Tauziehen um die Krim
15. März 2014Die Krim gehört seit 1954 zur Ukraine und genießt innerhalb des Landes einen Autonomiestatus. Die Bevölkerung setzt sich größtenteils aus Ukrainern, Tataren und Russen zusammen - letztere bilden die größte Bevölkerungsgruppe und könnten sich bei dem Referendum leicht durchsetzen. Daher gilt ein Anschluss an Russland als sehr wahrscheinlich. Kurz vor dem Referendum liefen die diplomatischen Kanäle heiß. Ein Überblick der unterschiedlichen Positionen der Beteiligten.
Russland steht hinter dem Referendum
Kurz nachdem der gestürzte ukrainische Präsident Viktor Janukowitsch nach Russland geflohen war, hat Moskau auf der Krim Fakten geschaffen. Soldaten ohne offizielle Abzeichen an den Uniformen besetzten alle strategisch wichtigen Einrichtungen auf der ukrainischen Halbinsel. Russland hat durch die Schwarzmeerflotte, die im Hafen von Sewastopol liegt, ohnehin eine große Militärpräsenz auf der Krim. Putin bestreitet aber offiziell einen Einsatz russischer Soldaten auf der Krim und spricht von "lokalen Selbstverteidigungs-Einheiten".
Das Referendum über einen Beitritt der Krim zur Russischen Föderation wird von Moskau begrüßt. Offiziell heißt es, die Bürger der Krim sollten selbst über ihre Zukunft entscheiden. Außenminister Sergej Lawrow sagte, Russland werde "den Willen der Bevölkerung der Krim akzeptieren". Den Großteil der Kosten für das Referendum - etwa 1,5 Millionen Euro - wird von Moskau getragen. Putin stellte klar, dass das Referendum aus russischer Sicht nicht gegen das Völkerrecht verstoße.
Krim-Regierung zieht es nach Russland
Nach dem Umsturz in Kiew kam es auch im Parlament der Krim zu einem Regierungswechsel. Der bisherige Ministerpräsident Anatolij Mohiljow wurde für abgesetzt erklärt und Sergej Aksjonow übernahm die Macht. Er wird von der Regierung in Kiew nicht anerkannt, wohl aber von Moskau.
Aksjonow bereitete eine schnelle Abstimmung über die Zukunft der Krim vor und bat Moskau um Unterstützung. Er tritt für einen baldigen Anschluss der Krim zur Russischen Föderation ein. Putin und das Parlament in Moskau haben bereits signalisiert, der Aufnahme zuzustimmen.
Ukraine kann die Entwicklung kaum aufhalten
Die neue ukrainische Regierung unter Ministerpräsident Arsenij Jazenjuk und Präsident Alexander Turtschinow erklärten das Referendum auf der Krim zu einer vom Kreml gesteuerten "Farce". Kiew werde das Ergebnis keinesfalls anerkennen. Jazenjuk erklärte, die Ukraine werde sich beim Kampf um die Einheit ihres Staatsgebiets "niemals ergeben".
Faktisch scheinen der ukrainischen Regierung aber die Hände gebunden. Die Kontrolle über die Krim üben längst russische Kräfte aus, auf einen bewaffneten Konflikt mit Russland um die Krim wird es Kiew wohl nicht ankommen lassen.
USA öffnen diplomatische Hintertür
Die Vereinigten Staaten haben angekündigt, das Ergebnis des Referendums nicht anzuerkennen, da die Abstimmung völkerrechtswidrig sei. Außerdem kündigte Präsident Barack Obama "rasche Konsequenzen" an. Die USA sprechen sich dafür aus, harte Wirtschaftssanktionen gegen Moskau zu verhängen und ziehen es in Erwägung, Russland aus der Gruppe der G8 auszuschließen.
US-Außenminister Kerry hatte sich am Freitag (14.03.2014) mit seinem russischen Amtskollegen Lawrow getroffen um doch noch eine diplomatische Lösung zu finden. Beide Seiten beharrten jedoch auf ihren Positionen. Kerry erklärte, der Wille der Krim-Bevölkerung könne auch dadurch erfüllt werden, dass die Wirtschaft der Region verbessert und die Nöte der Menschen respektiert würden.
EU ist uneins über Sanktionen
Die Europäische Union ist sich einig darüber, dass das russische Vorgehen auf der Krim einen Bruch des Völkerrechts darstellt und wird das Ergebnis des Referendums auf der Krim nicht anerkennen.
Nicht einig ist man sich in Brüssel jedoch darüber, mit welchen Maßnahmen auf die Abstimmung reagiert werden soll. Erste Sanktionen gegen Moskau wurden bereits verhängt. Der britische Außenminister William Hague sagte jedoch: "Die Zeit ist reif für striktere Maßnahmen gegen Russland als die, auf die sich die EU-Länder zuvor geeinigt haben".
Der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn mahnte hingegen, die angekündigten Sanktionsschritte sehr sorgfältig abzuwägen. Ohne Zweifel würden die EU-Außenminister am Montag - wie angekündigt - Einreisesperren beschließen, wenn Moskau nicht einlenke. "Die Liste der betroffenen Personen sollte in einem ersten Schritt aber auf die Menschen begrenzt werden, die entscheidend mitgeholfen haben, die Krim von der Ukraine abzuspalten."
Deutschland versucht Einfluss geltend zu machen
Deutschland gilt als das Land in der EU, das die besten Beziehungen zu Russland unterhält und am ehesten in Moskau gehört wird. Beide Länder sind wirtschaftlich eng verbunden. Ein Großteil der deutschen Gasimporte stammt aus Russland, viele deutsche Unternehmen sind in Russland aktiv.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich zuletzt dennoch mit sehr deutlichen Worten an die Adresse Putins gewandt. Sollte Russland nicht sehr bald "auf den Weg des Rechts und der Zusammenarbeit" zurückkehren, werde dies dem Land politisch und wirtschaftlich massiv schaden.
Vereinte Nationen sind kaum handlungsfähig
Im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen hat sich Russland weitgehend isoliert. Die USA hatten noch an diesem Samstag (15.03.2014) eine Resolution in den Rat eingebracht, in dem das Referendum auf der Krim als illegal verurteilt und die territoriale Unversehrtheit der Ukraine hervorgehoben wird. Russland hat mit seinem Veto jedoch eine Annahme der Resolution blockiert.