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Politik

Dieselgipfel: Die Kritik reißt nicht ab

Kay-Alexander Scholz
3. August 2017

Geht es nach dem Willen der Bundesregierung, dann war es das jetzt erst einmal: Autoindustrie und Diesel-Antrieb haben eine neue Chance in Deutschland bekommen. Aber so leicht lässt sich das Thema nicht abräumen.

Diesel - Fahrverbot - Dieselgipfel
Bild: Getty Images/M. Renders

"Minimallösung", "viel zu dünn", "Showveranstaltung": Das Urteil vieler Kommentatoren, Oppositionspolitiker und Verbraucherschützer über die Ergebnisse des Diesel-Gipfels fällt kritisch bis vernichtend aus. Software-Updates, Mobilitätsfonds und Umweltprämie sehen viele als nicht ausreichend an, um die Situation in den 28 Problemregionen in Deutschland schnell zu verbessern.

Immerhin drohen aktuell unter anderem in Düsseldorf, Stuttgart, Hamburg und München Fahrverbote. Für die bayerische Hauptstadt käme das noch immer infrage, sagte Münchens Oberbürgermeister, Dieter Reiter, am Donnerstag. Er kündigte an, München werde mit eigenen Luft-Messstationen überprüfen, ob die Gipfelbeschlüsse Wirkung zeigen.

München plant eigene MessstationenBild: Imago/M. Westermann

Auch die EU-Kommission sieht die Gipfel-Beschlüsse lediglich als "ersten Schritt" an und begrüßte die Anstrengungen, "endlich das Vertrauen der Verbraucher wiederherzustellen und die öffentliche Gesundheit nach dem Skandal zu verbessern", so eine Sprecherin in Brüssel. Die geplanten Maßnahmen seien aber lediglich "sehr anfängliche Schritte".

Sonder-Diesel-Treffen im Bundestag

Doch einen zweiten Gipfel, der weitere Maßnahmen bringen könnte, wird es so schnell nicht geben. Das ist zumindest das, was die Verkehrspolitiker des Bundestags in einer eigens einberufenen nichtöffentlichen Informationsveranstaltung von Alexander Dobrindt zu hören bekamen. Die Maßnahmen müssten erst einmal anlaufen, so die Devise des Bundesverkehrsministers vor und hinter verschlossener Tür. In Arbeitsgruppen soll weiter beraten werden. Von der Kritik, die seit Ende des Gipfels laut wird, zeigte sich der Minister gegenüber der Presse unbeeindruckt.

Alexander Dobrindt: Arbeitsgruppen statt GipfeltreffenBild: Reuters/H. Hanschke

Eigentlich hatten Parlamentarier von Linkspartei und Grünen sogar eine Sondersitzung des Verkehrsausschusses beantragt. Doch sie scheiterten mit dem Vorhaben, weil die Regierungsparteien so weit nicht gehen wollten. Stattdessen gab es eine "Unterrichtung der Obleute", wie es im Parlamentsdeutsch heißt.

Weil eigentlich sowieso parlamentarische Sommerpause ist und die Legislaturperiode sich dem Ende zu neigt (am 24. September sind Wahlen), meinen viele Politiker und Beobachter in Berlin, dass sich in Sachen Diesel zumindest unter parlamentarischem Druck erst einmal nichts weiter ereignen werde.

FDP: Politik trägt Mitschuld

Das Augenmerk richten manche deshalb auf eine andere Frage: Wie konnte es so weit kommen, dass in manchen deutschen Städten Fahrverbote drohen, weil die Luft so schlecht ist, dass die Grenzwerte für Schadstoffe meilenweit überschritten werden?

Christian Lindner: "Lage nicht unter Kontrolle"Bild: Reuters/H. Hannschke

Nicht nur die Hersteller, sondern auch die Politik hätte Fehler gemacht, sagte FDP-Chef Christian Lindner, dessen Partei nach der Wahl höchstwahrscheinlich wieder im Bundestag vertreten sein wird. Lindner sprach gegenüber der Nachrichtenagentur dpa von "krassem Politikversagen". Verkehrsminister Alexander Dobrindt habe "auch zwei Jahre nach dem US-Abgasskandal die Lage nicht unter Kontrolle gebracht".

Manche hätten wohl auch ein schlechtes Gewissen, vermutet Lindner. Denn im Zentrum der Krise stehe mit VW ein Konzern, der teilweise dem Staat gehöre und in dem die SPD den Ton angebe. Das Land Niedersachsen ist mit rund 20 Prozent der Anteile zweitgrößter VW-Aktionär. In Baden-Württemberg hätten die Grünen zudem über Jahre nahezu vorsätzlich der Belastung der Innenstädte zugesehen. Lindner verlangt mehr Ehrlichkeit bei der Aufarbeitung der Krise.

Was sagt Angela Merkel?

Doch manche in der Regierung schieben den Schwarzen Peter weiterhin der Autoindustrie zu. Bundesjustizminister Heiko Maas sagte, nun beginne für die Automobilindustrie die "Bewährungszeit", weitere Maßnahmen müssten folgen. "Die Automobilindustrie muss jetzt dafür sorgen, dass die Dieselfahrzeuge auf der Straße bleiben können", mahnte Volker Kauder, Chef der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag. Die Branche müsse "von ihrem hohen Ross herunter und wieder mehr ihrer Verantwortung für die Gesellschaft und für ihre Kunden gerecht werden". Die Manipulationen der Motoren hätten dem Wirtschaftsstandort Deutschland geschadet.

Ob die Kanzlerin, die derzeit im Urlaub ist, mit dem Gipfel zufrieden ist, ist noch nicht bekannt. Schließlich hatte sie eine "ehrliche" Autoindustrie gefordert. Auf eine entsprechende Frage an den Bundesverkehrsminister äußerte Dobrindt sich etwas unwirsch. Ob sich Angela Merkel schon bei ihm gemeldet und bedankt habe, war ihm weder ein Ja noch ein Nein wert.

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