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Doping-Verfahren gegen Russen eingeleitet

19. Februar 2018

Der russische Curler Alexander Kruschelnizki soll in Pyeongchang positiv getestet worden sein. Ein Verfahren gegen den Bronzemedaillengewinner ist eingeleitet, Kruschelnizki hat das Olympische Dorf verlassen.

Curler Alexander Kruschelnizki aus Russland im Porträt (Foto: Getty Images/R. Martinez)
Bild: Getty Images/R. Martinez

Konstantin Wybornow, ein Vertreter des russischen Teams, bestätigte, die Abreise eines Athleten, ohne einen Namen zu nennen. Russischen Medien berichten jedoch übereinstimmend, dass es sich um Alexander Kruschelnizki handelt. Der Curler hat gemeinsam mit seiner Frau im Mixed-Wettbewerb die Bronzemedaille errungen.

In der A-Probe von Kruschelnizki sollen Spuren des leistungssteigernden Medikaments Meldonium gefunden worden sein. Die B-Probe soll im Laufe dieses Montags geöffnet werden. Erst wenn auch dieser Test den ersten Befund bestätigt, gilt ein Dopingvergehen als nachgewiesen.

CAS eröffnet Doping-Untersuchung

Ungeachtet dessen hat der Internationale Sportgerichtshof CAS, dessen Anti-Doping-Einheit in Pyeongchang für die Behandlung von Dopingfällen zuständig ist, offiziell ein Verfahren gegen Kruschelnizki eingeleitet. Wie der CAS mitteilte, wird sich die Ad-hoc-Kammer mit dem Fall beschäftigen. Ein Termin für dieAnhörung steht laut CAS noch nicht fest.

IOC-Sprecher Adams: "Es wäre sehr enttäuschend, wenn der Fall bewiesen wird."Bild: Getty Images/AFP/F. Choblet

"Es wäre sehr enttäuschend, wenn der Fall bewiesen wird", betonte Mark Adams, Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) in einer ersten Reaktion. Der Fall birgt große Brisanz. Russlands Nationales Olympisches Komitee ist derzeit wegen des systematischen Doping-Betrugs bei den Heimspielen in Sotschi 2014 vom IOC suspendiert.

Russische Sportler unter besonderer Beobachtung

Die russischen Sportler starten bei den Winterspielen in Pyeongchang nur auf Bewährung und unter neutraler Flagge. Eine Kommission begutachtet während der Winterspiele, ob sich das Team an einen vorab festgelegten Verhaltenskodex hält. Am Samstag entscheidet die IOC-Exekutive dann auf Empfehlung der dreiköpfigen Gruppe, ob die Suspendierung von Russlands Nationalem Olympischen Komitee aufgehoben wird und die Russen wieder unter eigener Fahne an der Schlussfeier teilnehmen dürfen.

"Es gibt eine Reihe von Bedingungen, bevor sie ein Ja bekommen", sagte IOC-Sprecher Adams. Eine der Verhaltensregeln für die Russen beinhaltet die Einhaltung der Anti-Doping-Regeln. Sollten die Vorgaben des IOC "im Wortlaut und im Geist" nicht erfüllt werden, "wird es Konsequenzen geben", sagte Adams.

Curling-Trainer: Doping wäre dumm

"In jeder Situation beschädigt eine positive Dopingprobe den Ruf eines Sportlers, eines Verbands, der Sportnation", sagte Konstantin Wybornow, der Sprecher des Teams der Olympischen Athleten Russlands. Dessen Curling-Trainer Sergej Belanow wies den Doping-Verdacht gegen Kruschelnizki zurück. "Es wäre dumm, das gleiche Mittel zu nehmen, das für so viel Wirbel gesorgt hat. Alexander ist nicht dumm", sagte Belanow.

Unter Verdacht: Alexander KruschelnizkiBild: Getty Images/J. Squire

Der Präsident des Curling-Verbandes in Russland, Dimitri Swischtschew, erklärte, dass das gesamte Curling-Team am 22. Januar, vor der Abreise zu den Winterspielen, getestet wurde. Die Ergebnisse seien allesamt negativ gewesen. Man müsse verrückt sein, eine solche Substanz vor dem Wettkampf zu benutzen, sagte er, das sei eine seltsame Geschichte, die Fragen aufwerfe. 

Seppelt: "Kein Zufallsbefund"

Daneben steht eine Aussage des ARD-Dopingexperten Hajo Seppelt, der im ARD-Morgenmagazin berichtete, nach seinen Informationen seien im Urin Kruschelnizkis "hohe Mengen" von Meldonium gefunden worden. "Dass es in einem Nahrungsergänzungsmittel war, was ohnehin kaum erklärbar wäre, oder dass es ein Zufallsbefund wäre, das scheint nach derzeitigem Stand auszuschließen zu sein", so Seppelt. 

Zudem gehe die Information um, dass im Dopinganalyselabor von Seoul möglicherweise eine zweite positive Meldonium-Probe aufgetaucht sei. "Aber die Frage steht im Raum: Ist das derselbe Athlet, oder ist es möglicherweise ein anderer Athlet? Das konnte bisher nicht verifiziert werden", sagte Seppelt. "Ist es ein anderer, stellt sich die Frage: Ist es ein Russe? Wenn es ein Russe wäre, hätte das natürlich Auswirkungen auf die Frage, ob die Russen bei der Schlussfeier an den Start gehen oder nicht."

Meldonium - eine bekannte Substanz

Meldonium, ein die Durchblutung förderndes Mittel, war zumindest bis 2014 besonders in Russland häufig unter den für Doping genutzten Mitteln. Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA hatte hohen Missbrauch der Substanz in verschiedenen Sportarten festgestellt und den Wirkstoff auf die seit 1. Januar 2016 gültige Liste der verbotenen Substanzen gesetzt. Der Wirkstoff ist in einigen Ländern nach wie vor als Herzmedikament zugelassen und wird dort beispielsweise bei Herzschwäche verabreicht. In Deutschland hat das Mittel aber keine Zulassung. Für dopende Sportler hat das Mittel den positiven Effekt, dass die Ausdauer gesteigert wird.

Ob Meldonium aber tatsächlich eine leistungsteigernde Wirkung besitzt, ist fraglich und sogar bei Experten umstritten: "Ein Arzneimittel, das so ein breites Wirkungsspektrum haben soll, wie es die Hersteller behaupten, von dem muss man immer auch annehmen, dass es gegen Garnichts oder für Garnichts wirkt", sagte Biochemiker Fritz Sörgel im März 2016 dem Deutschlandfunk.

Das Mittel fand damals durch den Fall Maria Scharapowa weltweite Beachtung. Die ehemalige Tennis-Weltranglistenerste wurde im Januar 2016, kurz nach Inkrafttreten des Verbots, bei den Australian Open in Melbourne mit dem Mittel erwischt. Der Internationale Tennisverband sperrte sie am 8. Juni 2016 für zwei Jahre, die Strafe wurde nach einem Urteil des CAS auf 15 Monate verkürzt.

 

Jubel über Bronze: Kruschelnizki und BrysgalowaBild: Reuters/C. McNaughton

Der aktuelle Fall in Pyeongchang hätte Auswirkungen auf den Medaillenspiegel, denn Kruschelnizki hat im Mixed-Wettbewerb an der Seite von Anastassija Brysgalowa gegen Norwegen Bronze gewonnen. Nach dem Wettkampf soll die verdächtige Probe abgegeben worden sein. 

jk/to/ww (sid, reuters)

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