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Diplomatie: Japan hofft auf mehr deutschen Pragmatismus

Martin Fritz aus Tokio
18. August 2025

Der erste Besuch des deutschen Außenministers Johann Wadephul in Japan unterstreicht die engere Zusammenarbeit mit Tokio, dem größten deutschen "Wertepartner" in Ostasien.

Japan Tokio 2025 | Außenminister Johann Wadephul und sein Amtskollege Takeshi Iwaya geben sich die Hand
Die erste Asienreise führt Außenminister Johann Wadephul (CDU) nach Japan Bild: Rodrigo Reyes Marin/ZUMA Press Wire/IMAGO

Johann Wadephuls Antrittsbesuch in Japan an diesem Montag und Dienstag (18. -19.08) erfreut die Regierung in Tokio doppelt. Erstens wählte der neue deutsche Außenminister Japan als erstes asiatisches Ziel. In den 16 Jahren unter Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte Deutschland nach japanischer Ansicht China bevorzugt. Zweitens zeigt sich Wadephul als ausgewiesener Freund und Kenner Japans. Der 62-jährige Norddeutsche engagiert sich im Deutsch-Japanischen Forum, das den jährlichen Austausch zwischen beiden Ländern fördert.

"Japan hofft, dass Deutschland in vielen Bereichen - von der Ukraine-Hilfe bis zur Wissenschaft und Technik - aktiv Kooperationen anbietet", erklärt Norihide Miyoshi, ehemaliger Deutschland-Korrespondent der konservativen Tageszeitung Yomiuri Shimbun. "Während die Regierungen Merkel und Scholz oft ideologisch geprägte Ansätze in der Energie- und Migrationspolitik verfolgten, agiert die Merz-Regierung pragmatischer. Das erleichtert Gespräche und eröffnet Chancen, die Beziehungen auszubauen."

Nach der Bildung der Koalitionsregierung von CDU und SPD im Mai wünschten sich mehrere japanische Zeitungen ein außenpolitisch stärkeres Deutschland. "Die neue deutsche Regierung muss als Dreh- und Angelpunkt Europas Führungsstärke zeigen", forderte die Finanzzeitung Nihon Keizai Shimbun.

Deutsche Fregatte im Südchinesischen Meer

03:14

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"Geopolitisch herausfordernde Zeiten"

Zum Auftakt des Besuchs trifft Wadephul seinen Amtskollegen Takeshi Iwaya und den Minister für Wirtschaft, Handel und Industrie, Yoji Muto. Begegnungen mit Premier Shigeru Ishiba und Zoll-Chefunterhändler Ryosei Akazawa sind in Vorbereitung. Viele Themen sind gesetzt: Trumps Zollpolitik, Putins Krieg gegen die Ukraine, Chinas Machtstreben, Israels Krieg mit der Hamas. Wadephul hält zudem eine Rede über Deutschland und Japan in "geopolitisch herausfordernden Zeiten".

Der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD nennt Japan "einen engen Wertepartner", die neue Regierung wolle die "strategische Partnerschaft" vertiefen. "Japan und Deutschland wollen die Normen der liberalen internationalen Ordnung bewahren, die massiv ins Wanken geraten ist", sagt Sebastian Maslow vom Institut für Sozialwissenschaften an der Universität Tokio. "Die seit 2023 regelmäßigen Regierungskonsultationen unterstreichen Japans wachsende Bedeutung für Deutschlands Außenpolitik."

Deutsche Fregattte "Baden-Württemberg" am 20. August 2024 in TokioBild: Bundeswehr/Julia Kelm

Ein zentrales Element ist laut Maslow die engere Rüstungszusammenarbeit. Ein Beispiel: der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall kooperiert mit dem japanischen Handelshaus Marubeni, um autonome Bodenfahrzeuge für Japans Streitkräfte zu produzieren. Die ersten drei Fahrzeuge werden bereits in Japan getestet.

Außenpolitischer Fokus auf Indopazifik

Japan hat seine Außen- und Sicherheispolitik zu Lasten der früheren pazifistischen Grundhaltung neu justiert. Als Antwort auf Chinas Hegemoniestreben setzt sich Tokio für "einen freien und sicheren Indopazifik" ein, um wichtige globale Handelsrouten offen zu halten. Japan erhöhte die Verteidigungsausgaben, intensivierte die militärische Zusammenarbeit mit den USA und schloss eine Partnerschaft mit der NATO in Bereichen wie Cybersicherheit und Desinformation. Nach dem Angriff auf die Ukraine verhängte Japan Sanktionen gegen Russland.

Deutschland definierte seine Asienpolitik ab 2020 neu und übernahm Japans geopolitisches Konzept vom "Indopazifik". Dabei verstärkte Berlin die Verteidigungskooperation mit Japan, zum Beispiel durch gemeinsame Übungen der Luftwaffen und die verstärkte Präsenz der Bundeswehr in Ostasien. Im Herbst durchquerte die Fregatte "Baden-Württemberg" die Straße von Taiwan. Deutschland tauscht auch Geheiminformationen mit Japan aus.

(Archiv) US-Militärstützpunkt auf der japanischen Insel OkinawaBild: Yusuke Hayasaka/AP Photo/picture alliance

Zweifel an den USA als Sicherheitsgarant

Japan wie Deutschland suchen Antworten auf die wachsende Distanz der USA zur liberalen Weltordnung, für beide sind die USA das sicherheitspolitische Rückgrat. Unterschiede sieht Journalist Miyoshi jedoch in der Einschätzung Chinas. Japan fühlt sich militärisch bedroht, während Deutschland wirtschaftliche Interessen im Blick hat. "Besonders Trumps Zollpolitik lässt Japan befürchten, dass China für Deutschland als Markt wieder wichtiger wird", meint Miyoshi. Die Merz-Regierung sollte Verständnis für die japanische Sichtweise zeigen.

Am Dienstag besucht Wadephul noch die US-Militärbasis in der Hafenstadt Yokosuka. Von dort überwacht die "Enforcement Coordination Cell" (ECC) die Einhaltung der UN-Sanktionen gegen Nordkorea und koordiniert die Durchsetzung der Sanktionen. Die ECC besteht aus einer multinationalen Koalition, der auch Japan und Deutschland angehören. Zuletzt besuchte Verteidigungsminister Boris Pistorius die ECC im März 2023.

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