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Dmitrij Rogosin betrachtet Beitritt Russlands zur Parlamentarischen Versammlung des Europarates als Fehler

24. April 2002

– Jawlinskij: Isolationisten bereiten in Russland politische Revanche vor

Köln, 24.4.2002, INTERFAX

INTERFAX, russ., 23.4.2002, aus Straßburg

Der Leiter der russischen Delegation bei der Parlamentarischen Versammlung des Europarates und Vorsitzende des Duma-Ausschusses für internationale Angelegenheiten, Dmitrij Rogosin, hält den Beitritt Russlands zum Europarat für einen Fehler.

"Wir haben seinerzeit einen großen Fehler gemacht: statt dem Europarat beizutreten hätten wir einfach die Rechtsnormen an die russische Gesetzgebung anpassen sollen, die wir als gut für uns halten, sowie die Standards, die unseren Traditionen, der Mentalität und unserer Bereitschaft, diese anzunehmen, absolut entsprechen", sagte Dmitrij Rogosin am Dienstag Journalisten in Straßburg.

"Das hätten wir unter Beifall aus Straßburg getan", ist der Ausschussvorsitzende überzeugt. Jetzt sehe es jedoch so aus, "als ob wir in die erste Klasse einer europäischen Schule gekommen wären, sie schreiten mit einem Stock durch den Raum, dreschen auf uns ein und sagen, wir hätten unsere Hausaufgaben wieder nicht gemacht".

Dabei gab Dmitrij Rogosin zu verstehen, dass Europa nicht über das moralische Recht verfüge, gegenüber Russland die Rolle des älteren Bruders zu spielen. "Wer sind sie denn, um uns zu sagen, was wir zu tun haben?", unterstrich der Abgeordnete. Er erinnerte daran, dass die Russen "immer Millionen ihrer Bürger für den Schutz der Freiheit und Unabhängigkeit geopfert haben und gleichzeitig die Europäer vor den eigenen Krankheiten und Problemen geschützt haben, zum Beispiel vor der ‚brauen Pest‘, dem Hitler-Fachismus". (...)

Würde die russische Delegation nicht an den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates teilnehmen, würde die Versammlung nach Ansicht von Dmitrij Rogosin "allerlei Mist erörtern, zum Beispiel die Rechte der Lesben oder die Verletzung der Katzenrechte in Bukarest". Dmitrij Rogosin ist der Ansicht, dass viele Empfehlungen aus Straßburg mit Humor aufgenommen werden sollten. Gleichzeitig unterstrich er, dass "ein zusätzlicher Kopf uns nicht schaden kann", und dass das "der einzige Grund ist, der uns zwingt, bei den Sitzungen der Parlamentarischen Versammlung des Europarates anwesend zu sein". "Außerdem", so der Delegationsleiter, "halte ich die Europäer nicht für verlorene Menschen, um sie muss auch gekämpft werden. Deshalb versuchen wir mit unseren Reden deren Seelen zu retten". (lr)

INTERFAX, russ., 24.4.2002

Der Vorsitzende der russischen demokratischen "Jabloko"-Partei, Grigorij Jawlinskij, ist der Ansicht, dass der Druck bestimmter Kreise des politischen und bürokratischen Establishments auf den außenpolitischen Kurs des Präsidenten Russlands, Wladimir Putin, mit dem Ziel, diesen Kurs zu ändern, in letzter Zeit zugenommen hat.

"Ernste Besorgnis ruft die systematische scharfe Kritik der Außenpolitik des russischen Präsidenten seitens des militärischen und politischen Beamtentums hervor, wobei zu diesem Zweck von den russischen Massenmedien stark Gebrauch gemacht wird", erklärte er in einem "Interfax"-Interview am Mittwoch.

Grigorij Jawlinskij zufolge "hat sich das besonders bemerkbar gemacht, nachdem der Präsident in der Botschaft an die Föderalversammlung erklärt hatte, dass ‚die Periode der Konfrontation zu Ende ist‘ und ‚wir zu allen Staaten der Welt konstruktive, normale Beziehungen aufbauen‘, als er sagte, dass es 'für unser Land besonders wichtig ist, Verbündete finden zu können und selbst ein zuversichtlicher Verbündeter für andere zu sein‘, als er von ‚zahlreichen konkreten Schritten für die Integration mit Europa‘ sprach sowie der Absicht, ‚weiterhin aktiv mit dem Europarat zusammenzuarbeiten, um einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen‘, darüber, dass ‚wir einen ständigen Dialog zu den Vereinigten Staaten von Amerika pflegen, an der Änderung der Qualität unserer Beziehungen zur NATO arbeiten‘".

"Die Isolationisten aus der Provinz, die lange schwiegen und hinter dem Präsidenten standen, indem sie ihn für ‚ihren‘ hielten, betreiben jetzt unter den neuen Bedingungen einen sehr gefährlichen Kurs auf die Spaltung der Exekutivmacht in unversöhnliche geheime politische Lager und bereiten eine politische Revanche vor", erklärte Grigorij Jawlinskij.

Er erinnerte daran, dass "so etwas in unserer Geschichte bereits in den Jahren 1964 und 1991 vorgekommen ist, wozu das führte – ist bekannt" (im Oktober 1964 wurde Nikita Chruschtschow abgesetzt, im August 1991 wurde der Versuch unternommen, Michail Gorbatschow zu stürzen – IF).

"Die russische demokratische ‚Jabloko‘-Partei ist kategorisch dagegen, dass sogar von den schlimmsten Fehlern in der Innen- und der Wirtschaftspolitik Gebrauch gemacht wird, um reaktionäre Ziele zu erreichen – das politische Regime zu erschüttern und die Lage im Land zu destabilisieren", unterstrich Grigorij Jawlinskij. (lr)