Manch einer seiner Auftritte war oscarwürdig, doch bekommen hat Hollywood-Star Donald Sutherland den Preis für den besten Darsteller nie. Der Ehrenoscar ist für den kanadischen Schauspieler nun eine Art Entschädigung.
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Trauer um den Schauspieler Donald Sutherland
Der kanadische Schauspieler Donald Sutherland verfügte über eines der markantesten Gesichter Hollywoods. Er spielte in bald 180 Filmen mit und legte dabei manch unvergesslichen Auftritt hin. Nun ist er gestorben.
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Einzigartig: Sutherlands Blick
Seine ausdrucksvollen Augen, sein nie ganz zu ergründender Blick - das war wohl das größte Pfund, mit dem der Schauspieler in Hollywood wuchern konnte. Bis zuletzt strahlte der Filmstar mit dem schlohweißen Haar eine gewisse Grandezza aus. Mit zunehmendem Alter spielt er auch sympathischere Rollen. Das war nicht immer so.
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Kalt und unberechenbar: der junge Sutherland
Nach einigen Nebenrollen machte Sutherland 1967 erstmals in Robert Aldrichs Kriegsfilm "Das dreckige Dutzend" ein größeres Publikum auf sich aufmerksam. Ein amerikanischer Stoßtrupp soll 1944 deutsche Offiziere aufspüren. In der US-Einheit sind Soldaten, die sich schwerer Verbrechen schuldig gemacht haben - und nun auf eine Strafmilderung hoffen. Unter den schweren Jungs ist auch Sutherland (r.).
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Weiter im Kriegseinsatz: M*A*S*H*
Den Hauptpart übernahm Sutherland dann 1970 in Robert Altmans Vietnam-Farce "M*A*S*H*". Auch in der Rolle eines zynischen US-Chirurgen im Einsatz an der Front war Donald Sutherland (r.) nicht unbedingt ein Sympathieträger. Doch wieder überzeugte der kanadische Darsteller mit Charisma und großer Präsenz auf der Leinwand - ein Star war geboren.
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Engagiert und kritisch
Um den Vietnam-Krieg ging es auch in dem mit wenig Geld hergestellten Antikriegs-Agitpropfilm "FTA", den Sutherland 1972 gemeinsam mit Schauspielkollegin Jane Fonda produzierte. Das Titel-Kürzel stand vordergründig für "Free the Army", in Wirklichkeit aber sollte es "Fuck the Army" heißen - und die Position von Sutherland und Co. gegen den US-Kriegseinsatz in Vietnam zum Ausdruck bringen.
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Brillante Gesellschaftsanalyse: Klute
Einen seiner besten Auftritte aus dieser frühen Karrierephase legte Sutherland 1971 in dem Thriller "Klute" hin, wieder an der Seite von Jane Fonda. Der Film von Regisseur Alan J. Pakula brachte das tiefe Misstrauen kritischer amerikanischer Bürger gegenüber dem Staatsapparat in Zeiten des Watergate-Skandals zum Ausdruck.
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Kultfilm: Wenn die Gondeln Trauer tragen
Im Jahre 1973 folgte dann der Film, der den Darsteller Donald Sutherland endgültig unsterblich machen sollte - und der wohl auch heute noch als sein größter Erfolg gilt. In dem tieftraurigen Horrormelodrama "Wenn die Gondeln Trauer tragen" spielt Sutherland an der Seite von Julie Christie einen Vater, der während eines Venedig-Aufenthalts den Tod seines Kindes zu verarbeiten versucht.
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Film im Film: Der Tag der Heuschrecke
Auch Sutherlands Auftritt zwei Jahre später als Einfaltspinsel Homer Simpson in der Literaturverfilmung "Der Tag der Heuschrecke" geriet überzeugend. Mit großem mimischen Können verlieh Donald Sutherland der Figur Tiefe und Glaubwürdigkeit. In jenen Jahren zählte der Kanadier zu den besten Charakterdarstellern Hollywoods.
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Auftritte in Europa
Auch die großen europäischen Regisseure waren inzwischen auf Donald Sutherland aufmerksam geworden. Für sein breit angelegtes Historienfresko "1900" verpflichtete der Italiener Bernardo Bertolucci den Schauspieler für die Rolle eines Vorarbeiters, der für seinen Gutsherrn gegen streikende Arbeiter vorgehen soll. Ein weiteres Beispiel für die Kunst Sutherlands, unsympathische Typen zu verkörpern.
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Sutherland als Casanova
Im gleichen Jahr, 1976, kam auch "Fellinis Casanova" in die Kinos. Wieder trieb einer der großen italienischen Regisseure Sutherland zu einer schauspielerischen Höchstleistung an. Der Kanadier verlieh der Rolle des Abenteurers und Schriftstellers Giacomo Casanova eine tiefe Melancholie und Verzweiflung.
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Unvergesslich: Sutherlands Schrei
Ein Jahr später setzte der Schauspieler in dem subtilen Science-Fiction-Horrorfilm "Die Körperfresser kommen" die Zuschauer unter Schock. In dem Film, der von außerirdischen Invasoren erzählt, die sich in Menschen einnisten, spielt Sutherland einen Beamten. Unvergessen die Szene, in der Sutherland im Filmfinale einen grausigen Schrei ausstößt - Zeichen dafür, dass auch er verflucht ist.
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Eine ganz normale Rolle bei Robert Redford
Dass Sutherland auch "ganz normale" Rollen spielen konnte, bewies er 1980 im Regie-Debüt seines Kollegen Robert Redford. Im Film "Eine ganz normale Familie" spielt er einen Familienvater, der ein schweres Schicksal zu verkraften hat. Einer seiner beiden Söhne ist bei einem Segeltörn ums Leben gekommen. Sutherland konnte hier an seine Rollenerfahrung in "Wenn die Gondeln Trauer tragen" anknüpfen.
Bild: picture alliance/United Archives
Brillant als Nebendarsteller
Seit den 1990er Jahren hat sich Donald Sutherland, der unermüdlich Jahr für Jahr mehrere Filme drehte, auf Nebenrollen spezialisiert. In oft kürzeren, dafür umso markanteren Auftritten, verlieh er zahlreichen Filmfiguren eine geheimnisvolle Aura. So auch 1991 an der Seite von Kevin Costner in Oliver Stones Präsidenten-Thriller "JFK" als geheimnisvoller "Mr. X".
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Unermüdlich: Donald Sutherland
Schaut man auf die Film-Vita des Schauspielers in den letzten Jahrzehnten, so verblüfft die ungeheure Arbeitswut des Mimen. Im Schnitt hat er in jedem Jahr drei Filme gedreht, darunter "The Leisure Seeker". Darin spielt Sutherland mit Helen Mirren ein Paar, das das Lebensende vor Augen hat. Nun ist Sutherland seinerseits von der Bühne des Lebens abgetreten.
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Der Mann kennt keinen Ruhestand. Zumindest sieht es aus der Ferne so aus. Oder er hat einen unermüdlichen Arbeitseifer. Donald Sutherland dreht einen Film nach dem anderen. Auch wenn es in den letzten Jahrzehnten zunehmend Nebenrollen sind, drei Filme pro Jahr - das muss man erst einmal hinbekommen. Schließlich ist der Kanadier schon über 80. Doch vielleicht hat Donald Sutherland einfach Lust am Spielen.
Sutherland verhilft auch schlechteren Filmen zu Klasse
Dafür spricht einiges. Zum Beispiel, dass er nicht unbedingt wählerisch ist in den letzten Jahren. Es waren nicht die größten filmischen Kunstwerke, in denen Sutherland mitwirkte. Egal, Donald Sutherland spielt stets mit Hingabe. Das sieht man seinen Auftritten an. Der Mann dürfte viel Spaß am Set haben. Und das kann man ja in kleineren Nebenrollen, in denen man sich in skurrile Charaktere hineindenken muss, vielleicht auch am besten.
Sutherland hat schon in einigen Horror- und Science-Fiction-Streifen mitgewirkt, die sicherlich nicht in die Annalen der Filmgeschichte eingehen werden. Erinnert sei in diesem Zusammenhang an seine Anfänge vor der Kamera. Der 1935 in der kanadischen Provinz (Saint John/New Brunswick) geborene Sutherland hatte sein Handwerk beim Theater gelernt, bevor er 1964 in der italienisch-französischen Trash-Co-Produktion "The Castle of the Living Dead" (Das Schloss der Untoten) debütierte: ein Science-Fiction-Horror-Streifen mit "Dracula"-Darsteller Christopher Lee in der Hauptrolle.
Mit jungen Jahren Debüt als "The old Man"
Sutherland musste sich da noch einreihen in die Riege der Nebendarsteller, seine Rolle wird in einschlägigen Internetdatenbanken angegeben mit: Sgt. Paul/The witch/The old man. Das muss man sich auf der Zunge zergehen lassen, ein Endzwanziger bei seinem ersten Filmauftritt als "The old man" (dt. der alte Mann)! Doch der junge Schauspieler schien das gut gemacht zu haben, jedenfalls ging es danach steil bergauf mit der Karriere. Ein paar von Hollywoods begabtesten Regisseuren (Robert Altman, Alan Pakula) rissen sich in den 1970er Jahren um den Mimen. Gleichzeitig war der junge Mann einer der aktivsten und engagiertesten Akteure, wenn es in Hollywood darum ging, ein Zeichen gegen den Vietnam-Krieg zu setzen.
Auch europäische Filmemacher wurden bald aufmerksam auf den Kanadier, der in Hollywood so schnell Fuß fassen konnte. Der Brite Nicolas Roeg gab ihm die Rolle des trauernden Vaters in "Wenn die Gondeln Trauer tragen", die Italiener Bernardo Bertolucci und Federico Fellini verpflichteten ihn für denkwürdige Auftritte in historischen Filmepen wie "1900" oder "Casanova". Die 1970er Jahre waren eine sehr fruchtbare Zeit in Sutherlands Kinokarriere.
Karriere ohne Brüche
Danach war die Sache eigentlich klar. Der Mann strahlte durch und in seinen Filmfiguren eine solche Souveränität aus, dass ihm Auftritte in schlechten Filmen nicht mehr schaden konnten. Wo andere Schauspieler Karriere-Dellen zu verkraften hatten, spielte Sutherland einfach immer weiter - weil ihn Regisseure und Produzenten eben immer wieder haben wollten und für ihre Filme verpflichteten.
Später dann, als Sutherland längst eine geschätzte internationale "Marke" war, konzentrierte er sich auf markante Auftritte als Nebendarsteller. Das Jahr 2012 brachte noch einmal einen ganz großen Erfolg. Als Präsident Snow in dem Erfolgsfilm "Die Tribute von Panem - The Hunger Games" eroberte er auch die Herzen eines jüngeren Publikums, das den Darsteller kaum noch aus früheren Jahrzehnten kennen konnte. Auch wenn Snow nicht gerade als Sympathieträger durchgehen kann.
Einen Oscar als bester Haupt- oder Nebendarsteller hat Donald Sutherland aber nie bekommen. Damit steht er nicht allein. Und so mancher Schauspieler, der irgendwann einmal tatsächlich die kleine goldene Figur in den Händen halten durfte, ist heute weniger bekannt und anerkannt als Sutherland. Dass die Oscar-Akademie ihm jetzt den Ehrenoscar verliehen hat, ist eine verdiente Wiedergutmachung.