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Innenminister Dobrindt wertet Migrationspolitik als Erfolg

18. November 2025

Den Missbrauch des Asylrechts wolle er stärker bekämpfen, das individuelle Asylrecht aber bestehen lassen, sagte Innenminister Alexander Dobrindt im DW-Interview. Das solle auch der AfD den Wind aus den Segeln nehmen.

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt beim DW-Interview
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) setzt auf die "Migrationswende" Bild: Rosalia Romaniec/DW

In der Migrationspolitik habe er "nicht zu viel versprochen", sagte Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) im Gespräch mit der Deutschen Welle. "Mein Kurs ist knallhart und er wird ja auch genauso identifiziert. Wir haben vom ersten Tag an die notwendigen Entscheidungen getroffen, an der Grenze dafür zu sorgen, dass die Kontrollen stärker werden, dass es Zurückweisungen gibt."

Dass die Zahl der Erstanträge auf Asyl in Deutschland um 60 Prozent gesunken sei, ist für Dobrindt "ein großer Erfolg". Die "illegale Migration" sei seit Jahren der größte Triggerpunkt für radikale Parteien. Bis die eingeleitete Migrationswende als "emotionales Erlebnis im eigenen Umfeld" der Menschen ankomme, werde es noch etwas dauern, so Dobrindt. Bislang hat die in Teilen rechtsradikale Oppositionspartei AfD in Umfragen eher zugelegt, trotz der "Migrationswende" der Regierungskoalition von CDU und CSU mit der SPD.

Die sinkenden Asylbewerberzahlen führen Migrationsexperten nicht nur auf die Grenzkontrollen und Zurückweisungen in Deutschland zurück. Das Ende des Bürgerkrieges in Syrien und schärfere Kontrollen auf der Balkanroute von Griechenland nach Österreich führten ebenfalls zu sinkenden Zahlen, sagte die Migrationsforscherin Birgit Glorius von der Technischen Universität Chemnitz dem ARD-Portal tagesschau.de.

EU-Außengrenzen abschotten: Dobrindt (li.) mit seinem polnischen Amtskollegen Tomasz Siemoniak an der polnisch-belarussischen Grenze (Juli 2025)Bild: Ints Kalnins/REUTERS

Asylrecht bleibt bestehen

Eine Einschränkung des individuellen Rechts auf Asyl lehnt Alexander Dobrindt weiter ab: "Ich beteilige mich auch nicht an dieser Debatte. Wir haben ein Individualrecht auf Asyl. Ich stelle das nicht in Frage. Aber ich stelle den Missbrauch infrage. Den muss man bestmöglich bekämpfen."

Die Migrationswende müsse jetzt auf europäischer Ebene vorangetrieben werden, so der Innenminister. Ziel des EU-Migrationspaktes, der im nächsten Jahr greifen soll, ist es unter anderem, die Verteilung von Flüchtlingen in der Europäischen Union gerechter zu gestalten. Deutschland dringt darauf, dass die Staaten der ersten Einreise Asylbewerber konsequenter in ein Verfahren nehmen und nicht weiterreisen lassen. "Die Rückführung aber in diese Erstauftrittsländer gestaltet sich oftmals schwierig, das muss gangbar gemacht werden", kündigte Dobrindt im Gespräch mit der DW an.

Zusammen mit anderen europäischen Ländern will der Innenminister nach einem Partner in Afrika suchen, um sogenannte "Return-Hubs" einzurichten, also Gebiete, in die abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden können, auch wenn sie nicht aus diesem Land stammen.

"Es gibt eine Reihe von Ländern, die zurzeit darüber diskutieren, ob sie das gemeinsam angehen werden und mit welchem Partnerland. Aber es wird auf jeden Fall ein Partnerland auf dem afrikanischen Kontinent sein müssen", sagte Dobrindt der DW.

Bisherige Versuche, Asylverfahren von Italien in das Nicht-EU-Land Albanien auszulagern, scheiterten an juristischen Hürden und hohen Kosten. Und die Regierung in Großbritannien hat mittlerweile ihre Versuche, Asylbewerber ins afrikanische Ruanda abzuschieben, wieder eingestellt. Bei den christdemokratischen Parteien in Deutschland (CDU/CSU) aber wird das "Ruanda-Modell" weiter diskutiert.

Interviewtermin am Montag in der Bibliothek des Bundesinnenministeriums: Alexander Dobrindt (re.), DW-Korrespondentin Rosalia Romaniec (li.)Bild: Nina Haase/DW

Aus Afghanistan werden weniger Menschen aufgenommen

Teil der Migrationswende war es auch, die Aufnahmeprogramme für Menschen aus Afghanistan "möglichst" zu beenden, wie es im Regierungsprogramm heißt. Bundesinnenminister Dobrindt sagte, bis zum Jahresende sollten alle Afghaninnen und Afghanen, die eine "rechtsverbindliche Aufnahmezusage" haben, auch nach Deutschland gebracht werden. Die meisten der rund 2000 bislang Berechtigten warten in Pakistan auf die Ausreise.

Bislang hat Dobrindt nur die Menschen nach Deutschland reisen lassen, die vor Verwaltungsgerichten ihre Aufnahmezusage eingeklagt haben. "Das ist ein geerbtes Problem. Das ist eine Altlast aus der letzten Wahlperiode, aus der letzten Regierung", sagte der Innenminister und schob die Verantwortung der Ampel-Koalition aus Sozialdemokraten, Grünen und Liberalen zu.

Die Ampel-Regierung hatte Menschen, die in Afghanistan für deutsche Institutionen gearbeitet hatten oder vom Taliban-Regime besonders verfolgt werden, Schutz zugesagt. Dobrindt lässt diese rechtlichen Zusagen, die die Ampel-Regierung verbindlich gegeben hatte, aber offenbar erneut prüfen.

Migrationsgipfel auf Deutschlands höchstem Berg: Dobrindt (Mi.) im Kreise europäischer Innenminister und -ministerinnen auf der Zugspitze (Juli 2025)Bild: Philipp Guelland/AFP

Dobrindt sieht eine Bedrohung Deutschlands durch Russland

Der Bundesinnenminister geht im DW-Interview aus, dass Russland und andere fremde Mächte Deutschland destabilisieren wollen. Neben Angriffen auf Datenkabel in der Ostsee und der Bedrohung durch Drohnen nennt Alexander Dobrindt auch Cyber-Attacken. Diese kämen teilweise aus Russland und würden zunehmen.

"Ich gehe davon aus, dass wir auch in den nächsten Monaten mit vermehrten Attacken im Bereich der Cyberangriffe, aber beispielsweise auch im Bereich der Drohnensicherung und Sichtungen der hybriden Bedrohungen insgesamt rechnen müssen."

Die umstrittene Aussage von Tino Chrupalla, dem Ko-Vorsitzenden der russlandfreundlichen AfD, zum NATO-Verbündeten Polen, nannte Alexander Dobrindt vollkommenen Unsinn. "Ich finde das hanebüchen und ehrlicherweise auch ziemlich abscheulich, wenn man versucht, solche dummen Dinge in die Gesellschaft einzuträufeln." 

Chrupalla hatte in einer Talk-Show gesagt, er sehe aktuell durch Russland keine Gefahr für Deutschland, jedes Land könne eine Gefahr für Deutschland werden. Auf Nachfrage, ob er damit beispielsweise auch Luxemburg, Polen oder Finnland meine, hatte der AfD-Ko-Vorsitzende gesagt: "Natürlich kann auch Polen für uns eine Gefahr sein". 

AfD nicht verbieten, sondern "wegregieren"

Ein Verbotsverfahren gegen die in Teilen rechtsextreme AfD lehnte der Innenminister erneut ab. "Ich habe in der Vergangenheit schon immer sehr deutlich gemacht, dass es die Aufgabe der Politik sein muss, die AfD weg zu regieren und sie nicht weg zu verbieten."

Ursache für die guten Umfragewerte der AfD sei die Polarisierung der Gesellschaft. Dieser müsse man durch eine veränderte Politik begegnen, nicht mit Parteiverboten, so Dobrindt. In der ARD-Meinungsumfrage Deutschlandtrend liegt die AfD, die die Migration vollständig stoppen will, mit 26 Prozent nur einen Prozentpunkt hinter der CDU/CSU mit 27 Prozent.

Innenminister Dobrindt: Erfolg mit harter Migrationspolitik

24:43

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Bernd Riegert Korrespondent im Hauptstadtstudio Berlin mit Blick auf Menschen und Politik in Deutschland
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