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Diplomatischer Eklat: Wadephul sagt China-Reise erstmal ab

24. Oktober 2025

Eiszeit zwischen Peking und Berlin: Eigentlich sollte Bundesaußenminister Johann Wadephul am Wochenende nach China fliegen. Diese Reise ist nun vom Tisch. Offenbar fehlt derzeit die gemeinsame Basis für Gespräche.

 Außenminister Johann Wadephul reist in die Türkei für Gespräche zum Gaza-Friedensplan
Ein Flugzeug nach China wird Außenminister Johann Wadephul am Sonntag nicht besteigen Bild: Michael Kappeler/dpa/picture alliance

Es ist zweifellos eine außergewöhnliche diplomatische Offenbarung, die die Sprecherin des deutschen Auswärtigen Amtes, Kathrin Deschauer, da am Freitag zu verkünden hatte: Kurz nach Beginn der Routine-Pressekonferenz der Bundesregierung in Berlin teilte die Sprecherin von Außenminister Johann Wadephul  mit, dass der CDU-Politiker nicht wie geplant am kommenden Sonntag nach China fliegen werde. Zu einer Reise, die schon seit langem geplant war. Wadephul sollte bis Mittwoch in China bleiben, um neben Peking auch die Wirtschaftsmetropole Guangzhou im Süden des Landes zu besuchen.

Es hätte eine Art Antrittsbesuch der seit Mai amtierenden Bundesregierung aus Konservativen und Sozialdemokraten in Peking sein sollen. Und nun wird er rund 48 Stunden vor Beginn "verschoben, nicht abgesagt", wie die Sprecherin noch hinzufügte.

Wollte Wadephul auch über Handelsprobleme sprechen?

Offiziell heißt es von deutscher Seite, Wadephul habe sich um Termine nicht nur mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi bemüht, sondern auch um weitere Gesprächspartner etwa aus der chinesischen Wirtschaft. Außerdem war geplant, deutsche Wirtschaftsvertreter mit auf die Reise zu nehmen.

Sicher kein Geheimnis, dass der deutsche Minister vorhatte, den sich gerade verschärfenden Streit um die Lieferung von Halbleitern aus China nach Europa anzusprechen. Denn beim niederländischen Chiphersteller Nexperia kommt es zu Lieferproblemen, seitdem die Regierung in Den Haag die Kontrolle über das Unternehmen übernommen hat, das seit 2016 in chinesischer Hand ist. Peking stoppte daraufhin die Ausfuhr von Halbleitern, was erhebliche Probleme auch für deutsche Autohersteller bedeuten kann.

In den Räumen der Halbleiter-Firma Nexperia in einem Werk in Deutschland: Export-Stopp aus China gefährdet auch die deutschen AuoherstellerBild: David Hammersen/dpa/picture alliance


Auch die Rolle Chinas im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine  hätte nach den Wünschen der Deutschen Thema der Gespräche sein sollen. Der Nachrichtenagentur Reuters sagte Wadephul vor einigen Tagen: "China ist international ein entscheidender Akteur. China hat ein wachsendes Gewicht in der Welt. Und China kann dieses Gewicht dafür einsetzen, dass sich Russland endlich auf ernsthafte Verhandlungen einlässt." Nur wollte die Führung in Peking ganz offensichtlich nicht darüber reden. Am Ende waren die Vorstellungen beider Seiten wohl so unterschiedlich, dass die Reise schließlich abgesagt wurde.

Merz-Antrittsbesuch in Peking steht noch aus

Damit steht auch in den Sternen, wann Bundeskanzler Friedrich Merz nach Peking reist. Seine Antrittsbesuche bei den europäischen Verbündeten und in den USA hatten Merz das Image eingebracht, ohne große Eingewöhnung gut auf dem internationalen Parkett gestartet zu sein. Seine möglichen Besuche in China und auch in Indien stehen indes noch aus. Zahlreiche Anfragen von Journalisten, wann diese denn geplant seien, blieben bislang erfolglos.

Da war noch alles halbwegs gut: Die Außenminister Wang Yi (l.) und Johann Wadephul Anfang Juli in BerlinBild: Markus Schreiber/AP Photo/picture alliance


Dass sich etwas zusammenbraute zwischen den Regierungen beider Länder, war schon am frühen Freitag deutlich geworden. Da forderte ein Sprecher des chinesischen Außenministeriums die deutsche Regierung auf, eine klare und entschiedene Haltung gegen jegliche Aktivitäten für eine Unabhängigkeit Taiwans einzunehmen und das Ein-China-Prinzip strikt einzuhalten. Peking betrachtet Taiwan als Teil seines chinesischen Territoriums und reagiert extrem empfindlich auf Annäherungen anderer Regierungen an Taipeh.

Wie viele andere Staaten auch erkennt Deutschland Taiwan offiziell nicht an, pflegt aber Kontakte zu der wirtschaftlich starken Insel, von deren Chip-Industrie zahlreiche Branchen weltweit abhängig sind. Zuletzt hatte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer, wie Merz und Wadephul in der CDU, Taiwan besucht.

Immerhin, so hieß es aus Berlin, hätten Wadephul und Wang Yi vereinbart, telefonisch Kontakt aufzunehmen. Mehr Diplomatie ist zwischen beiden Seiten offenbar im Moment nicht möglich. Noch im Juli war das anders, da war der chinesische Chefdiplomat zu Gesprächen nach Berlin gekommen.