche Druckmittel hat Brüssel?
Als Reaktion auf Trumps frühere Zollandrohung bereitete die EU Vergeltungszölle in Höhe von 25 Prozent auf US-Exporte im Wert von 93 Milliarden Euro vor. Brüssel setzte die Gegenmaßnahmen jedoch nicht um und entschied sich, zunächst den Verlauf der Verhandlungen abzuwarten. Dieser Ansatz wurde später wegen seiner vermeintlichen Schwäche vielfach kritisiert, was zu Forderungen aus der gesamten EU nach einer härteren Haltung gegenüber Trumps jüngster Aggression führte.
Eine abwartende Haltung sei "akzeptabel, wenn Vertrauen, Vorhersehbarkeit und Stabilität in den transatlantischen Beziehungen herrschen. Aber das ist nicht mehr der Fall", so Rem Korteweg. "Ist Europa nun bereit, sich zu wehren und Macht mit Macht zu begegnen?"
Selbst wenn dies der Fall wäre, fehlt der EU ein Trumpf wie ihn China mit den Seltenen Erden besitzt. Die USA sind auf diese kritischen Mineralien angewiesen, die Peking als strategisches Druckmittel in den Verhandlungen mit der Trump-Regierung einsetzt.
Die EU ist zwar nach wie vor einer der größten Wirtschaftsblöcke der Welt, aber sie ist nach wie vor stark von den US-Technologiegiganten abhängig, von Cloud-Diensten über Social-Media-Plattformen bis hin zur Entwicklung künstlicher Intelligenz. Der Krieg in der Ukraine erinnert ständig daran, wie sehr die EU in Sicherheitsfragen von den USA abhängig ist.
Könnte die EU zum ersten Mal Anti-Zwangsmaßnahmen einsetzen?
Als Reaktion darauf könnte Brüssel sein Anti-Zwangs-Instrument (ACI) einsetzen – eine neue Verordnung, die darauf abzielt, wirtschaftliche Einschüchterungen durch Drittstaaten zu bekämpfen. Das ACI wurde ursprünglich nach dem Handelsstreit zwischen China und Litauen konzipiert und ermächtigt die Europäische Kommission, mit einer Reihe von Gegenmaßnahmen zu reagieren.
Dazu gehören Zölle, Exportkontrollen, Beschränkungen des geistigen Eigentums und der Investitionsströme sowie die Sperrung des Zugangs zum EU-Binnenmarkt. Die Forderung, das Instrument in diesem Fall gegen die USA einzusetzen, stößt jedoch auf Skepsis, insbesondere angesichts der abwartenden Verhandlungsposition der Europäischen Union beim letzten Mal.
"Es wäre inkonsequent, von überhaupt keiner Reaktion zur Aktivierung eines ungetesteten und hochpolitischen Instruments zu wechseln", sagt Arnal von Elcano gegenüber der DW. "Außerdem würde dies die Glaubwürdigkeit der Union als Verfechterin des Freihandels untergraben."
Der Bruegel-Experte Roel Dom äußert sich positiver und sagt, die Anti-Zwangsmaßnahme würde der EU mehrere Optionen bieten, um ihre Reaktion auf Trumps jüngste Ziele "fein abzustimmen".
Er weist darauf hin, dass die Drohung mit einer EU-Digitalsteuer von drei Prozent die US-Technologiekonzerne am härtesten treffen würde. Anfang des Jahres hatte man das als Druckmittel in den Handelsgesprächen eingesetzt, später jedoch wieder zurückgezogen. Dom zufolge ist "politisch sehr schwierig", alle 27 Mitgliedstaaten dazu zu bewegen, den Plan zu verabschieden.
Brüssel hat zwar nur begrenzte Möglichkeiten, auf Trumps jüngste Forderungen zu reagieren, doch Analysten sagen, dass es auch nicht zurückweichen kann, wie Kanada, das kürzlich seine Digitalsteuer wenige Stunden vor ihrem Inkrafttreten wieder abgeschafft hat, um die Handelsgespräche mit den USA wieder aufzunehmen.
"Es ist wichtig, dass die EU in Bezug auf die Regulierung der Technologiebranche nicht nachgibt, da dieses Thema so grundlegend mit allen Aspekten der Souveränität verbunden ist und einen gefährlichen Präzedenzfall schaffen würde", unterstreicht Roel Dom gegenüber der DW.
Der Artikel wurde aus dem Englischen adaptiert