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Gesellschaft

Neue Ermittlungen nach NSU-Spur

14. Oktober 2016

Angesichts der Entwicklung im Mordfall Peggy fordern Politiker neue Ermittlungen auch zu den Verbrechen der NSU-Terroristen. Ungeklärte Fälle sollen neu aufgerollt werden.

Deutschland Leichenfund Fall Peggy
Polizeieinsatz in der Nähe des Fundorts der Leiche PeggysBild: picture-alliance/dpa/B. Schackow

Der Fund von DNA-Spuren des mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Böhnhardt nahe der Leiche der vor 15 Jahren in Bayern verschwundenen Peggy hat Behörden und Politiker in Aufruhr versetzt. Ungeklärte Straftaten sollen neu aufgerollt werden. Anwälte von Angehörigen der Mordopfer des "Nationalsozialistischen Untergrunds" im NSU-Prozess in München und Mitglieder diverser Untersuchungsausschüsse kündigten neue Fragen oder Beweisanträge an.

"Unfassbarer Verdacht"

Bundesinnenminister Thomas de Maizière sagte bei einem Besuch des Bundeskriminalamtes (BKA) in Wiesbaden: "Dass jetzt der Verdacht besteht, dass einer der NSU-Terroristen auch noch der Mörder der kleinen Peggy sein könnte, ist unfassbar." Zugleich mahnte der CDU-Politiker zur Vorsicht. Die Ermittlungen dazu seien noch "in einem sehr frühen Stadium".

Mordopfer Peggy und der NSU-Terrorist BöhnhardtBild: picture-alliance/dpa/BKA

Die mit dem Mordfall Peggy befasste Staatsanwaltschaft und Polizei in Bayreuth hatten am Donnerstagabend mitgeteilt, dass am Fundort der Skelettteile des 2001 verschwundenen Mädchens aus Oberfranken Genmaterial von Böhnhardt entdeckt worden war. Der Spurenträger sei im Juli "in direktem Zusammenhang" mit der Entdeckung der Skelettteile aufgefunden worden, berichtete der Leitende Oberstaatsanwalt Herbert Potzel.

Die mutmaßlich aus Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bestehende NSU-Terrorgruppe wird für neun Morde an Kleingewerbetreibenden mit Migrationshintergrund und einer Polizistin verantwortlich gemacht. Böhnhardt und Mundlos erschossen sich 2011 im thüringischen Eisenach, als ihnen die Polizei auf den Fersen war. Nur Zschäpe wurde gefasst. Sie steht derzeit in München vor Gericht.

Ausschuss-Chef: Neu ermitteln

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Clemens Binninger, forderte neue Untersuchungen der DNA-Spuren im Zusammenhang mit der rechten Terrorserie. "Der Generalbundesanwalt und das Bundeskriminalamt müssen sich noch mal den vielen anonymen Spuren an den NSU-Tatorten widmen", sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. Notwendig sei eine "Generalrevision" der DNA-Spuren.

Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe steht laut eigenen Angaben nach dem DNA-Fund in engem Austausch mit den Ermittlern vor Ort. Auch das BKA sei hinzugezogen worden, sagte ein Sprecher. Nach Angaben von BKA-Chef Holger Münch gibt es aktuell keine Hinweise auf eine Verunreinigung oder Verwechslung der entdeckten DNA. Der Fund der DNA-Spur habe auch das BKA sehr überrascht. "Der Fall NSU zeigt, dass nichts unmöglich ist", sagte Münch.

Mitglieder des NSU-Untersuchungsausschusses des thüringischen Landtags zeigten sich nach eigenen Angaben wenig überrascht von möglichen Verbindungen zwischen dem NSU und dem Fall Peggy oder mit Kindesmissbrauch im Allgemeinen. Es gebe Informationen, dass nahe dem Fundort von Peggys Leiche eine Waldhütte existiere, in der sich ein Mann aus dem NSU-Umfeld aufgehalten habe, sagte die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx (SPD).

Sie erinnerte auch daran, dass schon Menschen aus dem näheren NSU-Umfeld wie der Neonazi Tino Brandt wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern und Jugendlichen verurteilt wurden und dass im Wohnmobil, im dem sich Böhnhardt und Mundlos selbst töteten, Kindersachen lagen. Eine Verbindung käme für sie "nicht aus heiterem Himmel", sagte Marx.

Auch die Obfrau der Linken in dem Untersuchungsausschuss, Katharina König, verwies auf personelle Überschneidungen zwischen der thüringischen Naziszene und Fällen von Kindesmissbrauch und -tötung. Dies gelte sogar für Böhnhardt selbst.

Der Rechtsextremist war 1993 wegen einer Kindstötung in Jena vernommen worden. Ein selbst in Verdacht geratener Schulfreund hatte Böhnhardt des Mordes an dem Kind bezichtigt. Die Staatsanwaltschaft kündigte jetzt neue Ermittlungen an.

wl/mak (dpa, afp, rtr)

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