Die Welt rätselt: Was hat der Alaska-Gipfel gebracht?
Veröffentlicht 16. August 2025Zuletzt aktualisiert 16. August 2025
Unmittelbar nach dem ergebnislosen Gipfeltreffen in Anchorage griff Donald Trump zum Telefon. Er teilte dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj in Kyjiw mit, was er und sein Gast, der russische Machthaber Waldimir Putin, am anderen Ende der Welt ohne die Ukraine und den Rest Europas am Tisch besprochen hatten. Selenskyj reagierte prompt und kündigte an, er werde schon am Montag im Weißen Haus persönlich vorstellig, um mit dem US-Präsidenten in Washington zu konferieren. Worüber die beiden sprechen werden, ist unklar.
Trump und Putin haben nicht öffentlich gemacht, ob sie einen Weg zu einem Waffenstillstand, Gebietsabtretungen der Ukraine oder die politische Zukunft der Ukraine verabredet haben. Die erste Reaktion aus Kyjiw fasst unser Korrespondent Nicolas Connolly so zusammen: Man sei schon froh, dass Donald Trump die Ukraine offensichtlich nicht komplett verraten und an Moskau ausgeliefert habe. Die Kampfhandlungen und die Drohnenangriffe zwischen den russischen Aggressoren und der ukrainischen Armee gingen auch während des Gipfeltreffens in Alaska weiter.
"Gewinner heißt Putin"
Ein Sprecher der Bundesregierung in Berlin bestätigte, dass Donald Trump am Morgen auch den Bundeskanzler Friedrich Merz und andere europäische Staats- und Regierungschefs über die Beratungen in Alaska informiert hat. Anschließend hätten sich dann Merz und die Europäer über das weitere Vorgehen ohne Trump beraten. Welche Ergebnisse des Gipfels Trump verkündet hat, ließ der Sprecher der Bundesregierung allerdings offen. Die Europäer befürworten weiter einen Dreiergipfel mit Trump, Putin und Selenskyj am Tisch.
Die Außenpolitiker der Parteien im Bundestag hatten in ersten Stellungnahmen wenig Hoffnung auf einen Durchbruch. "Der Gewinner dieses Gipfels heißt Putin. Er wurde auf höchster Ebene in den USA empfangen und hat es gleichzeitig geschafft, die US-Androhung von Sekundärsanktionen zu umgehen. Und das alles, ohne jegliche eigene Konzessionen", sagte der CDU-Bundestagesabgeordnete Norbert Röttgen in mehreren Interviews.
Nur vier Minuten für Trump
Donald Trump liebt es zu reden, am liebsten über seine vermeintlichen Erfolge als geschickter Verhandler und gewiefter Staatsmann. Diesmal war das in Alaska anders. Für seine Verhältnisse blieb der "Dealmaker-in-chief" mit vier Minuten Auftritt vor der Presse bemerkenswert kurz. Wladimir Putin redete doppelt so lange.
Der US-Präsident sagte nach seinem knapp drei Stunden dauernden Gespräch mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin auf der US-Militärbasis nahe Anchorage nur, man habe ein "extrem produktives Treffen" gehabt. Man habe sich in vielen Dingen geeinigt, nur "eine große Sache" sei übrig. "Die haben wir noch nicht geschafft. Es gibt aber eine sehr große Chance, dass wir die auch noch schaffen", so Donald Trump in einem bemüht freundlichen Unterton. Konkreter wurde der US-Präsident nicht.
Das Wort Ukraine nahm er nicht in den Mund. Nur an einer Stelle nahm er Bezug auf den russischen Angriffskrieg gegen das Land. "Wir werden das Sterben von Fünftausend pro Woche beenden. Präsident Putin will das auch", so Donald Trump. Dass Wladimir Putin dieses Ziel sofort erreichen könnte, wenn er die Angriffe auf die Ukraine einstellte, erwähnte der US-Präsident nicht.
Kauft Trump die Geschichte von Russland als Opfer?
Der Gast aus Moskau blieb überaus höflich und gelassen. Ohne mit der Wimper zu zucken, suggerierte er, dass die "Situation" in der Ukraine mit der Sicherheit Russlands zu tun habe. Es möge unter den derzeitigen Bedingungen zwar seltsam klingen, meinte Wladimir Putin, aber alles, was dem "brüderlichen Volk der Ukraine angetan werde, ist eine Tragödie für uns, eine schreckliche Wunde. Deshalb ist unser Land ernsthaft interessiert daran, das zu beenden."
Putin erweckte den Eindruck, Russland sei bedroht und müsse auf "Provokationen" reagieren. Eine Umkehr der Tatsachen, die er vermutlich auch Donald Trump während der Gespräche in Alaska aufgetischt hat. Viele Beobachter, die sich näher mit den Stimmungsschwankungen und erratischen Äußerungen des 79 Jahre alten US-Präsidenten beschäftigen, meinen oft, Donald Trump nehme das auf und wiederhole, was er als letztes gehört hat. Es ist also die Frage, wie weit das russische Narrativ verfangen wird.
Kuriose Faszination für Putin
Donald Trump lobte seine "fantastische Beziehung zu Wladimir". Vor dem Treffen hatte er den russischen Machthaber als smarten Verhandler bezeichnet. Vor einigen Wochen allerdings sagte er auch, Putin verzapfe jede Menge Unsinn und halte sich nicht an seine Versprechen, sondern verstärke die Angriffe auf die Ukraine sogar noch nach jedem ihrer Telefonate.
Bei persönlichen Treffen mit Duz-Freund Wladimir hat der selbsternannte Dealmaker aber immer eine Art Beißhemmung. Kritik, auch leise Kritik, war aus Donald Trumps Mund nicht zu hören. Da ist er ja bekanntermaßen bei anderen Staatsgästen weniger zimperlich. Putin wird vom Internationalen Strafgerichtshof, den die USA nicht unterstützen, als Kriegsverbrecher per Haftbefehl gesucht.
Den acht Minuten an Bemerkungen und Ausflügen in die russisch-amerikanische Geschichte, vorgetragen von Wladimir Putin, folgte Trump bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit einer Art versteinertem Lächeln. Das gleiche Gesicht trug er schon 2018 in Helsinki zur Schau. Damals kamen die beiden Männer zu ihrem ersten langen Gipfeltreffen zusammen. Trump redete sich damals um Kopf und Kragen und verstieg sich zu der Aussage, er traue dem Mann aus dem Kreml mehr als den eigenen Geheimdiensten.
Wladimir Putin sparte in seinen Ausführungen nicht mit Freundlichkeiten, lobte die tollen Aussichten für eine Zusammenarbeit der USA und Russland und bedankte sich artig, für die Bemühungen der Trump-Administration, den Konflikt in der Ukraine zu beenden. Er schob aber gleich hinterher, dass die "Wurzeln des Konflikts" beseitigt werden müssten. Damit meint Putin die Anbindung der Ukraine an den Westen, die Mitgliedschaft osteuropäischer Staaten in der NATO und Truppen der NATO an deren Ostflanke.
Nächste Station: Moskau?
Unterm Strich wurden wenig konkrete Ergebnisse öffentlich. Von einem Waffenstillstand oder Schritten dahin war überhaupt keine Rede. Donald Trump hatte angekündigt, wenn der Alaska-Gipfel auf der US-Militärbasis erfolgreich verlaufe, sollte es ein trilaterales Treffen zwischen ihm, Putin und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj kommen. Dieses Anschlusstreffen wurde nicht erwähnt.
"Wir werden uns möglicherweise bald wiedersehen", sagte der US-Präsident vage. Der russische Machthaber lud den verdutzten Trump daraufhin in englischer Sprache nach Moskau ein. "Das könnte möglicherweise passieren", sagte Trump, auch wenn er dafür einige Kritik einstecken werde. Moskau als nächster Tagungsort? Damit dürfte fast ausgeschlossen sein, dass Wolodymyr Selenskyj, der Kriegsgegner aus der Ukraine, am nächsten Gipfel teilnehmen kann.
Außerhalb des Militärstützpunktes demonstrierten einige Dutzend Menschen und verlangten auf ihren Pappschildern "Selenskyj sollte hier sein!" Eine direkte Beteiligung der Ukraine an möglichen nächsten Verhandlungen erwähnte keiner der Gipfelteilnehmer.
Putin war pünktlich und irritiert
Wladimir Putin hatte vor Beginn des Treffens guten Willen bewiesen und den amerikanischen Präsidenten nicht warten lassen, wie er das zuvor schon getan hatte. Beide Staatsmänner trafen mehr oder weniger zeitgleich auf dem roten Teppich auf der US-Luftwaffenbasis ein.
Beide Männer durchschritten dann ein Spalier von vier modernen US-Kampfflugzeugen links und rechts des roten Teppichs, bevor es in den Verhandlungsraum ging. Putin schaute kurz irritiert in den Himmel als in diesem Moment ein amerikanischer Kampfjet über die Köpfe der Präsidenten hinwegdonnerte. Trump klatschte dazu in die Hände. Eine Demonstration militärischer Stärke? Protokollarische Feinheiten?
US-Präsident Trump hatte vor dem Gipfel Russland mit "harten Konsequenzen" gedroht, sollte Putin nicht auf einen Waffenstillstand zusteuern. Ob diese Konsequenzen nun folgen werden - gemeint sind wohl neue, harte Wirtschaftssanktionen auch gegen Geschäftspartner Russlands, wie Indien und China - ist unklar. Der US-Präsident deutete aber an, dass "nachdem, was heute passiert ist, sind höhere Zölle gegen China unwahrscheinlich." Leider teilte er nicht mit, was denn nun passiert ist.