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Politik

Diplomatischer Erfolg: Einigung um Idlib

Daniel Heinrich
17. September 2018

Idlib ist die letzte Rebellenhochburg Syriens. Die Türkei und Russland haben sich nun auf die Einrichtung einer demilitarisierten Zone geeinigt. Die größte Gefahr für die Zivilbevölkerung scheint gebannt.

Russian President Putin meets with his Turkish counterpart Erdogan in Sochi
Bild: Reuters/A. Zemlianichenko

Es ist ein diplomatischer Sieg für den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan: Er konnte den russischen Präsidenten Wladimir Putin bei einem Kurzbesuch in Sotschi davon überzeugen, in der syrischen Rebellenzone Idlib bis zum 15. Oktober eine demilitarisierte Zone einzurichten. Alle Kämpfer der Opposition müssten diese 15 bis 20 Kilometer breite Zone verlassen. Ihre schweren Waffen sollten abgezogen werden. Türkische Soldaten und russische Militärpolizei sollen demnach die Zone gemeinsam kontrollieren. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu ließ sich nach dem Treffen mit den Worten zitieren, dass damit auch ein Angriff auf Idlib, das letzte große zusammenhängende Gebiet unter Herrschaft von Aufständischen in Syrien, ausgeschlossen sei.

Wie wichtig eine dauerhafte friedliche Lösung in Idlib vor allem für die Zivilbevölkerung ist, macht Ilyas Saliba deutlich: "In Idlib steht das Leben von mindestens zweieinhalb Millionen Menschen, die in der Region leben, beziehungsweise im Laufe der vergangenen Jahre dorthin geflohen sind, auf dem Spiel," so der Nahostexperte von Amnesty International im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Aufgrund des bisherigen Kriegsverlaufes wissen wir, dass bei vergangenen Offensiven, zum Beispiel in Aleppo oder Ost-Ghouta, die dort lebende Zivilbevölkerung enorm unter den willkürlichen Bombardements durch Fassbomben, Streubomben und Giftgas leiden musste." 

Nahostexperte Ilyas SalibaBild: R. Rebmann

Türkisches Eigeninteresse

Erdogans Intervention beim russischen Präsidenten lag auch in handfesten strategischen Interessen begründet. Zum einen unterstützt Ankara, das sich seit Beginn des Syrienkrieges gegen Machthaber Baschar al-Assad gewandt hat, einen Teil der syrischen Opposition. Neben der humanitären Katastrophe ließ die türkische Regierung auch die drohende Massenmigration in die Türkei zur diplomatischen Höchstform auflaufen. Das machte der AKP-Politiker Mustafa Yeneroglu schon vor dem Treffen von Erdogan und Putin klar. Über 10.000 Menschen hätten sich schon auf die Flucht begeben, so das Vorstandsmitglied der Regierungspartei AKP: "Idlib ist eine Provinz, die an der Grenze zur Türkei liegt. Deswegen ist es natürlich so, dass die Menschen, weil Idlib auch die letzte Deeskalationszone ist, sich in Richtung Türkei bewegen. Da muss man davon ausgehen, dass fast eine Million Menschen sich Richtung Türkei begeben werden, und das wird weitere große Katastrophen mit sich bringen."

Idlib im Nordwesten gilt als letzte große Rebellenhochburg. Durch den Bürgerkrieg ist Syrien komplett zersplittert

Ein weiteres Motiv für die türkische Diplomatie-Offensive ließ Yeneroglu unter den Tisch fallen: Die türkische Regierung möchte unter allen Umständen die Entstehung einer autonomen kurdischen Region an der Grenze zur Türkei verhindern. Die Regierung in Ankara fürchtet, Kurden in Syrien könnten die kurdische Minderheit in der Türkei unterstützen. Um eine Einigung zu erzielen, hatte es schon Anfang September ein Gipfeltreffen zwischen der Türkei, Russland und dem Iran gegeben. Damals war das Treffen ohne Ergebnis zu Ende gegangen.

Durchatmen in Berlin

Im politischen Berlin dürfte die Einigung um Idlib für Erleichterung sorgen. Heiko Maas, der deutsche Außenminister, hatte zwar nach einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow Ende vergangener Woche via Kurznachrichtendienst Twitter die deutsche Position deutlich gemacht.

Zu einer der drängendsten Fragen hat sich der Außenminister allerdings noch nicht geäußert: Sollte Deutschland sich an einer Militäraktion beteiligen, wenn es in Syrien zum Einsatz von Giftgas käme? Seine Partei, die SPD, hatte das strikt abgelehnt. Seine Kabinettskollegin, Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), mochte einen deutschen Militärschlag jedoch nicht ausschließen. Erst in der vergangenen Woche hatte der Syrien-Gesandte der USA, James Jeffrey, in Gesprächen mit der Bundesregierung darum gebeten. Der wissenschaftliche Dienst des Bundestags wiederum hatte eine deutsche Beteiligung bereits als völkerrechts- und verfassungswidrig eingestuft. Durch die Einigung von Erdogan und Putin hat sich dieses Problem nun vermutlich in Luft aufgelöst. 

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