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Weitere Echo-Rückgaben

20. April 2018

Aus Protest gegen die Echo-Verleihung an die Rapper Kollegah und Farid Bang geben Dirigent Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle ihre Preise zurück. Damit wird die Liste der Verzichter immer länger.

Christian Thielemann Dirigent
Bild: picture-alliance/dpa/F. Neumayr

"Ein Preis, der Verkaufszahlen über alles stellt und am Holocaust-Gedenktag einem Live-Auftritt stattgibt, der einer Verhöhnung der Opfer des Dritten Reiches gleichkommt, wird zum Symbol eines Zynismus, für den wir nicht stehen", erklärte das Orchester in einer Mitteilung. Chefdirigent Thielemann (Archivbild) schließe sich der Haltung der Musiker an und gebe seinen Echo Klassik von 2004 zurück, hieß es. "Kunstfreiheit und das künstlerische Mittel der Provokation entbinden zu keiner Zeit von Verantwortung und den Regeln des guten Geschmacks", hieß es weiter. Das betreffe die Künstler, aber auch die Echo-Verleiher. "Die Sächsische Staatskapelle distanziert sich in aller Deutlichkeit von diesem Preis." Sie war für ihre Einspielung der 9. Sinfonie von Anton Bruckner mit Fabio Luisi 2009 damit ausgezeichnet worden.

Breite Abwendung

Zuvor hatten schon mehrere Echo-Preisträger wie Marius Müller-Westernhagen, der Dirigent Enoch zu Guttenberg oder der Pianist Igor Levit angekündigt, ihre Auszeichnungen aus Protest zurückzugegeben. Auch Sponsoren kehren der Preisgala den Rücken. Der Bundesverband Musikindustrie, der die Auszeichnungen vergibt, denkt über grundlegende Änderungen bei Nominierung und Preisvergabe nach. Der TV-Sender Vox, der die Gala live übertragen hatte, hat nach eigenen Angaben noch nicht entschieden, ob er die Verleihung im kommenden Jahr wieder ausstrahlen will.

Unterdessen hat das Musikunternehmen BMG die Zusammenarbeit mit den Rappern Farid Bang und Kollegah vorerst ausgesetzt. "Wir hatten den Vertrag über ein Album. Jetzt lassen wir die Aktivitäten ruhen, um die Haltung beider Parteien zu besprechen", sagte der BMG-Vorstandsvorsitzende Hartwig Masuch der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". BMG hat das umstrittene Album "Jung, Brutal, Gutaussehend 3" der beiden Rapper veröffentlicht.

die Sächsische Staatskapelle Dresden gibt ihre Auszeichnung zurückBild: picture alliance/PIXSELL

Die Auszeichnung der Künstler mit dem Musikpreis Echo in der vergangenen Woche hatte für eine breite Debatte über Antisemitismus gesorgt. "Das war ein Weckruf", sagte Masuch. BMG hatte bereits angekündigt, als Reaktion auf die Debatte rund 100.000 Euro für Projekte gegen Judenfeindlichkeit an Schulen auszugeben.

"GeschmackloseTextzeilen"

Kollegah und Farid Bang erhielten den Echo, obwohl bereits ihre Nominierung auf großen öffentlichen Protest gestoßen war. In ihrem aktuellen Album findet sich etwa die Textzeile "Mache wieder mal 'nen Holocaust, komm' an mit dem Molotow". Auf der Bonus-EP des Albums heißt es im Song "0815": "Mein Körper definierter als von Auschwitz-Insassen". "Ich finde diese Zeilen auch geschmacklos", sagte BMG-Chef Masuch. Das Unternehmen mit Sitz in Berlin gehört zum Medienkonzern Bertelsmann.

Bundesjustizministerin Katarina Barley sorgt sich um den Antisemitismus in DeutschlandBild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Auch die Politik ist voll in das Thema eingestiegen. Justizministerin Katarina Barley (SPD) beklagt eine zunehmende Judenfeindlichkeit in Deutschland. Das Bewusstsein, was Antisemitismus in diesem Land angerichtet habe, sei lange sehr stark gewesen. "Aber wir müssen feststellen, dass Antisemitismus wieder salonfähig wird", sagte Barley den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Die Debatte um die Verleihung des Musikpreises Echo an die Rapper Kollegah und Farid Bang oder Übergriffe wie zuletzt auf einen Kippa tragenden jungen Israeli in Berlin zeigten das mit erschreckender Deutlichkeit. "Es ist unsere große Aufgabe, dieser Entwicklung entgegenzutreten", mahnte sie.

cgn/sti (afp, dpa)

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