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Afrika: Tech-Konzerne zu Kasse bitten

Martina Schwikowski
8. Februar 2021

US-Konzerne vermeiden Steuerzahlungen im Ausland. Afrikanische Nutzerländer wollen sich die Einnahmen nicht länger entgehen lassen und diskutieren über Digitalsteuern.

Junge Frauen in weißen Blusen sitzen vor PCs
Bisher profitieren afrikanische Länder zu wenig davon, wenn Tech-Firmen in Afrika Profit machenBild: Friedrich Stark/photothek/imago images

Die marktbeherrschenden US-Tech-Firmen wie Amazon oder Microsoft machen trotz der weltweiten Krise großen Umsatz - auch in Entwicklungsländern. Und genau da liegt das Problem: Die Profiteure mit Sitz im Ausland zahlen kaum Steuern in den Ländern, die ihren digitalen Service nutzen.

Dabei könnten afrikanische Staaten diese Steuergelder einsetzen, um die angeschlagene Wirtschaft und die desolate Gesundheitsversorgung gerade in Zeiten von COVID-19 zu stärken, sagen Entwicklungsinstitutionen.

Große Steuerverluste in Afrika

Ein Bericht der britischen Nichtregierungsorganisation ActionAid International zur Steuervermeidung von US-Firmen errechnet einen großen Verlust: Demnach könnten 20 Ländern des globalen Südens - darunter zwölf Staaten in Subsahara-Afrika - bis zu 2,8 Milliarden US-Dollar an Steuereinnahmen entgehen. Allein von den drei Unternehmen Facebook, Microsoft und der Google-Muttergesellschaft Alphabet.

Als Gründe nennt David Archer, Sprecher von ActionAid, veraltete globale Steuerregelungen, die es den großen Firmen erlauben, ihre Gewinne in Steuerparadiese zu verschieben, aber auch ein fehlendes weltweites Abkommen, das jedes Land zu einem transparenten Verhalten in Sachen Steuern verpflichtet.

Statt Lösung ist OECD eher "Hürde"

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat ein internationales Steuerkonzept ausgearbeitet, aber die Verhandlungen stocken. Laut Archer sei die OECD die größte Hürde: "Sie ist ein Klub reicher Nationen, die sich nicht so sehr um die Bedürfnisse der Entwicklungsländer scheren", meint Archer und fügt an: "Vorschläge und Prozesse werden verzögert."

Mustapha Ndajiwo, Gründer des African Centre for Tax and Governance (ACTG) in Nigeria, findet gewisse Ansätze der OECD zwar nicht verkehrt, sagt aber auch: "Afrikanische Länder haben ihre eigenen Schritte zur Verringerung der Steuerverluste unternommen." Zum Beispiel werden Transaktionen und elektronische Überweisungen besteuert.

Nigeria verordnet digitale Steuer

Nigeria versucht laut Ndajiwo, der Steuervermeidung der Tech-Firmen an zwei Fronten entgegenzuwirken: Erstens ist seit 2019 im Finanzgesetz eine indirekte Mehrwertsteuer auf digitale Dienste festgeschrieben. Wenn ein Nigerianer seine Bestellung bei Amazon bezahle, gehe die Mehrwertsteuer in die Taschen der Regierung, sagt Ndajiwo. Der zweite Ansatz sieht vor, dass ausländische Firmen ohne Sitz in Nigeria Steuern auf ihre Profite zahlen müssen, die sie durch digitale Dienstleistungen im Land erzielt haben.

Diese Gewinnbesteuerung bezeichnet Ndajiwo als "das Hauptproblem". Seiner Ansicht nach ist diese eher komplexe Regelung, die vor einem Jahr eingeführt wurde, nicht leicht umzusetzen.

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Und damit sei auch noch nicht die Profit-Verschiebung in Steueroasen behoben. Selbst bei der einfachen, indirekten Steuerzahlung für digitale Dienste gibt es ein Problem: "Die Firmen können die Steuern sofort auf den Verbraucher umlegen", sagt Ndajiwo. Das passierte 2020 in Großbritannien, als das Vereinigte Königreich eine Digitalsteuer einführte. Und das könnte auch in Kenia eintreten, sagt der Steuerexperte.

Kenia: Steuer zur "falschen Zeit"

Das ostafrikanische Land hat mit Beginn des Jahres 2021 eine Steuer auf alle digitalen Dienstleistungen in Höhe von 1,5 Prozent in Kraft gesetzt, unabhängig vom Unternehmenssitz. Damit sollen auch globale Player wie der Taxikonkurrent Uber oder Streaming-Dienst Netflix erfasst werden. Lokalen Medienberichten zufolge hofft Kenia bereits im ersten Halbjahr 2021 umgerechnet rund 37,8 Millionen Euro (5 Milliarden Kenianische Shilling) einzunehmen.

"Diese Besteuerung kommt zur falschen Zeit", sagt Nimmo Elmi im DW-Interview. Sie arbeitet wie auch ihr Kollege Ndajiwo bei ACTG - allerdings mit Schwerpunkt Kenia. "Viele Geschäfte leiden schon stark unter dem Wirtschaftseinbruch durch COVID-19 und sie sollen jetzt zusätzliche Steuern zahlen." Elmi fordert, eine Unterscheidung bei der Besteuerung ausländischer und kenianischer Unternehmen.

Digitale Dienstleistungen aller Art werden in Kenia seit Jahresanfang besteuert - dazu gehört auch Fahrdienstvermittler UberBild: Daniel Irungu/dpa/picture alliance

Afrika fürchtet Vergeltungszölle aus den USA

Hilfe bei der Einführung einer Digitalsteuer bietet das in Südafrika ansässige African Tax Administration Forum (ATAF). Es zählt bereits 38 Mitglieder aus allen afrikanischen Regionen, denen es technische Unterstützung bei Steuerfragen gibt. ATAF arbeitet dabei auch mit der Afrikanischen Union zusammen.

"Aus Gesprächen mit unseren Mitgliedern wissen wir, dass einige andere afrikanische Länder die Einführung einer Steuer für digitalen Service in Erwägung ziehen", sagt ATAF-Geschäftsführer Logan Wort. Neben Kenia hat auch Simbabwe eine solche Abgabe bereits eingeführt. "Einige Mitglieder haben jedoch Bedenken hinsichtlich möglicher Vergeltungsmaßnahmen der USA gegen sie", sagt Logan im DW-Interview. "Das könnte zur Verhängung von Zöllen auf die Exporte aus den Ländern in die USA führen."

Weltweites Problem: Auch Europa sucht nach Lösungen

Die Sorge ist durchaus berechtigt. 2019 kündigten die USA Strafzölle gegen Frankreich an, als das europäische Land eine Digitalsteuer einführen wollte. Die neue US-Regierung unter Joe Biden hat kürzlich jedoch zugestimmt, dass Tech-Unternehmen einen größeren Anteil ihrer Einnahmen in den Ländern zahlen sollten, in denen sie tätig sind. Auch sei eine Mindestbesteuerung bei der Unternehmenssteuer im Gespräch, so ein Signal aus den USA. Frankreich nahm das positiv auf und hofft laut Finanzminister Bruno Le Maire auf ein internationales Abkommen noch im ersten Halbjahr 2021.

In Afrika überwiegt noch die Skepsis - Logan Wort sagt dazu: "Solange unsere Länder auf eine globale, konsensbasierte Lösung warten, sollten sie als Block handeln und sich gegen mögliche US-Vergeltungszölle wehren." Auch Nigeria-Experte Mustapha Ndajiwo spricht sich dafür aus, dass die Länder besser zusammenarbeiten.

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