Trump-Putin-Telefonat: Ziel verfehlt
19. März 2025
Es war ein Telefonat, auf das die Menschen vor allem in der Ukraine gewartet haben und das zumindest ein bisschen mehr Frieden in ihr Land bringen sollte. Die Ergebnisse sind aber ernüchternd. Das ist der Tenor der von der DW-befragten Politik-Experten zum Gespräch zwischen US-Präsident Donald Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin.
Immerhin sollen keine Bomben mehr auf Kraftwerke und Ölraffinerien fallen, weder in der Ukraine noch in Russland, dreißig Tage lang. Und, eher überraschend: Die beiden Supermächte sollen wieder Eishockey miteinander spielen.
Das geht aus der Pressemittelung des Kremls hervor. Darin heißt es, Trump habe vorgeschlagen, Russlands Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur für dreißig Tage einzustellen. Putin habe eingewilligt, das sofort zu tun und habe seinerseits eine vollständige Einstellung der Militärhilfe und der Geheimdiensttätigkeit für die Ukraine als "wesentliche Voraussetzung" für den Beginn einer Friedensregelung gefordert.
Der Kremlchef behauptet nämlich, dass die Überwachung der Einhaltung einer vollständigen 30-tägigen Waffenruhe mit "ernsten Risiken" verbunden sei. In dieser Frage wurde keine Einigung erzielt.
Normalisierung der Beziehungen?
Weitere Ergebnisse laut dem Kreml sind: Putin habe einen neuen Gefangenenaustausch angekündigt, 175 gegen 175 Personen. Russland werde zudem 23 schwer verwundete ukrainische Soldaten in die Heimat entlassen. Der Kremlchef habe Trumps Wunsch gewürdigt, das "hehre Ziel" der Beendigung des Krieges zu fördern.
Schließlich hätten beide Präsidenten ihr Interesse an einer Normalisierung der bilateralen russisch-amerikanischen Beziehungen bekundet und Ideen für eine Zusammenarbeit in der Wirtschaft diskutiert.
Ganz zum Schluss dann überraschend noch das: Trump unterstütze Putins Idee, Eishockeyspiele zwischen russischen und amerikanischen NHL- und KHL-Stars zu veranstalten. Nach zwei Stunden legten die Staatschefs die Hörer auf.
Für den Politologen Anton Barbaschin vom Politikanalyse-Portal "Riddle Russia” ist klar: Das Gespräch habe nichts Konkretes gebracht. Selbst Russlands Verzicht auf die Bombardements der ukrainischen Infrastruktur sei "nicht ernst zu nehmen”, sagt er gegenüber der DW.
Barbaschin erinnert: "Die eigentliche Agenda war die komplette Feuerpause. Davon sprach zumindest die US-Seite, auch die Ukraine willigte ein. Jetzt sehen wir, dass dieses Ziel auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wurde.” Ja, räumt der Experte ein, das Übereinkommen, die Energie-Objekte nicht zu beschießen, sei "Zeichen eines bestimmten Dialogs” - mehr aber auch nicht.
"Spiel mit Donald Trump"
Der in Wien ansässige unabhängige russische Politikwissenschaftler Michail Komin sieht in den Ergebnissen des Telefonats Putins spezielle Verhandlungstaktik, die er im DW-Gespräch "ein Spiel mit Donald Trump” nennt.
Diese Taktik bestehe aus drei Punkten, erklärt der Politikwissenschaftler. Der erste Punkt sei das Mitspielen und Zustimmen bei kleinen, unbedeutenden Kompromissen. Diesmal sei dieser Kompromiss der Verzicht auf das Beschießen von Energieobjekten gewesen. Genau wie Barbaschin sieht auch Komin "nichts Ernsthaftes” darin, zumal "die Heizungsperiode in der Ukraine so gut wie vorbei ist.”
Der zweite Punkt in Putins Taktik sei laut Komin das Hinauszögern: "Dafür wirft Putin zusätzliche Hindernisse in die Verhandlungen. Das sind zusätzliche Bedingungen, um die Gespräche zur Feuerpause weiterzuführen.” Der Experte führt die Einschränkung der Mobilisierung in der Ukraine und den Stopp von Lieferungen zumindest der US-Waffen als Beispiele an.
Der dritte Punkt schließlich seien Informationen, die den besonderen Charakter der Beziehung zwischen Trump und Putin und folglich zwischen den USA und Russland unterstreichen und die in der US-Presse sehr gut ankommen würden. Dieses Mal sei es die Tatsache gewesen, dass es angeblich das längste Gespräch zwischen den Präsidenten der USA und Russlands seit 1991 war und dass die beiden vereinbart hätten, dass Spieler der russischen und amerikanischen Eishockey-Profiligen gegeneinander antreten sollten. "Das ist ein rein symbolischer Akt, den Putin braucht, um zu zeigen: er und Trump lösen große Fragen der Weltpolitik, vergessen aber nicht, ihre besonders guten Beziehungen zu pflegen”, sagt Komin.
Besetzungen faktisch anerkannt
Auch die im litauischen Vilnius lebende Politologin Alexandra Filippenko weist auf den besonderen Charakter der Putin-Trump-Beziehung hin, der nach dem Telefonat demonstriert wurde und verweist auf die Dauer des Telefonats. Ein Durchbruch sei jedoch ausgeblieben: "Auch wenn der Austausch von Kriegsgefangenen und die Freilassung von schwer verwundeten Ukrainern von Bedeutung ist, führte das Gespräch nicht zu dem Waffenstillstand, den viele von diesem Gespräch erwartet hatten."
Donald Trump sehe die Lösung der Ukraine-Frage eher pragmatisch und mache sie von der Situation an der Front abhängig: "Realistisch gesehen sind die Krim und der Donbas und einige andere ukrainische Gebiete besetzt. Trump sieht das als gegeben an, er scheint nicht von idealistischen Forderungen der Rückgabe dieser Gebiete an die Ukraine überzeugt zu sein.” Der US-Präsident habe besetzte ukrainische Gebiete bereits als russische Territorien anerkannt, bemerkt Filippenko.
Die Wissenschaftlerin ist aber der Ansicht, dass Trumps Lob und Schmeicheleien für Putin möglicherweise nicht in echte politische Entscheidungen umgesetzt würden. Schließlich habe der US-Präsident auch Chinas Staatschef Xi Jinping gelobt. "Seine persönliche Einstellung wirkt sich zwar auf die Beziehungen zu anderen Politikern aus, aber sie scheint nicht den tatsächlichen Entscheidungsprozess zu beeinflussen.” Trump sei nicht naiv. Trotz seiner Faszination für starke Führer bleibe er bei Wladimir Putin nüchtern, schließt Filippenko.
Wie geht es nun weiter? Für den Politikexperten Barbaschin ist klar: Nichts werde sich in den kommenden Monaten ändern. Die russische Armee werde angreifen, die ukrainische verteidigen. "Im Großen und Ganzen liegt der Ball bei den europäischen Partnern der Ukraine. Werden sie die militärische Lücke füllen, die die USA hinterlassen? Werden sie die Waffenlieferungen steigern?”, fragt er. Washington werde aller Voraussicht nach die Europäer bitten, die Hilfe für die Ukraine zu drosseln. Barbaschins Prognose: "Für die Ukraine kommt nichts Gutes dabei heraus."
Mitarbeit: Maria Katamadse