Donatello in der Berliner Gemäldegalerie
2. September 2022Vermutlich um 1386 als Sohn eines Wollhändlers in Florenz geboren, begann Donato di Niccolò di Betto Bardi seine Karriere im Alter von 17 Jahren als Gehilfe eines Goldschmieds. Besser bekannt unter seinem Künstlernamen Donatello (die Verkleinerungsform von Donato), gilt er heute als einer der Gründerväter der italienischen Renaissance.
Der florentinische Bildhauer revolutionierte die Kunst seiner Zeit, indem er verschiedene Materialien für seine Werke verwendete. In seiner Karriere, die sich von 1403 bis 1466 erstreckte, arbeitete er nicht nur mit Marmor und Bronze, sondern auch mit Terrakotta und Stuck - Materialien, die seit der Antike kaum noch verwendet wurden, sich aber später in der Renaissance wieder großer Beliebtheit erfreuten. Außerdem war er es, der neue Themen und Sujets einbrachte und die Linearperspektive im Relief einsetzte, was ihnen eine bis dahin ungekannte Tiefe verlieh.
Seine Hände verwandelten die verschiedenen Materialien in einige der unglaublichsten Meisterwerke, die nicht nur von Donatellos außerordentlicher Produktivität und Fantasie zeugen, sondern auch zu den Eckpfeilern der italienischen Renaissancekunst gehören. Skulpturen, die er erschuf, wirken, als wären sie lebendig.
Donatellos "David" - aus Marmor und aus Bronze
Beliebt bei den Meistern der Renaissance war die biblische Figur des David, der den Riesen Goliath erschlagen hatte. Donatello widmete sich diesem Helden sogar gleich zwei Mal. Sein erster "David" aus Marmor ist Teil der Berliner Ausstellung und hat Italien dafür zum ersten Mal verlassen. Eigentlich gehört dieser "David" dem Museo Nazionale del Bargello.
Donatellos zweiter "David" ist aus Bronze und ging als erster freistehender männlicher Bronzeakt der Renaissance in die Geschichte ein. Das Werk war auch deshalb einzigartig, weil es nicht als Teil eines bestimmten architektonischen Rahmens konzipiert worden war. Dieser jüngere "David" wurde von Cosimo de' Medici aus dem mächtigen Haus der Medici in Auftrag gegeben. Der Name der Medici ist eng mit Florenz verbunden, waren die über mehrere Jahrhunderte dort Herrschenden doch Auftraggeber vieler Bau- und Kunstwerke der Stadt.
Einzigartige Donatello-Schau dank internationaler Zusammenarbeit
Die Wanderausstellung "Donatello: Erfinder der Renaissance" zeigt nach ihrer Eröffnung in Florenz nun in der Berliner Gemäldegalerie an die 90 Werke Donatellos. Zum ersten Mal konzentriert sich in Deutschland eine Schau ausschließlich auf die Schaffenskraft dieses Meisters der Frührenaissance. Sie resultiert aus einer engen Zusammenarbeit zwischen den Staatlichen Museen zu Berlin, dem Victoria & Albert Museum in London und der Fondazione Palazzo Strozzi sowie den Musei del Bargello in Florenz.
Unter den in Berlin zu sehenden Werken sind auch Leihgaben aus der Basilika des Heiligen Antonius von Padua in Norditalien. Dort schuf Donatello in den 1440er-Jahren eine Reihe einzigartiger Bronzen, die noch heute den Hauptaltar der Basilika schmücken.
Donatellos rätselhafter "Armore Attis"
Der aus Bronze gefertigte und mit 104 Zentimetern in der Größe einem Kleinkind ähnelnde "Amore Attis" wurde als Donatellos vielleicht "rätselhaftestes und schwerfälligstes Werk" beschrieben. Laut der Webseite thehistoryofart.org "liegt das vor allem daran, dass so wenig über seine Entstehung bekannt ist." Man nimmt an, dass Donatello diese formgetreue Statue eines lachenden Jünglings um das Jahr 1440 geschaffen hat.
Die Ausstellung zeigt auch Teile des Frieses, das Donatello für die Kanzel der Außenfassade der Kathedrale von Prato in der Toskana (Mittelitalien) geschaffen hat. Der Betrachter kann den "Tanzenden Spiritelli" in Berlin ganz nah kommen. Derartige "kleine Geister" integrierte Donatello häufig in seine Kunstwerke - sie sind auch Teil kirchlicher Aufträge, obwohl ihr frenetischer Tanz an heidnische Prozessionen erinnert.
Madonna und Jesus ohne Heiligenschein
Ein weiteres Schlüsselwerk der Ausstellung ist neben Donatellos erstem "David" die "Pazzi-Madonna", die nach der Florentiner Familie Pazzi benannt ist. Man nimmt an, dass dieses marmorne Kunstwerk für die private Andacht in Auftrag gegeben worden war. Die "Pazzi-Madonna" wird auf die Jahre 1425-1430 datiert und gilt als eines der größten Meisterwerke Donatellos.
Einzigartig für die damalige Zeit ist, dass sowohl die Madonna als auch das Kind ohne Heiligenschein dargestellt sind. Abweichend von der Tradition schauen beide nicht den Betrachter an, sondern sich gegenseitig in die Augen, was den menschlichen Aspekt dieses Kunstwerks unterstreicht.
Mehr als 60 Jahre lang arbeitete Donatello, von dem privat wenig überliefert ist, an zahlreichen öffentlichen und privaten Aufträgen in seiner Heimatstadt Florenz sowie in anderen italienischen Städten, zum Beispiel in Padua und Neapel.
"Donatello: Erfinder der Renaissance" ist zu sehen in der Gemäldegalerie Berlin vom 2.9.2022 bis zum 8.1.2023. Danach wird die Ausstellung weiterziehen in das Londoner Victoria & Albert Museum.
Adaption ins Deutsche: Verena Greb