Donald Trump, Ikone der Anti-Politik
26. Juli 2015In einer kuriosen Rede gab Donald Trump am 16. Juni seine Kandidatur für das Präsidentenamt bekannt. Zumindest ein Teil des Publikums bestand aus namenlosen Schauspielern, die 50 Dollar für ihre Anwesenheit erhielten. Die gekauften Zuschauer passten zum Gesamtcharakter der Veranstaltung: Sie wirkte eher wie eine Reality Show denn als Auftritt eines möglichen neuen US-Präsidenten.
"China vernichtet uns", warnte Trump. Und: "Ich werde eine riesige Mauer an der Südgrenze errichten lassen, und Mexiko wird dafür zahlen". Bemerkungen wie diese versetzten die Twitter-Gemeinde in helle Aufregung. Was sich Mitte Juni aber noch niemand vorzustellen vermochte: Dieser wohlhabende Politik-Novize würde bald schon die Liste der konservativen Präsidentschaftskandidaten anführen.
Trotz - oder gerade wegen - seiner altbekannten Sprüche hat sich Trump den Spitzenplatz erobert. Sicherheit der Grenzen, das Los der Kriegsveteranen oder Parolen wie "Wir machen Amerika wieder groß" zogen beim Publikum ebenso wie giftige Seitenhiebe auf Rivalen.
"Ich kenne die Politiker"
Trump zielte vor allem auf die Basis der Republikaner, insbesondere auf jene, die sich der konservativen Tea Party zugehörig fühlen. "Er sagt Dinge, die jenseits dessen liegen, was die meisten Politiker äußern", erklärt Sal Russo, Vorsitzender der in Kalifornien ansässigen Gruppe Tea Party Express. Sie mögen seine Äußerungen zwar für übertrieben halten. Aber sie lassen es ihm durchgehen, denn er ist es, der ihren Frust und ihren Ärger über die in Washington betriebene Politik aufgreift."
Damit trifft Trump den Nerv seines Publikums. "Ich kenne die Politiker", sagte er vor kurzem. "Ich habe mein ganzes Leben mit ihnen zu tun gehabt. Sie werden Amerika niemals zu seiner alten Größe zurückführen." Botschaften eines Anti-Politikers an ein anti-politisches Publikum. Und der Versuch, den Mangel an politischer Erfahrung in eine Stärke zu verwandeln.
Durch diesen Mangel sei Trump im Kreis der Präsidentschaftsbewerber einzigartig, sagt John Hudak vom Washingtoner Think Tank Brookings Institution: "Er hatte nie ein Amt, in das er gewählt wurde. Und er hat sich um ein solches Amt auch niemals beworben. Das ist eine für Amerika höchst ungewöhnliche Situation."
Ein weltweit bekannter Name
Trump, erklärt Hudak, profitiere auch von seinem hohen Bekanntheitsgrad und seinem Reichtum: "Seinen Namen kennt man fast überall auf der Welt, dazu Milliarden von Dollar, auf die er sich stützen kann. Das ist genau die richtige Mischung, um Aufmerksamkeit zu gewinnen."
Tatsächlich hat Trump Erfolg. Die Umfragewerte des Unternehmens RealClearPolitics sehen ihn derzeit bei 18,2 Prozent - mehr als vier Punkte vor einem anderen prominenten Kandidaten aus den Reihen der Konservativen: Jeb Bush.
Doch zu diesem Zeitpunkt muss das nichts heißen. Im Präsidentschaftswahlkampf 2011/2012 zog Mitt Romney an vier Kandidaten vorbei, die zunächst vor ihm gestanden hatten.
Trotzdem sorgt Trump in den Reihen der Republikanern für erhebliches Unbehagen. Der Parteivorsitzende Reince Priebus ermahnte Trump telefonisch, seinen Ton zu mäßigen und nicht weiter zu behaupten, Mexiko sende "Vergewaltiger" über die Grenze in die USA. Als man ihn später zu dem Telefongespräch befragte, erklärte Trump, es habe eine "ermutigende" Atmosphäre gehabt.
Witze über McCain
Doch Trumps meistumstrittene Äußerung bezog sich nicht auf Mexiko, sondern den ehemaligen, ebenfalls republikanischen, Präsidentschaftskandidaten John McCain. Seitdem er in Vietnam gefoltert wurde, gilt McCain den Amerikanern als Kriegsheld.
Trump behauptete, McCain sei kein Held. "Und ich mag Leute, die sich nicht haben gefangen nehmen lassen", fügte er hinzu. Damit brachte er seine Konkurrenten gegen sich auf. Einige von ihnen erklärten, Trumps Kommentare zeigten, dass er im Falle eines Wahlsiegs als oberster Kommandant der Streitkräfte nicht geeignet sei - und darum disqualifiziert werden sollte. Doch die Vorwürfe prallten an Trump ab. Er entschuldigte sich nicht.
Doch selbst wenn Trump seine Spitzenposition wieder verliert, könnte er mit Hilfe seines Geldes so lange im Rennen bleiben, wie er will. Seine Teilnahme an der ersten TV-Debatte am 6. August mit den aussichtsreichsten zehn der 16 republikanischen Kandidaten ist ohnehin so gut wie sicher. Auch wenn Trump bis dahin wohl weiteren besorgten Anrufen von Priebus rechnen darf.
Trump als unabhängiger Kandidat
Die größte Sorge der Republikaner ist aber, Trump könnte als unabhängiger Kandidat ins Rennen gehen. In einem Zeitungsinterview beschwerte er sich, die Parteiführung unterstütze ihn nicht richtig. Das sei "ausgesprochen töricht", weil ihn das dazu drängen würde, als unabhängiger Kandidat ins Rennen um die Präsidentenschaft zu gehen.
"Das könnte für die Republikaner ein Disaster werden", sagt Politologe John Hudak. "In einer Wahl, in der die Republikaner auf jede Stimmen angewiesen sind, würde Trump ihre Niederlage bedeuten, selbst wenn er ihnen nur fünf oder zehn Prozent der Wähler abwirbt."
Tea-Party-Politiker Sal Russo zweifelt allerdings daran, dass es so weit kommen könnte: "Ich glaube, als unabhängiger Kandidat würde Trump scheitern. Und Trump ist nicht der Typ, der gerne Dinge tut, die schiefgehen."
Hudak hingegen ist sich da nicht so sicher: "Angenommen, er geht als unabhängiger Kandidat in den Wahlkampf, und Hilary Clinton gewinnt - dann würde sein Kommentar wohl lauten: Clinton wurde Präsidentin, weil die Republikaner nicht auf mich gesetzt haben. Sonst hätte ich gewonnen."