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Machen Computer Schüler dümmer statt klüger?

Fred Schwaller
30. November 2023

Computer haben nach Angaben von 40 Wissenschaftlern einen negativen Einfluss auf die Entwicklung von Kindern. Die Forschenden haben eine Petition gegen die Digitalisierung in deutschen Schulen eingereicht.

Grundschüler melden sich im Klassenraum
Wer weiß es? Schadet oder nützt der Einsatz digitaler Medien bei Unterricht von Kleinkindern?Bild: Dave Thompson/PA/picture alliance/empics

Computer und Tablets sind ein immer wichtigerer Bestandteil der Bildung in den Klassenzimmern. 46,7 % der Grundschulklassen weltweit haben nach UN-Angaben Zugang zu Computern, in der EU sind es sogar 98 %.

Nicht alle Forschenden vertreten jedoch die Meinung, dass Computer im Unterricht tatsächlich von Vorteil sind. Ralf Lankau, Professor für Medientheorie an der Hochschule Offenbach, sagte: "Tablets und Laptops machen Kinder nicht schlauer, sondern dümmer". Lankau bezieht sich dabei auf Kinder bis 10 Jahre.

Lankau ist einer von 40 Forschenden, die über die Gesellschaft für Bildung und Wissen eine Petition gestartet haben, um ihre Besorgnis über die Auswirkungen digitaler Technologien auf die Entwicklung von Kindern zum Ausdruck zu bringen.

Sie fordern ein Moratorium für die Digitalisierung in deutschen Schulen und Kindergärten für Kinder im Alter von 4-11 Jahren.

"Es geht nicht um ein Verbot der digitalen Technik, sondern um eine Rückbesinnung auf die Aufgabe des Unterrichts", so Lankau gegenüber der DW. "Wir sollten uns fragen: Was ist das Lernziel und wie können uns analoge und digitale Medien helfen, es zu erreichen? Und nicht: Welche neue Technik gibt es und wie setzen wir sie in der Schule ein?".

Überdenken der Ausbildung im Bereich der Digitaltechnik

Die Petition kommt ausgerechnet zu einer Zeit, in der die deutschen Schulen für ihren Rückstand bei der Digitalisierung kritisiert werden.

Aber Lankau und die anderen Forschenden wollen, dass das deutsche Bildungsministerium den Einsatz von Technik in deutschen Kindergärten und Klassenzimmern überdenkt.

Laut Lankau konzentriere sich das derzeitige Bildungssystem nicht ausreichend auf das individuelle Lernen und den pädagogischen Nutzen sozialer Fähigkeiten. 

"Bildungseinrichtungen sollten sich darauf konzentrieren, wie Individuen sich gemäß ihren eigenen Interessen und Neigungen entwickeln können und gleichzeitig Teil der sozialen Gemeinschaft werden."

Das Hauptproblem sei nach Ansicht des Medientheoretikers an der Hochschule Offenbach, dass die Informationstechnologie und Wirtschaftsverbände seit 40 Jahren bestimmen, was in den Schulen passiert, während wir fragen sollten: "Was braucht ihr vor Ort in eurer Schule, personell und vielleicht auch medientechnisch?", so Lankau.

Wie beeinflussen Computer die Entwicklung von Kindern?

Der Vorstoß stößt bei anderen Forschenden auf wenig Verständnis. Maria Hatzigianni, Expertin für frühkindliche Bildung und digitale Technologien an der Universität von West-Attika in Griechenland hält Lankaus Kommentare für einen alten "technikfeindlichen" Trend.

"Die Leute machen diese Bemerkungen über Computer seit den 1990er Jahren. Jedes Mal, wenn eine neue Technologie auf den Markt kommt, geraten die Menschen in Panik. Schon Sokrates sagte vor fast 2.500 Jahren, dass das Aufschreiben von Dingen uns vergesslich macht", so Hatzigianni gegenüber der DW.

Bildungsexperten sagen, dass neue Technologien die Lernfortschritte von Kindern fördern, wenn die Kinder von Lehrern gut betreut werden.Bild: Hannibal Hanschke/REUTERS

Aber wie schädlich ist die Computernutzung für Kinder wirklich? Ist dies nur ein weiterer Fall, in dem Erwachsene den Kindern sagen, sie sollen sich von ihren Bildschirmen fernhalten, oder sind die Bedenken begründet?

Lebhafte Debatte über Digitalisierung

Laut Prakash Ranganathan, dem Direktor des Zentrums für Cybersicherheitsforschung an der Universität von North Dakota in den USA, sind die wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Auswirkungen digitaler Technologien auf die Entwicklung von Kindern gemischt.

"Es gibt einige Hinweise bezüglich Auswirkungen auf die kognitive Entwicklung. So kann die Unfähigkeit, sich nach übermäßiger Computernutzung zu konzentrieren, zu einer passiven Lernerfahrung führen, die kritisches Denken und Problemlösungsfähigkeiten behindern kann. Es ist jedoch unklar, ob diese potenziellen negativen Auswirkungen von kurzer oder langer Dauer sind", so Ranganathan gegenüber der DW.

Einige Studien deuten darauf hin, dass die übermäßige Nutzung von Computern die körperliche Gesundheit durch sitzende Tätigkeiten beeinträchtigt, einschließlich einer Zunahme von Fettleibigkeit, Schlafstörungen und Angstzuständen.

Die Corona-Pandemie hat der Digitalisierung des Unterrichts einen zusätzlichen Schub gegeben Bild: Michael Schick/imago images

Viele dieser Befürchtungen stehen im Zusammenhang mit allgemeineren Ängsten über die Auswirkungen des Internets und der sozialen Medien auf junge Menschen, aber Ranganathan sagte, dass mehr Forschung nötig ist, um die Zusammenhänge zu erkennen.

Computer können Entwicklung fördern

Laut Ranganathan gebe es auch viel Positives zu berichten.

Sowohl Ranganathan als auch Hatzigianni wiesen auf Forschungsergebnisse hin, wonach der Einsatz digitaler Technologien in einem Lernkontext die Lese-, Schreib- und Rechenfähigkeiten, die manuelle Geschicklichkeit und das visuell-räumliche Arbeitsgedächtnis verbessert.

Studien haben ergeben, dass die Nutzung interaktiver digitaler Technologien durch Kinder den Spracherwerb, die exekutiven Funktionen (die Fähigkeit, sich zu konzentrieren und Dinge zu erledigen) und die Gedächtnisleistung verbessert.

"Es gibt Robotik, Codierung, Sprachenlernen, funktionale Alphabetisierung und Mathematik. Die Technologie ist ein Werkzeug, das uns den Zugang zu Informationen erleichtert und uns hilft, kreativ zu sein. Das hilft ungemein bei der Metakognition", so Hatzigianni. Unter Metakognition versteht man die Auseinandersetzung mit den eigenen kognitiven Prozessen (zum Beispiel Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Aufmerksamkeit, Kreativität).

Ein Internetsüchtiger geht offline

12:05

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Beteiligung der Kinder an ihrer Bildung

Die Expertin für frühkindliche Bildung und digitale Technologien Hatzigianni hat mit der griechischen Regierung zusammengearbeitet, um digitale Lern-Apps für Kinder in Kindergärten im Alter von 4-6 Jahren zu entwickeln. Laut Hatzigianni sei die Arbeit an der Schaffung anpassungsfähiger Lernplattformen, die Kinder, Lehrer und Eltern gemeinsam einbeziehen, am erfolgreichsten.

"Die richtige Frage sollte lauten: Wie können wir die richtige Technologie einsetzen, um das Lernen und den Unterricht zu verbessern, und nicht, um uns davor zu fürchten", so Hatzigianni.

Es sei wichtig, dass Pädagogen mit den Kindern zusammenarbeiten, um ein gesundes digitales Leben zu schaffen, so Hatzigianni.

Sie kritisierte die deutsche Gruppe dafür, dass sie den Input der Kinder ignoriert: "Es ist ziemlich ironisch, dass sie sagen, sie wollen Kindern mehr kritisches Denken und Analyse beibringen, aber dann nehmen sie den Kindern die Entscheidung über ihre eigene digitale Bildung weg. Wurde jemals nach der aktiven Beteiligung der Kinder gefragt?"

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