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Immunität von Richterin in Polen aufgehoben

13. Oktober 2020

In Polen haben Richter und der Beauftragte für Menschenrechte ein Urteil der umstrittenen Disziplinarkammer des Obersten Gerichts kritisiert. Es geht um die Aufhebung der Immunität der Krakauer Richterin Beata Morawiec.

Beata Morawiec
Die polnische Richterin Beata Morawiec hat eine Kontroverse ausgelöstBild: Beata Zawrzel/NurPhoto/picture-alliance

Die Kammer des Obersten Gerichts hatte am späten Montagabend entschieden, die Immunität der Richterin Beata Morawiec zu streichen, sie von ihrem Dienst zu suspendieren und ihre Bezüge um die Hälfte zu streichen. Das Gericht urteilte, es sei "sehr wahrscheinlich", dass Morawiec Korruptionsdelikte begangen habe, wie es die Staatsanwaltschaft ihr vorwerfe. Morawiec bestreitet die Vorwürfe. In Polen genießen Richter und Staatsanwälte Immunität. Eine strafrechtliche Verfolgung ist nur möglich, wenn die Immunität zuvor gerichtlich aufgehoben wurde.

Morawiec ist die Vorsitzende der Richterorganisation "Themis", die die Reformen des polnischen Justizsystems durch die nationalkonservative Regierungspartei PiS immer wieder gerügt hat. Andere regierungskritische Richter und Verbände sehen in dem Urteil einen Versuch von Justizminister Zbigniew Ziobro, der auch Generalstaatsanwalt ist, Richter einzuschüchtern.

Taktik der Einschüchterung?

Der Schritt sei ein Versuch, "eine Richterin auszuschalten, die für die Rechtsstaatlichkeit kämpft, und einen Effekt der Einschüchterung für andere Richter zu erzielen", sagte der Warschauer Bezirksrichter Igar Tuleya, den selbst in diesem Monat ein ähnliches Verfahren erwartet. Tuleya erinnerte daran, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) Polen aufgefordert habe, die Verfahren der Disziplinarkammer auszusetzen, bevor geklärt ist, ob die Kammer ausreichend unabhängig von der Justiz ist. Polens Beauftragter für Menschenrechte, Adam Bodnar, empfahl Morawiec, beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zu klagen.

 

Wegen ihrer Reformen des Justizsystems liegt die Regierung in Warschau mit der EU-Kommission überkreuz. Die Kommission überwacht die Einhaltung von EU-Recht. Sie hat vor dem Europäischen Gerichtshof bereits mehrere Verfahren gegen Polen eingeleitet. Brüssel wirft der rechtskonservativen Regierung in Warschau vor, mit ihren Gesetzesänderungen im Justizwesen die Unabhängigkeit der Justiz geschwächt zu haben. Polens Regierung argumentiert, auf diese Weise würden Schritte unternommen, um Korruption zu bekämpfen und die letzten Überreste des kommunistischen Systems aus dem Bereich der Justiz zu entfernen.

Polen droht mit Veto bei Budget

Im EU-Streit über finanzielle Sanktionen bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit drohte Polen unterdessen mit einem Veto gegen den europäischen Haushalt und den eng damit verbundenen Coronavirus-Hilfsfonds. "Wenn die Drohungen und Erpressungen aufrechterhalten werden", werde es ein Veto geben, sagte der stellvertretende Regierungschef und PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski der Zeitung "Gazeta Polska Codziennie" heute. "Wir werden gegen jeden vorgehen, der uns erpresst."

Polens starker Mann Jaroslaw Kaczynski meldet sich im Streit mit der EU mit starken Worten Bild: picture-alliance/AP Photo/C. Sokolowski

Die EU-Staaten und das Europaparlament verhandeln derzeit über die Möglichkeit, Kürzungen oder Streichungen von EU-Geldern für Mitgliedsstaaten bei rechtsstaatlichen Verfehlungen durchzusetzen. Polen und Ungarn, die deshalb seit Jahren in der EU am Pranger stehen, wehren sich vehement gegen eine Verknüpfung der Rechtsstaatlichkeit mit dem EU-Haushalt.

Ungarn hatte bereits zuvor mit einer Blockade des Finanzierungsbeschlusses für die 750 Milliarden Euro an Hilfsgeldern zur Überwindung der wirtschaftlichen Folgen der Coronavirus-Krise gedroht. Dieser muss von allen 27 Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Der Streit dürfte auch den EU-Gipfel der Staats- und Regierungschefs Ende der Woche beschäftigen.

kle/gri (dpa, afp)

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