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Politik

Donald Trump - Totengräber der Republikaner?

Michael Knigge
12. Oktober 2016

Die Kandidatur von Donald Trump hinterlässt bei den Republikanern ein politisches Trümmerfeld. Die Partei scheint das Rennen um den Einzug ins Weiße Haus aufgegeben zu haben. Jetzt geht es um Schadensbegrenzung.

USA Rede Donald Trump in Miami
Bild: Reuters/M. Segar

Dass Präsidentschaftskandidaten und ihre Parteien in den USA nicht in allen Fragen die gleichen Standpunkte vertreten, ist nicht ungewöhnlich, sondern durchaus üblich. Normalerweise versuchen beide Seiten, diese Unterschiede so gut auszubügeln wie sie irgendwie können - spätestens, wenn sich der Staub aus den Vorwahl-Kämpfen gelegt hat und die nationale Wahlkampfkampagne anläuft.

Selbst wenn einzelne Parteimitglieder ernsthafte Bedenken gegen einen Kandidaten hatten - wie etwa bei den Republikanern und dem sehr konservativen Barry Goldwater im Jahr 1964 oder bei den Demokraten mit dem sehr progressiven George McGovern 1972 - haben Partei und Kandidat doch zumindest nominell zusammengearbeitet. Gerade vor diesem Hintergrund betrachten Wissenschaftler die gegenwärtige Fehde zwischen dem republikanischen Präsidentschaftskandidat Donald Trump und seiner Partei als beispiellos.

Streit von Anfang an

"Wir befinden uns in unbekannten Gewässern", sagt Scott Lucas, Professor für American Studies an der britischen University of Birmingham. Und der Ex-Direktor des "Rothermere American Institute" an der Oxford University, Nigel Bowles, bezeichnet die Kluft zwischen Trump und seiner Partei als "beispiellos in der Nachkriegszeit".

Bemerkenswert an dem Dauerstreit zwischen Trump und der "Grand Old Party" ist nicht nur, dass er in aller Öffentlichkeit - zumeist über Twitter - geführt wird. Bemerkenswert ist auch, dass er für alle, die den Wahlkampf innerhalb der Republikaner verfolgt haben, keineswegs überraschend kommt. Hier einige Tweets von Trump der vergangenen Tage: 

Im Grunde befinden sich Trump und die Führung der Republikanischen Partei seit Beginn der Kampagne im Widerstreit. Von Anfang an hatte Trump wiederholt seiner Partei gedroht, als unabhängiger Kandidat anzutreten, sobald er das Gefühl hatte, vom Establishment unfair behandelt worden zu sein.

Aus Sicht der Partei löste Trumps gesamte Kampagne bei vielen Mitgliedern Bestürzung aus. Er hatte viele Top-Republikaner öffentlich desavouiert - lange vor der Veröffentlichung seiner jüngsten Äußerungen, die dazu führten, dass auch republikanische Führer wie Paul Ryan und John McCain öffentlich mit ihm brachen.      

Der ehemalige Präsidentschaftskandidat John McCain hat Trump die Unterstützung entzogenBild: picture-alliance/dpa

"Das Video mit den abfälligen Äußerungen über Frauen war nur der große Katalysator, der den Konflikt in den Vordergrund gerückt hat", sagt Lucas. Der Grund, warum die republikanische Führung jetzt die Bindungen zu Trump kappt, ist einfach: Angst. Der Präsident des Repräsentantenhauses, Paul Ryan, und sein Kollege aus dem Senat, Mitch McConnell, fürchten um die republikanische Mehrheit im Senat und auch um die im Repräsentantenhaus.

"Sie konzentrieren sich auf diese Mehrheiten, weil sie fest davon überzeugt sind, dass Trump die Wahl verlieren wird", sagt Rothermere-Direktor Nigel Bowles. "Viele republikanische Senatoren und Abgeordnete gehen von engen Entscheidungen in ihren Bundesstaaten aus und haben Angst, dass Trump sie herunterziehen wird", fügt Lucas hinzu.

Mit anderen Worten: Die Parteiführung hat die Operation Trump aufgegeben und umgeschaltet: Nun geht es um Schadensbegrenzung. Doch auch dieses Vorhaben könnte sich als ein erfolgloses Unterfangen herausstellen - denn Donald Trump hat sich auf die Republikanische Partei, eine äußerst fragile Konstruktion, wie eine Abrissbirne ausgewirkt.

Drei unterschiedliche Gruppen

Seit den 1970er Jahren ist die Partei nach Einschätzung von Beobachtern in drei unterschiedliche Gruppen gespalten. Das sind die wohlhabenden Republikaner, die sich vor allem für wirtschaftliche Fragen und die Senkung der Steuersätze interessieren. Zum anderen sind da die evangelikalen Christen. Und schließlich noch die Angehörigen der weißen Arbeiterklasse, deren Realeinkommen in den vergangenen Jahrzehnten geschrumpft sind. Diese drei Gruppen haben zwar gemeinsame Anliegen, aber ihre Interessen gehen oft auseinander. 

"Es gibt keinen theoretischen oder historischen Grund für die Annahme, dass dieses Bündnis auf lange Sicht stabil bleibt", sagt Bowles. "Das Wunder besteht nicht darin, dass die Partei jetzt auseinander bricht. Das Wunder ist, dass dieser Prozess so lange gedauert hat."

Die Leistung von Ronald Reagan 

US-Experte Scott Lucas fügt hinzu: Die Republikanische Partei sei bereits seit mehr als einer Generation eine gespaltete Organisation - uneins in wirtschaftlichen und sozialpolitischen Fragen. "Die Leistung von Ronald Reagan bestand darin, dass er in der Lage war, die Partei trotz dieses Zwists zusammenzuhalten."

Unter Ronald Reagan eroberten die Republikaner das Weiße Haus zweimal in FolgeBild: AP

Unter Ronald Reagan (1981 - 1989) eroberte die Republikanische Partei das Weiße Haus zweimal hintereinander. Doch was die Ikone der Republikaner auszeichnete, verkehrt Donald Trump nun ins Gegenteil. Seine Kampagne richtet sich einzig und alleine auf die Mobilisierung der weißen Arbeiterklasse. Ein anderer Teil der Wählerschaft, der für die "Grand Old Party" grundlegend war, wendet sich fremdelnd ab. Und außer acht gelassen wird auch die Gruppe der Unentschiedenen, wie die Analysten betonen.

In den Augen von Lucas betreibt Trump damit Missbrauch an seiner Partei. "Aber die Republikaner haben diesen Missbrauch erst möglich gemacht. Sie haben einfach Trumps Fähigkeit unterschätzt, eine bestimmte Minderheit zu mobilisieren." Bowles fügt hinzu: "Es ist ziemlich klar, wer hier zerstörerisch wirkt. Es ist ziemlich klar, dass Donald Trump der Architekt dieses Zusammenbruchs ist. Auf mittlere Sicht stellt sich die Frage, ob die Republikanische Partei wieder zusammenfinden kann. Ich halte dies für eher unwahrscheinlich."

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